Blasenzellen schützen nicht vor Salz und Trockenheit
Das Ergebnis überraschte die Biologen: Die wilden Quinoa-Pflanzen mit vielen Blasenzellen tolerierten Trockenheit und Salz nicht besser, sondern sogar schlechter als die Pflanzen ohne Blasenzellen. „Wenn wir die mutierten Pflanzen ohne Blasenzellen mit Salzwasser übergossen oder sie der Dürre aussetzten, zeigten sie dennoch eine hervorragende Leistung und widersprachen damit den Erwartungen“, beschreibt Moog.
Für die anderen Stresssituationen wie Wind, Kälte oder auch intensive Bestrahlung beobachteten Moog und seine Kollegen keine Unterschiede zwischen den beiden Quinoa-Varianten. Sie schließen daraus, dass die Bläschen nicht als Schutz vor diesen Begebenheiten dienen. Insbesondere für die Salz- und Trockenresistenz muss daher ein anderer, bislang unbekannter Mechanismus verantwortlich sein.
Bläschen schützen gegen Insekten
Zugleich machten die Forschenden eine andere Entdeckung: „Wir konnten sehen, dass die mutierten Pflanzen – im Gegensatz zu den wilden, mit Blasenzellen bedeckten Pflanzen – stark von kleinen Insekten befallen waren. Da wurde mir klar, dass Blasenzellen eine ganz andere Funktion haben müssen“, sagt Moog. Demnach dienen die flüssigkeitsgefüllten Bläschen wahrscheinlich als Barriere gegen Schädlinge und Krankheiten.
Doch wie funktioniert diese Abwehr? Um das herauszufinden, analysierten Moog und seine Kollegen auch die chemische Zusammensetzung des Inneren der Blasenzellen. Anders als ursprünglich erwartete, fanden die Biologen in der Flüssigkeit kein Salz – auch nicht, wenn sie die Pflanzen mit Salzwasser gegossen hatten. Stattdessen enthielten die Blasenzellen verschiedene giftige Moleküle, die für Schädlinge tödlich sind – unter anderem Saponine und die auch in Rhabarber vorkommende Oxalsäure.
Flüssigkeit wehrt auch andere Schädlinge ab
In den Versuchen wehrten die Quinoa-Pflanzen mithilfe dieser Bläschenfüllung Insekten und Spinnentiere wie Thripse und Milben und sogar eine Schmetterlingsart und den häufigen bakteriellen Pflanzenschädling Pseudomonas syringae ab. „Unsere Hypothese ist, dass die Blasenzellen so auch vor anderen Pflanzenkrankheiten wie dem Falschen Mehltau schützen, einer Pilzkrankheit, die die Quinoa-Erträge stark einschränkt“, sagt Moog. Wie effektiv der Abwehrmechanismus über die Giftstoffe ist, hänge vermutlich davon ab, wie dicht eine Pflanze mit Blasenzellen übersät ist.
Insgesamt belege die Studie, dass Blasenzellen sowohl als physikalische wie auch als chemische Barriere gegen hungrige Schädlinge wirken, sagt Seniorautor Michael Palmgren von der Universität Kopenhagen. Für die hohe Resistenz der Quinoa-Pflanzen gegen Salz und Trockenheit seien sie aber nicht verantwortlich. Bisher war nur wenig darüber bekannt, wie sich die Pflanze gegen Angriffe feindlicher Organismen wehrt. Die Studie hat dies nun geändert und obendrein den Mythos der Blasenzellen widerlegt.
Kultivierung neuer Quinoa-Arten
Doch die Ergebnisse haben auch praktischen Nutzen. „Quinoa wird als zukunftssichere Nutzpflanze angepriesen, da sie reich an Proteinen und sehr tolerant gegenüber Trockenheit und Salz und damit dem Klimawandel ist“, sagt Palmgren. Die neuen Erkenntnisse könnten daher helfen, den Anbau dieser besonders nährstoffreichen und klimaresistenten Kulturpflanze weltweit auszuweiten.
„Unsere Erkenntnisse könnten genutzt werden, um den Anbau an verschiedene regionale Bedingungen anzupassen“, sagt Moog. In Südeuropa sei das Klima beispielsweise trockener, in Nordeuropa spielten Schädlinge eine größere Rolle. Entsprechend könne man Quinoa-Arten mit weniger oder mehr Blasenzellen einsetzen und Pestizide reduzieren. Möglicherweise könne auch eine besonders resistente und tolerante „Super-Quinoa“ entwickelt werden, die beide Eigenschaften vereint, ergänzt Palmgren. (Current Biology, 2023; doi: 10.1016/j.cub.2023.09.063)
Quelle: Universität Kopenhagen
27. November 2023
- Claudia Krapp