Organische Moleküle mit starken, stabilen Fluorbindungen – sogenannte per- und polyfluorierte Chemikalien, kurz PFCs – lassen sich vielseitig anpassen und sind entsprechend nützlich für viele Anwendungen. Längerkettige Varianten bewirken den Antihafteffekt von Teflonpfannen, kleinere Fluor-Kohlenwasserstoffe sorgen in vielen Alltagsgegenständen, etwa in Imprägniersprays oder in Outdoorkleidung, für wasser- und fettabweisende Eigenschaften. In der Halbleiterindustrie finden sie Anwendung als elektrisch isolierende Gase bei der Herstellung von Elektrochips.
Zehntausende Jahre in der Atmosphäre
Der Nachteil jedoch: Ihre chemische Stabilität macht diese Fluorverbindungen zu sehr langlebigen Molekülen, die in der Umwelt und Atmosphäre akkumulieren und dort mehrere tausend Jahre verbleiben können. Genau wie Kohlenstoffdioxid (CO₂) zählen kurzkettige PFCs zu den Treibhausgasen, in deren Reigen ihr Anteil an der globalen Erwärmung etwa drei Prozent beträgt.
Während CO₂ von Pflanzen aufgenommen und verstoffwechselt wird, ist dies bei PFCs nicht der Fall – das ist ein weiterer Grund für die Langlebigkeit dieser Chemikalien. Tetrafluormethan (CF₄), der kleinste Vertreter der PFCs, hat eine atmosphärische Lebenszeit von rund 50.000 Jahren; sein globales Erwärmungspotenzial ist 6.630 Mal so hoch wie das von CO₂. Mit anderen Worten: Ein Molekül CF₄ ist in puncto Erderwärmung 6.630 Mal schädlicher als ein Molekül CO₂. Andere PFC-Verbindungen kommen sogar auf Werte von mehr als 10.000.
Gleich und gleich gesellt sich gern
In meiner Arbeitsgruppe am Organisch-Chemischen Institut der Universität Heidelberg haben wir uns deshalb folgende Frage gestellt: Könnte man PFCs selektiv binden und am Ort ihres Entstehens abfangen, so dass sie nicht mehr in die Erdatmosphäre gelangen und als Treibhausgas wirken können? Wie gehen wir dabei vor? Aus dem Chemieunterricht in der Schule ist vielleicht noch der Merksatz „Gleiches löst sich in Gleichem“ bekannt. Er besagt, dass unpolare Stoffe, beispielsweise Wachse, sich in unpolaren Lösungsmitteln wie Ölen lösen.
Dafür verantwortlich sind schwache anziehende Wechselwirkungen. Ebenso lösen sich polare Stoffe, etwa Zucker, in polaren Lösungsmitteln, beispielsweise in Wasser. Fluorierte Polymere und PFCs sind beides Moleküle, die sich aufgrund der stark negativ polarisierten Hüllen voneinander abstoßen. Dennoch gibt es spezifische, wenn auch schwache Wechselwirkungen zwischen fluorierten Molekülen.
Molekulare Fallen für fluorierte Treibhausgase
Möchte man nun kleine PFC-Moleküle mit definierten Volumina und Oberflächen über Fluor-Fluor-Wechselwirkungen binden, bieten sich passgenaue Hohlraummoleküle, sogenannte Käfigmoleküle, an, die im Inneren mit Fluoratomen ausgekleidet sind. Wir haben poröse Kristalle dieser Hohlraummoleküle hergestellt und konnten zeigen, dass sie PFCs unter bestimmten Temperatur- und Druckbedingungen hochselektiv binden.
Das PFC mit der technischen Bezeichnung PFC-218 (Perfluorpropan) beispielsweise wird bei 40 Grad Celsius etwa 3.000 Mal besser gebunden als Distickstoff, der Hauptbestandteil der Luft. Das Molekül PFC-318 (cyclo-Perfluorbutan) sogar 41.000 Mal. Das zeigt: Maßgeschneiderte Hohlraummoleküle können Treibhausgase über multiple schwache Wechselwirkungen effizient festhalten. Diese wissenschaftliche Erkenntnis wartet nun auf ihre Übertragung in eine technische Anwendung.
Fachartikel zum Nachlesen:
Ke Tian, Sven M. Elbert, Xin-Yue Hu, Tobias Kirschbaum, Wen-Shan Zhang, Frank Rominger, Rasmus R. Schröder, Michael Mastalerz: „Highly Selective Adsorption of Perfluorinated Greenhouse Gases by Porous Organic Cages“, Advanced Materials 2022; doi: 10.1002/adma.202202290