Antibiotische Zeitreise: Forschende haben erstmals rekonstruiert, wie der „Urahn“ einer gängigen Antibiotikaklasse aussah – die einst von Urzeit-Bakterien erzeugte Urform aller Glykopeptid-Antibiotika. Zudem gelang es, dieses Paleomycin getaufte Ur-Antibiotikum wieder zum Leben zu erwecken: Das Team pflanzte die entsprechenden Gene einem modernen Bakterium ein und dieses produzierte daraufhin das urzeitliche Paleomycin. Diese Urform erwies sich bereits als potenter Wirkstoff.
Antibiotika sind für die moderne Medizin unverzichtbar. Doch ursprünglich entwickelt wurden sie als Waffen im evolutionären Wettrüsten von Mikroben: Schon vor Millionen von Jahren produzierten Bakterien und Pilze antibiotisch wirkende Moleküle, um sich Rivalen und Feinde vom Leib zu halten. Viele heutige Antibiotikaklassen gehen daher auf Schimmelpilze oder Bodenbakterien zurück.
„Tausende von antibiotischen Verbindungen wurden schon aus natürlichen Quellen isoliert und viele weitere sind noch unentdeckt – dies demonstriert ihre enorme strukturelle Vielfalt“, erklären Mathias Hansen von der Monash University in Australien und seine Kollegen. „Doch bisher wissen wir nur wenig darüber, über welche molekularen Mechanismen sich diese Naturprodukte einst entwickelt haben.“

Moderne Glykopeptid-Antibiotika wie Vancomycin oder Teicomycin haben eine ähnliche Grundstruktur, aber sind unterschiedlich komplex. © Hansen et al./ Nature Communications, CC-by 4.0
Stammbaum der Glykopeptid-Antibiotika rekonstruiert
Die Evolution eines dieser Ur-Abwehrstoffe haben nun Hansen und sein Team erstmals nachvollzogen. Sie rekonstruierten die Entwicklung der Glykopeptid-Antibiotika (GPA), einer Wirkstoffklasse, zu der unter anderem die gängigen Antibiotika Vancomycin und Teicomycin gehören. Gemeinsam ist diesen Molekülen ein Kern aus mehreren ringförmigen Peptiden und Enzymen, durch die sie die Zellwand der Zielbakterien angreifen. Die Bauanleitung für diese Strukturen wird in mehreren biosynthetischen Genclustern (BGC) kodiert.