Wie können in Zukunft Gebäude, Lagerhallen und andere Anlagen effizienter und klimafreundlicher geheizt und gekühlt werden? Diese Frage wird zurzeit weltweit intensiv erforscht. Große Hoffnungen ruhen dabei auf sogenannten Festkörper-Wärmepumpen – Heiz- und Kühlgeräten, die ohne Kompressoren und Kältemittel auskommen.
Umwandlung direkt im Material
Das Herzstück solcher Festkörper-Wärmepumpen ist ein elektrokalorisches Material – ein Feststoff, der elektrischen Strom direkt in Wärme umwandeln kann. Möglich wird dies durch eine physikalische Eigenheit solcher meist aus Keramik oder leitfähigen Polymeren bestehenden Feststoffe: Unter dem Einfluss eines elektrischen Felds kommt es im Material zu einer verstärkten Ordnung der polaren, geladenen Moleküle. Gleichzeitig verstärken sich die Gitterschwingungen im Material und es entsteht Wärme. Diese kann über Wasser oder ein anderes Fluid abgeleitet und genutzt werden.
Eine Kühlung durch den elektrokalorischen Effekt erzielt man dagegen, wenn das elektrische Feld wieder abgeschaltet wird und das Material sich entlädt. Die Moleküle fallen dann wieder in den ungeordneten Zustand zurück, die Gitterschwingungen ebben ab und das Material kühlt sich ab.
Carnot-Wirkungsgrade von 85 Prozent machbar – theoretisch
Der große Vorteil: Für diesen Zustands- und Temperaturwechsel des elektrokalorischen Materials ist nur relativ wenig Strom nötig – und dieser ist durch den Wechsel von Ladung- und Entladung theoretisch fast vollständig wiedergewinnbar. Dadurch könnten solche elektrokalorischen Wärmepumpen oder Kühlanlagen Carnot-Wirkungsgrade von 85 Prozent und mehr erreichen. „Die Effizienz solcher Materialien könnte damit die der heute gängigen Kompressions-Wärmepumpen übertreffen“, sagt Stefan Mönch vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF.
Allerdings werden so hohe Wirkungsgrade nur erreicht, wenn mehrere Voraussetzungen erfüllt sind: „Essenziell für die Realisierung einer hohen Leistungszahl elektrokalorischer Wärmepumpen ist eine hohe Effizienz bei den Materialien, der Elektronik und dem Wärmeübertrag“, erklärt Kilian Bartholomé vom Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM. „Bekommt man das alles in den Griff, hat die Elektrokalorik ein enormes Potenzial.“
Die drei Voraussetzungen
Die erste Voraussetzung für eine effiziente elektrokalorische Umwandlung ist das geeignete Material: Es muss Elektronen effizient leiten, darf aber nur eine geringe Wärmeleitfähigkeit besitzen. In ersten Prototypen werden dafür keramische Materialien wie Blei-Magnesium-Niobat (PMN) oder Blei-Scandium-Tantalat (PST) oder spezielle halbkristalline Polymere eingesetzt. Meist bestehen die elektrokalorischen Einheiten aus dünnen, von Elektroden durchzogenen Lagen dieser Materialien.
Die zweite Voraussetzung ist eine effiziente Elektronik. Sie muss schnell wechselnde Zyklen von Laden und Entladen des elektrokalorischen Materials gewährleisten, ohne dass dabei zu viel elektrische Energie verloren geht. „Um die wechselnde Spannung zu liefern, wird ein externer Wandler benötigt, der zusätzliche Verluste erzeugt“, erklären Mönch und seine Kollegen. Dadurch lag die Leistungseffizienz der bisherigen Prototypen ohne Wärmerückgewinnung nur bei unter 30 Prozent Prozent – weit unter dem theoretisch bei verlustfreier Elektronik erreichbaren.
Das dritte entscheidende Element ist eine effiziente Ableitung der elektrokalorisch erzeugten Wärme oder Kälte: „Wieviel Wärme ein solches System pumpen kann, hängt von der Zyklusfrequenz ab. Und diese wieder umhängt davon ab, wie schnell die Wärme vom kalorischen Material abgeführt werden kann“, sagt Bartholomé. Je schneller und vollständiger die Temperatur von einem Heizungs- oder Kühlungssystem übernommen werden kann, desto effizienter arbeitet auch die elektrokalorische Wärmepumpe.
Doc wie sieht es bisher bei diesen drei Faktoren aus?