Heftige Sonnenstürme voraus: Die Sonne könnte in den nächsten Wochen und Monaten das Maximum ihres aktuellen Sonnenzyklus erreichen – die Zeit der intensivsten Sonnenstürme. Das prognostizieren Astronomen auf Basis eines verbesserten Vorhersagemodells, das auch die Veränderungen des solaren Magnetfelds stärker als zuvor mit einbezieht. Dazu passt, dass unsere Sonne schon Ende des letzten Jahres ungewöhnlich viele starke Ausbrüche zeigte, die selbst hierzulande Polarlichter erzeugten.
Die Aktivität unserer Sonne gleicht einem gewaltigen Pendel: Im Takt von ungefähr elf Jahren schwingt sie zwischen einer Phase relativer Ruhe und einem durch starke Ausbrüche und Sonnenstürme geprägten Maximum hin und her. Auch das solare Magnetfeld polt sich im Takt dieses Sonnenzyklus um, parallel dazu ändert sich sogar die Form der Sonne. Angetrieben wird dieser Wechsel von zwei großen Umwälzströmungen im Sonneninneren, aber auch weiteren, bisher nur zum Teil geklärten Faktoren.
Die starken Sonnenstürme während eines solaren Maximums können im Extremfall zu Ausfällen von Stromnetzen, Satelliten und der Telekommunikation führen. Auch für viele Raumfahrtmissionen sind Zeiten starker Sonnenaktivität ein Risiko. Umso wichtiger ist es, ein solares Maximum möglichst gut und frühzeitig vorhersagen zu können.
Wann kommt das solare Maximum?
Das Problem jedoch: Die elf Jahre des Sonnenzyklus sind nur ein Durchschnittswert – das solare Maximum kann auch einige Jahre früher oder später eintreten. Vor rund 400 Jahren könnten die Sonnenzyklen sogar insgesamt deutlich kürzer gewesen sein – im Schnitt dauerten sie damals nur rund acht Jahre, wie Astronomen kürzlich herausgefunden haben. All dies wirft die Frage auf, wann das Maximum des aktuellen, im Dezember 2019 begonnenen Sonnenzyklus ansteht.
Als ein Vorzeichen für ein solares Maximum gilt die Zahl und Lage der Sonnenflecken: Im Verlauf eines Sonnenzyklus verschieben sie sich von den mittleren Breiten immer weiter in Richtung Äquator. Bei starken Sonnenzyklen wie dem aktuellen vollzieht sich diese Verlagerung zudem schneller als bei schwachen. Der Anstieg zum solaren Maximum ist dann kürzer und steiler. Allerdings können sich die Fleckenzyklen überlagern, so dass „alte“ und „neue“ Sonnenflecken gleichzeitig auf der Sonnenoberfläche vorkommen, was die Prognose erschwert. Meist lässt sich sogar erst im Nachhinein feststellen, ob die Sonne ihr Maximum passiert hat.
Solares Dipolfeld verrät kommende Entwicklung
Doch jetzt haben Astronomen einen Weg gefunden, die Vorhersage des solaren Maximums zu verbessern – auch für das Maximum des aktuellen Sonnenzyklus. Auf der Suche nach weiteren Prognosefaktoren hatte das Team um Priyansh Jaswal vom Indischen Zentrum für Weltraumforschung in Kalkutta Daten aus den letzten 50 Jahren zum solaren Magnetfeld, den Sonnenflecken und der Sonnenaktivität analysiert.
Dabei zeigte sich: Neben den Sonnenflecken kann auch die Entwicklung des solaren Magnetfelds verraten, ob sich ein Maximum nähert. „Wir haben eine Beziehung zwischen der Abnahmerate des solaren Dipolmoments und dem Anstieg der Sonnenflecken entdeckt“, berichtet das Team. Dabei geht die Abschwächung und Umpolung des solaren Magnetfelds dem Höhepunkt des Sonnenfleckenzyklus um rund ein Jahr voraus. Die Abschwächung des magnetischen Dipolmoments kann demnach früher als die Sonnenflecken verraten, wann Gipfel und Umkehrpunkt des solaren Aktivitätszyklus erreicht sein wird.
Solares Maximum schon im Januar 2024?
Was aber bedeutet dies für den aktuellen Sonnenzyklus? „Wir haben ermittelt, dass sich die jüngste Umkehrung des solaren Dipolmoments schon im Juli 2022 ereignet hat“, berichten Jaswal und seine Kollegen. Ausgehend von der Abfallrate, der Intensität der Sonnenaktivität und der Sonnenfleckenentwicklung prognostizierten die Astronomen das Maximum des aktuellen Sonnenzyklus für Anfang 2024.
„Der aktuelle Sonnenzyklus könnte unseren Berechnungen zufolge im Januar 2024 sein Maximum erreichen“, berichten die Forschenden. Die Spannbreite ihrer Prognose reicht allerdings bis zum September 2024. Sollte diese Vorhersage zutreffen, könnte die Sonnenaktivität demnach in den kommenden Monaten ihren Höhepunkt erreichen. Ob sie richtig liegen, lässt sich sicher jedoch erst im Nachhinein sagen – wenn die Sonnenaktivität in den Monaten darauf wieder absinkt. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society: Letters, 2023; doi: 10.1093/mnrasl/slad122)
Quelle: Royal Astronomical Society