Das Treibhausgas CO2 einfach in den Untergrund pumpen und vergessen – das klingt verlockend und nach einer scheinbar perfekten Lösung für das Klimaschutz-Problem. Doch wie fast alle CCS-Methoden steht auch die In-Situ-Mineralisierung erst am Anfang. Dadurch sind auch die möglichen Nebenwirkungen und Risiken dieses Verfahrens erst in Teilen erforscht.
Risiko für Gaslecks gering
Die ersten Ergebnisse der Pilotprojekte sind jedoch vielversprechend. Anders als bei der Speicherung von gasförmigem Kohlendioxid in unterirdischen Kavernen ist beispielsweise das Risiko für unkontrollierte CO2-Austritte und Lecks gering. Denn vor allem das in Wasser gelöste CO2 wird sehr schnell durch chemische Reaktionen gebunden, so dass sich im Untergrund keine größeren Gasmengen ansammeln, die durch Risse oder Spalten entweichen könnten. „Außerdem ist das mit dem CO2 angereicherte Wasser schwerer als normales, was das Risiko der CO2-Freisetzung an der Oberfläche minimiert“, erklärt Sandra Snæbjörnsdóttir vom Carbfix-Projekt.
In der Pilotanlage auf Island wird das in den Untergrund gepumpten Kohlendioxid akribisch überwacht: Alle Pumpen und Leitungen an der Oberfläche sind mit CO2-Detektoren versehen. In den Bohrlöchern liefern regelmäßig angebrachte Drucksensoren Informationen über den Zustand der im Untergrundgestein zirkulierenden Lösung. „Jede Bildung von Gasblasen erzeugt eine Abweichung im Druck, die sofortiges Eingreifen nach sich zieht“, heißt es bei Carbfix. Zusätzlich liefern auch Leitfähigkeits-Sensoren Daten aus der Tiefe. Bisher sei es jedoch zu keinen unkontrollierten Gasentwicklungen gekommen.
Wie gefährdet ist das Grundwasser?
Eine weitere Sorge bei der CO2-Speicherung im Untergrund ist die Kontamination des Grundwassers: Weil das gelöste CO2 das eingeleitete Wasser sauer macht, lösen sich nicht nur Calcium und die für die Carbonatisierung erwünschten Elemente aus dem Untergrundgestein, sondern auch potenziell giftige Metalle. „Dazu gehören vor allem Nickel, Aluminium und Chrom, aber auch andere Metalle wie Eisen und Mangan können in hoher Konzentration für Bioorganismen toxisch werden“, so Snæbjörnsdóttir und ihre Kollegen.
Allerdings werden diese Metalle im Zuge der Remineralisierung relativ schnell wieder gebunden, wie Analysen im Rahmen der Pilotprojekte zeigen. Weiter minimieren lässt sich dies zudem, wenn die CO2-Mineralisierung vorwiegend auf hoher See erfolgt: Weil dort in der Regel kein Trinkwasser aus dem Untergrund gewonnen wird und auch die Lebenswelt im Meer nicht vom Grundwasser abhängt, hätte selbst ein vorübergehender Anstieg der Metallgehalte im Grundwasser kaum Folgen, wie Snæbjörnsdóttir erklärt.
Wenn die Erde bebt
Erdbeben sind ebenfalls ein potenzielles Risiko der CO2-Einleitung: Werden größere Mengen Wasser in den Untergrund gepumpt, steigt dort der Druck und kann seismische Erschütterungen auslösen. Vor allem im Rahmen der Erdgasgewinnung durch Fracking wurde dies schon häufiger beobachtet, unter anderem in den Niederlanden und in Nordamerika. In den USA traten beispielsweise bei zehn Prozent der mehr als 180.000 aktiven oder früheren Injektions-Standorte vermehrt induzierte Beben auf.
Zwar verringert sich das Risiko für eine solche induzierte Seismizität, wenn zuvor aus denselben Schichten hochgepumptes Wasser einfach wieder zurückgepumpt wird. Aber trotzdem können auch im Umfeld von Geothermie-Anlagen vermehrt Mikrobeben auftreten. So wurden beispielsweise am Oberrheingraben und auch in Bayern schon mehrfach nach Geothermie-Bohrungen seismische Erschütterungen ausgelöst. Diese Mikrobeben sind allerdings selten stärker als Magnitude 2 – dies entspricht den Erschütterungen eines nahe vorbeifahrenden LKWs.
Die CO2-Einleitung zur In-Situ-Mineralisierung kann ebenfalls Mikrobeben verursachen – dies war auch zu Beginn des Carbfix-Projekts auf Island der Fall. Doch nachdem die anfangs sehr hohen Pumpraten angepasst und die Einleitungstechnik optimiert wurde, verringerte sich die Seismizität wieder deutlich: „Die jährliche Zahl von Beben stärker als Magnitude zwei sank von 96 im Jahr 2011 auf nur noch ein einziges im Jahr 2018“, berichten Snæbjörnsdóttir und ihr Team. „Dies demonstriert aber, dass vor dem Beginn einer Injektion eine Standort-spezifische Untersuchung des regionalen seismischen Risikos erfolgen muss.“