Überfällige Datierung: In Wales wurden einige der ältesten Tierfossilien der Erdgeschichte gefunden. Eine neue Datierung enthüllt nun, wie alt diese Relikte genau sind: 565 Millionen Jahre. Damals befand sich Südwales in einem flachen Meer und wurde von zahlreichen bizarren Lebewesen des Ediacariums bevölkert. Diese kamen zur selben Zeit auch in anderen Teiles Großbritanniens sowie in Neufundland vor, wie die Forschenden berichten.
In den ersten vier Milliarden Jahren nach der Entstehung der Erde war es zunächst sehr ruhig auf unserem Heimatplaneten. Das einzige Leben bestand aus einzelligen Mikroben. Doch dann, vor rund 570 Millionen Jahren, entwickelten sich in den Meeren auf einmal die ersten mehrzelligen Tiere. Diese sogenannte Ediacara-Fauna war bizarr und anders als alles, was wir heute kennen. Einige Tiere ähnelten Farnen, andere Federn oder sogar platten Luftmatratzen.
Doch genauso plötzlich, wie diese Vielfalt an fremdartigen Geschöpfen einst erschien, verschwand sie auch wieder. Mit Beginn des Kambriums vor 545 Millionen Jahren lösten die Vorfahren der heutigen Tiergruppen die Ediacara-Fauna fast vollständig ab. Nur einige fossile Überreste sind von dieser „Generalprobe des Lebens“ erhalten geblieben.
Ein walisisches Urzeitmeer
Solche fossilen Überreste wurden bereits in der namensgebenden Ediacara-Hügelkette in Australien gefunden, aber auch in Russland, Namibia, Neufundland und Großbritannien. Während das Alter der meisten Fundorte zumindest ungefähr bekannt ist, ist eine Gesteinsschicht in Südwales jedoch noch nie genau datiert worden: die Llangynog-Enklave im Coed-Cochion-Steinbruch. Doch gerade in diesem einst von einem flachen Meer bedeckten Gebiet finden sich viele Fossilien des Ediacariums.
Am häufigsten unter den walisischen Ediacara-Fossilien sind Exemplare von Aspidella terranovica, einer typischen Ediacara-Tierart, die sich durch scheibenförmige Abdrücke im Sediment auszeichnet. Wie genau sie einst aussah und lebte, ist jedoch unbekannt. Auch seeanemonenähnliche Hiemalora-, mysteriöse Palaeopascichnus- und lappenförmige Yelovichnus-Fossilien sind hier gefunden worden.
Uran als Wegweiser
Doch ohne zu wissen, wie alt die Tiere von Llangynog sind, bleibt ein wichtiger Einblick in die Zeit des Ediacariums verwehrt. Deshalb haben Paläontologen um Anthony Clarke von der australischen Curtin University die Gesteinsschicht in Südwales nun erstmals genauer datiert. Dabei halfen ihnen winzige Mineralienkörner aus der Vulkanasche, die die urzeitlichen Tiere einst bedeckte.
Ein entscheidender Bestandteil der Körner ist das Mineral Zirkon, in dem wiederum kleine Mengen Uran eingeschlossen sind. Da Uran im Laufe der Jahrmillionen zu Blei zerfällt und die Geschwindigkeit dieses Zerfalls bekannt ist, lässt sich auch das Alter eines Minerals ermitteln, wenn man dessen Uran-Blei-Zusammensetzung analysiert. Auf diese Weise konnten die Paläontologen auch auf das Alter der urzeitlichen Tierwelt von Südwales schließen.
Llangynog-Tiere hatten viele Zeitgenossen
Das Ergebnis: Die Gesteinsschicht der Llangynog-Enklave ist ziemlich genau 565 Millionen Jahre alt, wie Clarke und sein Team berichten. Das bedeutet wiederum, dass die in Südwales versteinerten Tiere einst zeitgleich mit jenen lebten, die im britischen Charnwood und Long Mynd – zwei ehemaligen Tiefseegebieten – gefunden wurden. Auch die Fermeuse-Formation in Ost-Neufundland, an der sich wie in Llangynog einst ein Flachwassermeer erstreckte, fällt in dieselbe Zeit. Das passt ins Bild, denn damals waren Teile Großbritanniens und Neufundlands in dem Kleinkontinent Avalonia vereint.
Insbesondere die Fermeuse-Formation hat einige Gemeinsamkeiten mit Llangynog, wie Clarke und seine Kollegen erklären: „An beiden Fundorten haben sich scheibenförmige Formen erhalten, vor allem die seltene Aspidella, aber auch Paläopascichniden und Oberflächenspuren, die in den tiefmarinen Ablagerungen von Avalonia nicht beobachtet wurden.“
Doch auch mit den berühmten Fossilien von Ediacara in Südaustralien seien die Funde vergleichbar, wie die Paläontologen berichten. Ihnen zufolge spricht das dafür, dass einige Tierarten damals geografisch weit verbreitet waren. (Journal of the Geological Society, 2024; doi: 10.1144/jgs2023-081)
Quelle: Curtin University