Spurensuche im Leben eines Mammuts: Paläontologen haben das Leben und die Wanderungen einer jungen Wollhaarmammut-Kuh während der Eiszeit rekonstruiert. Die Isotopen ihres Stoßzahns verraten, dass „Elma“ vor rund 14.000 Jahren mit ihrer Herde rund 1.000 Kilometer von Kanada nach Alaska wanderte. Dort traf die Mammutkuh auf frühe Jäger und Sammler und starb. Wahrscheinlich wurde sie von den Menschen gejagt, wie das Team in „Science Advances“ berichtet. Die Funde helfen auch zu verstehen, warum ihre Artgenossen ausstarben.
Das Wollhaarmammut (Mammuthus primigenius) war mit seinem dicken Fell perfekt an die harten Lebensbedingungen der letzten Eiszeit angepasst. Es lebte in den Kältesteppen des nördlichen Asien und Nordamerika und war einst der am weitesten verbreitete Großsäuger auf der Erde. Mit dem Ende der Eiszeit nahm der Bestand der Mammuts jedoch rapide ab, die letzten Exemplare der Dickhäuter starben vor rund 6.000 Jahren.
Warum die Mammuts ausgestorben sind, ist jedoch umstritten. Als mögliche Ursachen gelten das veränderte Klima und die dadurch umgestellte Ernährung, aber auch Krankheiten oder die Jagd durch den Menschen. Um diese Frage zu klären, haben Forschende vor drei Jahren erstmals die lebenslange Reise eines männlichen Wollhaarmammuts untersucht. Ob sein Lebensweg typisch für Mammuts war, blieb jedoch unklar, das es keine Vergleichsproben gab.
Lebensweg einer Mammutkuh rekonstruiert
Nun hat ein Team um Audrey Rowe von der University of Alaska Fairbanks (UAF) erneut das Leben eines Wollhaarmammuts rekonstruiert, um mehr über die Lebensweise und das Ende der Tiere zu erfahren. Dafür untersuchten die Wissenschaftler einen Mammutstoßzahn, der 2009 in der archäologischen Stätte „Swan Point“ im Tanana-Tal in Zentralalaska gefunden worden war. Diese Siedlung diente vor 14.000 Jahren wahrscheinlich als saisonales Camp für frühe Jäger und Sammler in dieser Region. In der Umgebung der Siedlung wurden zahlreiche Überreste von Mammuts gefunden.
Für ihre Untersuchung analysierten die Forschenden die DNA sowie die Isotopenverhältnisse verschiedener Elemente in dem Mammutstoßzahn. Die verschiedenen Isotope geben Aufschluss über das Alter, die Ernährung und den Lebensraum des Tieres. Da Stoßzähne ein Leben lang wachsen, lässt sich aus den Proben der verschiedenen Wachstumsschichten des etwa 60 Zentimeter langen Zahns der Lebenslauf des Mammuts wie aus einem Tagebuch präzise ablesen.
Mammutdame „in der Blüte ihres Lebens“
Die Analysen des Stoßzahns ergaben, dass das Mammut ein gesundes junges Weibchen war, das aus dem Yukon im Nordwesten des heutigen Kanadas stammte. Innerhalb von 2,5 Jahren war das „Élmayųujey’eh“ getaufte Tier als Jugendliche von Yukon aus rund 1.000 Kilometer nordwärts durch die White Mountains bis zu den südlichen Ausläufern der Brooks-Gebirgskette nach Alaska gewandert. Dort könnte „Elma“ auf die Siedler in Swan Point getroffen sein, bevor sie gut drei Jahre später im Alter von etwa 20 Jahren starb.
Anders als das Exemplar aus der Studie von 2021 ist die junge Mammutkuh Elma wahrscheinlich nicht verhungert. „Sie war eine junge Erwachsene in der Blüte ihres Lebens. Ihre Isotope zeigten, dass sie nicht unterernährt war“, sagt Seniorautor Matthew Wooller von der University of Alaska. „Sie starb aber in derselben Saison, zu der auch das Jagdlager in Swan Point bestand, wo ihr Stoßzahn gefunden wurde.“ Elma starb demnach im Spätsommer.
Mammuts wurden wahrscheinlich von Menschen gejagt
Hinweise darauf, dass die steinzeitlichen Jäger die Mammutkuh aktiv gejagt oder getötet haben, fanden die Forschenden zwar nicht. Jedoch stießen sie im Umfeld des Jagdlagers Swan Point auf die Überreste von hunderten Mammuts, darunter zwei männlichen Jungtieren, die mit Elma eng verwandt waren, sowie eines entfernten Verwandten. Zudem fanden die Wissenschaftler im Camp Steinwerkzeuge und Überreste von geschlachtetem Wild, die ähnlichen Funden aus Sibirien gleichen, wo Menschen nachweislich Mammuts jagten.
Die Funde in Swan Point legen nahe, dass in der Gegend regelmäßig mehrere verwandte Mammutherden zusammenkamen, schließen Rowe und ihre Kollegen. Die Eiszeitjäger könnten sich genau deshalb dort niedergelassen haben. „Es sieht so aus, als hätten diese frühen Menschen Jagdlager in Gebieten errichtet, in denen sich häufig Mammuts aufhielten“, so Rowe. „All dies weist auf ein Muster hin, das mit der menschlichen Jagd auf Mammuts übereinstimmt“, ergänzt Rowes Kollege Ben Potter.
Was war der Grund für ihr Verschwinden?
Für die Mammuts bedeutet das, dass sie wahrscheinlich auch von den menschlichen Neuankömmlingen auf dem amerikanischen Kontinent gejagt wurden. Ob dies allerdings ausschlaggebend für das Verschwinden der nordamerikanischen Mammuts war, bleibt offen. Denn in dieser Ära änderte sich auch das Klima und das Gras- und Buschland der Steppe verwaldete zunehmend. „Der Klimawandel am Ende der Eiszeit hat den bevorzugten offenen Lebensraum der Mammuts fragmentiert“, erklärt Potter.
Das könnte die massigen Tiere in ihrer Bewegung eingeschränkt haben. Möglicherweise machte sie dies zur leichteren Beute für die eiszeitlichen Jäger, vermutet der Forscher. Aber auch die Jagd selbst, menschliche Geräusche und Gerüche sowie Feuer und Rauch aus den Siedlungen könnten die Bewegungen der Mammuts beschränkt haben.
Wanderrouten beider Mammuts überschneiden sich
Ein Großteil von Elmas rekonstruierter Lebensreise überschnitt sich mit der des zuvor untersuchten männlichen Mammuts, wie die Forschenden berichten. Dieses lebte jedoch 3.000 Jahre zuvor und legte insgesamt deutliche weitere Strecken innerhalb Alaskas zurück. Das könnte bedeuten, dass sich Mammuts über mehrere Jahrtausende hinweg nach denselben langfristige Wanderrouten bewegten, schließen die Wissenschaftler. Die Dickhäuter der Eiszeit wären darin vielen heutigen Großsäugern wie den Gnus in Afrika ähnlich.
Der Vergleich beider Mammut-Lebensreisen legt aber auch nahe, dass sich Männchen und Weibchen unterschiedlich verhielten und männliche Mammuts – ähnlich wie Elefantenmännchen – deutlich mehr umherwanderten. (Science Advances, 2024; doi: 10.1126/sciadv.adk0818)
Quelle: American Association for the Advancement of Science (AAAS), University of Alaska Fairbanks (UAF)