Spannender Fund: Archäologen haben in Guatemala ein noch unberührtes Königsgrab der Maya entdeckt. Das Grab aus der Zeit um 350 enthielt eine wertvolle Maske aus Jadestücken und die Gebeine eines Toten, außerdem Opfergaben und in Knochen eingeschnitzte Maya-Hieroglyphen. Diese geben Auskunft über die royale Abstammung des Toten, aber auch über Verbindungen seiner Dynastie nach Tikal und sogar nach Teotihuacan.
In der Zeit von 250 bis 900 herrschten die Maya über weite Teile Mittelamerikas. Von ihrem Einfluss zeugen die Ruinen zahlreicher Maya-Städte und Tempel, die über die Halbinsel Yucatan und angrenzende Regionen verstreut im Dschungel liegen. Die Gegenstände, Reliefs und Hieroglyphen dieser Fundstätten verraten unter anderem, an welche Götter die Maya glaubten, dass es eine Elite aus Priestern und Königen gab und dass sie mit ihren Feinden nicht gerade zimperlich umgingen.
Eher selten waren jedoch bisher Funde von unberührten Königsgräbern der Maya. Denn viele dieser Grabstätten wurden schon vor langer Zeit von Grabräubern ausgeplündert.
Von Grabräubern verschont
Umso spannender ist ein Fund, den Archäologen um Francisco Estrada-Belli von der Tulane University in Guatemala gemacht haben. Sie erforschen seit 2019 die Ruinen der alten Maya-Stadt Chochkitam, darunter mehrere Tempelpyramiden, Plazas und Paläste. Dabei haben sie auch Hieroglyphen-Inschriften entdeckt, nach denen Chochkitam zwar ab 568 von einer regionalen Herrscherdynastie mitregiert wurde. Davor muss es jedoch lokale Könige gegeben haben.
Auf der Suche nach weiteren Funden kartierten die Archäologen das Gebiet von Chochkitam mithilfe von LIDAR. Dabei entdeckten sie die Eingänge einiger Grabräuber-Tunnel. Als dieser Spur nachgingen, stießen sie am Ende eines dieser Tunnel auf ein dahinterliegendes, noch unberührtes Grab. Die Grabräuber hatten nur zwei Meter vor dem Mayagrab aufgegeben – möglicherweise, weil die massive Gesteinsdecke der Grabkammer schon zuvor eingestürzt war und das Grab so unzugänglich machte. „Das war ein echter Glückfall für uns“, sagt Estrada-Belli.
Jademaske und königliche Herkunft
In dem noch unberührten Grab fanden die Archäologen die Gebeine eines Mannes, der zusammen mit wertvollen Grabbeigaben bestattet worden war. Unter diesen waren eine prachtvolle Jademaske, die mosaikartig aus mehreren Jadeplatten zusammengesetzt war. Außerdem enthielt das Grab 16 Schalen der seltenen Stachelauster (Spondylus), die in der Mayakultur eine wichtige Rolle als Schmuck der Könige und Opfergabe für die Götter spielte, wie die Forschenden berichten. Datierungen zufolge stammt das Grab aus der Zeit um das Jahr 350.
Besonders spannend sind jedoch mehrere menschliche Oberschenkelknochen aus dem Grab, die mit eingeschnitzten Hieroglyphen und Symbolen bedeckt sind. Diese zeigen unter anderem die Figur eines Mayakönigs, der eine Jademaske wie die im Grab gefundene in der Hand hält. Nach Angaben von Estrada-Belli könnte es sich demnach um eine Darstellung des Toten handeln – und damit um einen Beleg dafür, dass dieser royaler Herkunft war.
Bestätigt wird dies durch Hieroglyphen auf dem Knochen, die die Namen mehrerer weiterer Herrscher nennen – möglicherweise den Vater und Großvater des Toten.
Enge Verbindung mit Teotihuacan
„Eine solche Entdeckung ist ein wenig wie der Gewinn in der Lotterie“, sagt Estrada-Belli. „Denn es öffnet uns ein Fenster in eine Zeit, über die wir bisher kaum Informationen haben.“ So verraten die Hieroglyphen unter anderem, dass die Könige von Chochkitam damals enge Verbindungen zum Maya-Königreich von Tikal und sogar nach Teotihuacan hatten – einem noch immer rätselhaften Vorgängerreich der Azteken in Mexiko.
Funde in Teotihuacan und in einigen Maya-Städten hatten bereits zuvor gezeigt, dass beide Kulturen eine enge, wenn auch nicht immer friedliche Beziehung zueinander hatten. So gab es in der Hauptstadt Teotihuacans anfangs ein eigenes Mayaviertel. Später kam es jedoch zum Krieg mit Tikal und blutigen Eroberungsfeldzügen. Das Königsgrab von Chochkitam legt jedoch nahe, dass in der Zeit um 350 noch Frieden zwischen den Maya und Teotihuacan herrschte.
Die Archäologen hoffen, dass eine nähere Untersuchung der Grabbeigaben sowie DNA-Analysen des Toten mehr darüber verraten können, wer er war und wie sein Schicksal verlief.
Quelle: Tulane University