Astronomie

Jungplaneten: Eher Smartie als Kugel

Durch Gaskollaps gebildete Protoplaneten sehen anders aus als gedacht

Junger Gasriese
Junge Gasplaneten sind anfangs nicht kugelig, sondern eher flach wie eine Schokolinse. © University of Central Lancashire

Keine Kugel: Junge Gasriesen sehen in ihrer Anfangszeit anders aus als gedacht. Denn diese Protoplaneten sind noch keine runden Kugeln, sondern ähneln eher einer Schokolinse – sie sind an den Polen stark abgeflacht, wie Astronomen ermittelt haben. Ihren astrophysikalischen Simulationen zufolge haben vor allem solche Jungplaneten diese flache „Smartie-Form“, die durch den lokalen Kollaps einer Gaswolke gebildet wurden. Auch Jupiter und Saturn könnten auf diese Weise entstanden ein.

Die Erde und alle Planeten des inneren Sonnensystems sind durch allmähliche Akkretion entstanden: Staub und Gesteinsbrocken ballten sich zu einem langsam heranwachsenden Jungplaneten zusammen. Doch weiter von ihrem Stern entfernte Gasriesen wie Jupiter, Saturn oder einige Exoplaneten bildeten sich vermutlich auf andere Weise: Sie entstanden durch den lokalen Kollaps der gasreichen Urwolke. Mögliche Belege für diese „Kollapsgeburt“ haben Astronomen bei Jungplaneten um die Sterne AB Aurigae und PDS 70 entdeckt.

Simulation
Diese Simulation zeigt einen Gasplaneten kurz nach seiner „Kollapsgeburt“. Von oben erscheint er kugelig – ist es aber nicht. © University of Central Lancashire

Welche Form haben junge Gasriesen?

Doch wie sehen solche jungen Gasriesen aus? Bisherige Aufnahmen konnten diese Jungplaneten nur in Aufsicht abbilden. Astronomen nahmen jedoch an, dass diese Planetenbabys ähnlich wie junge Gesteinsplaneten und ausgewachsene Gasriesen kugelig rund sind. „Wir erforschen die Planetenbildung schon sehr lange, aber bisher hat noch niemand daran gedacht, die Form der sich bildenden Planeten zu überprüfen“, sagt Dimitris Stamatellos von der University of Central Lancashire in England. „Wir sind einfach davon ausgegangen, dass sie sphärisch sein müssen.“

Um die dreidimensionale Form von jungen Kollapsgeburt-Gasriesen näher zu untersuchen, rekonstruierten Stamatellos und sein Kollege Adam Fenton ihre Entwicklung und Form mithilfe einer physikalischen Simulation. In dieser standen vier Millionen virtuelle Teilchen für das Gas in der planetenbildenden Scheibe. Unter neun verschiedenen Ausgangsbedingungen verfolgte das Team dann, was beim lokalen Kollaps in der virtuellen Gasscheibe geschieht und wie Gasplaneten heranwachsen – insgesamt waren es 107.

Abgeflacht statt kugelig

Das Ergebnis: Alle durch den Gaskollaps gebildeten Protoplaneten waren nicht kugelig, sondern an den Polen deutlich abgeflacht – sie ähnelten eher einer flachen Schokolinse. „Wir waren ziemlich überrascht, als sie sich als abgeplattete Sphäroide entpuppten – sie glichen Smarties!“, sagt Stamatellos. Diese Abflachung zeigte sich unter allen untersuchten Ausgangsbedingungen. Zwar unterschieden sich Größe und Form der Randzone bei den Protoplaneten, dennoch waren sie alle nicht kugelig.

Zudem zeigten die Simulationen, dass auch der Gaseinstrom in die jungen Gasriesen asymmetrisch ist: „Die Gas-Akkretion verläuft an den Polen der Protoplaneten schneller als am Äquator“, berichten die Astronomen. Als Ursache für diese Asymmetrien sehen sie vor allem die Rotation der planetenbildenden Gasscheiben. Diese Drehung erzeugt Fliehkräfte, die die noch „weichen“ Protoplaneten verformt.

Relevant auch für astronomische Beobachtungen

Interessant ist diese neue Erkenntnis aber nicht nur für unsere Vorstellung der Planetenbildung, wie die Astronomen betonen. Sie hat auch ganz praktische Bedeutung für astronomische Beobachtungen. Denn wenn die Jungplaneten nicht kugelig sind, kann der Betrachtungswinkel die Beobachtungen beeinflussen: Ihr Spektrum, ihre Temperatur und ihre Größe erscheinen bei Aufsicht anders als wenn man sie von der Seite sieht, wie Fenton und Stamatellos erklären.

„Wenn wir Beobachtungen wie die von PDS 70b und c interpretieren, müssen wir daher den Beobachtungswinkel mit berücksichtigen“, schreiben die Astronomen. (Astronomy & Astrophysics Letters, 2024; doi: 10.1051/0004-6361/202348753)

Quelle: University of Central Lancashire

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