Energie

Kernfusion: JET-Reaktor erzielt Energie-Weltrekord

Fusion erzeugt erstmals 69 Megajoule Energie, aber dennoch kein Breakeven

Joint European Torus
Blick in die Fusionskammer des Joint European Torus (JET). In diesem Fusionsreaktor wurde ein neuer Energierekord erzielt. © United Kingdom Atomic Energy Authority

Weltrekord: Der Fusionsreaktor JET in Großbritannien hat in seinem letzten Experiment einen neuen Energierekord aufgestellt. Er erzeugte 69 Megajoule Energie aus nur 0,2 Milligramm Deuterium-Tritium-Brennstoff. Dies ist mehr Energie, als bei jedem anderen Fusionsexperiment. Allerdings: Noch musste bei diesem Tokamak-Reaktor mehr Energie zur Plasmaheizung hineingesteckt werden als durch die Kernfusion entstand. Dennoch liefet JET wichtige Erkenntnisse für den zukünftigen europäischen Großreaktor ITER.

Die Kernfusion gilt als mögliche Energiequelle der Zukunft, doch noch ist strittig, welcher Reaktortyp dafür am besten geeignet ist. So hat die Laserfusion zwar schon eine Zündung des Fusionsplasmas erreicht, kann aber nur winzige Brennstoffmengen auf einmal verwerten. Größere Plasmamengen nutzen dagegen Magneteinschluss-Reaktoren nach dem Stellarator– oder Tokamak-Prinzip. Zu letzterem gehören der im Bau befindliche Großreaktor ITER, aber auch der Joint European Torus (JET) in Großbritannien.

JET-Fusionsreaktor
Kaum zu sehen inmitten dieses Gewirrs von Leitungen und Maschinen steht der JET-Fusionsreaktor. © United Kingdom Atomic Energy Authority

69 Megajoule in fünf Sekunden

Jetzt meldet das europäische Forschungskonsortium EUROfusion, dass die JET-Fusionsanlage einen neuen Energierekord erzielt hat. Bei ihrem letzten Experiment erzeugte der Reaktor während einer 5,2 Sekunden andauernden Plasmaentladung eine Energie von 69 Megajoule aus 0,2 Milligramm Brennstoff – Weltrekord. Bisher hat kein anderer Fusionsreaktor eine solche Energiemenge in Form von Wärme und schnellen Neutronen produziert. JET steigerte damit seinen eigenen Rekord von 59 Megajoule aus dem Jahr 2021.

„Dieser Weltrekord ist eigentlich ein Nebenprodukt. Er war nicht aktiv geplant, aber wir haben darauf gehofft“, erklärt Athina Kappatou vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, die bei JET als eine von neun Task Force Leaders arbeitete. „In dieser experimentellen Kampagne ging es hauptsächlich darum, die verschiedenen Bedingungen zu erreichen, die für ein späteres Kraftwerk notwendig sind, und so realistische Szenarien zu testen.“

Noch kein Netto-Energiegewinn

Allerdings: Mit diesem Energierekord erreichte der JET-Reaktor keine positive Energiebilanz und damit nicht den „Breakeven“-Punkt der Fusion. Denn noch musste mehr Energie zum Aufheizen des Plasmas hineingesteckt werden, als die resultierende Fusion erzeugte. Der Grund: Für die Kernfusion bei JET und in anderen Magneteinschluss-Fusionsreaktoren muss eine größere Plasmamenge aufgeheizt werden als beispielsweise bei der Laserfusion. Physiker gehen davon aus, dass erst ITER die nötigen Proportionen für das Breakeven erreichen wird.

Dennoch sehen die Physiker in diesem Rekord einen wichtigen Schritt. „Der Energierekord validiert unsere Betriebsszenarien für künftige Fusionsanlage wie ITER und DEMO und gibt uns größeres Vertrauen in die Entwicklung der Fusionsenergie“, sagt Ambrogio Fasoli von EUROfusion. „Wir haben Dinge erreicht, die nie zuvor geschafft wurden, und unser Verständnis der Fusions-Physik vertieft.“

Wichtige Vorarbeiten für ITER und Co

Für die künftigen Großreaktoren wichtig sind beispielsweise Erkenntnisse zur Kontrolle der Plasmaströmungen und -turbulenzen in den Fusionsanlagen und zum Schutz der Toruswände. „Wir haben in JET demonstriert, wie sich die intensive Hitze vom Plasma bis zum Austritt dämpfen lässt und wie wir den Rand des Plasmas in einen stabilen Zustand ohne Energieausbrüche bekommen können“, erklärt Emmanuel Joffrin von der französischen Atomenergiebehörde. „Beides ist wichtig, um die Wände künftiger Fusionsreaktoren zu schützen.“

Gleichzeitig diente der JET-Reaktor auch dazu, den Einsatz des Deuterium-Tritium-Gemischs als Fusionsbrennstoff zu testen und zu optimieren. „Wir nutzen für unsere Fusionsplasmen die gleiche Brennstoffmischung wie spätere kommerzielle Fusionskraftwerke“, sagt Fernanda Rimini vom JET. Insgesamt habe der JET-Forschungsreaktor in seinen fast 40 Jahren des Betriebs wesentliche Beiträge zur Fusionsforschung geleistet. Inzwischen hat JET ausgedient: Ende 2023 wurde der Betrieb im Testreaktor beendet.

Quelle: EUROfusion, Max-Planck-Institut für Plasmaphysik

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