Mehr als nur ein Blutgefäß: Die Aorta ist nicht nur die größte Schlagader unseres Körpers – sie gilt künftig als eigenständiges Organ des Menschen. Damit steht die Hauptschlagader nun auf einer Ebene mit Herz, Lunge oder Gehirn, wie internationale Fachgesellschaften der Herz-Thorax-Chirurgie in ihren neuen Leitlinien beschlossen haben. Grund dafür sind neuere Erkenntnisse, nach denen die Aorta nicht nur Blut transportiert, sondern auch Sensoren, Hormondrüsen und Muskeln enthält.
Die Aorta ist die größte Arterie unseres Körpers: Die wie ein Krummstab geformte Hauptschlagader ist bis zu 3,5 Zentimeter dick und 30 bis 40 Zentimeter lang. Ihr kurzes Ende entspringt aus der linken Herzkammer, von der frisches, sauerstoffreiches Blut durch die Aorta gepumpt wird – pro Minute transportiert sie fast fünf Liter Blut vom Herzen in die weiterführenden Arterien. Von der Aorta zweigen alle großen Schlagadern ab, die den Rest unseres Körpers mit Blut versorgen.
Mehr als nur Bluttransport
Doch das ist nicht alles: Die Aorta ist weit mehr als nur ein passives „Rohr“ für den Bluttransport. Ihre muskeldurchzogene Wand sorgt beispielsweise dafür, dass die Druckimpulse des schubweise aus dem Herzen ausgepumpten Blutes abgedämpft und in Teilen ausgeglichen werden. Dafür hat die Aorta eine eigene Schicht glatter Muskelzellen. Diese ziehen die Schlagader in den Pausen zwischen den Herzschlägen zusammen und erweitern sie während der Blutschübe.
Auch darüber hinaus spielt die Hauptschlagader eine wichtige Rolle im Körper. In den Wänden der Aorta sitzen beispielsweise Sensoren, die zur Regulation des Blutdrucks beitragen. Außerdem ist sie an der Produktion bestimmter Hormone beteiligt. Entsprechend schwerwiegend ist es daher, wenn die Aorta geschädigt oder erkrankt ist, beispielsweise durch ein Aneurysma, einen Riss, eine Verengung oder auch Arteriosklerose.
Zum Organ hochgestuft
Jetzt wurde die Hauptschlagader offiziell zum Organ ernannt – zu einer eigenständigen Funktionseinheit unseres Körpers. „Die Anerkennung als Organ hebt die Aorta auf eine Stufe mit Herz, Lunge oder Gehirn. Das ist ein großer Schritt“, sagt Martin Czerny vom Universitäts-Herzzentrum des Universitätsklinikums Freiburg. Beschlossen haben dies Europäische Gesellschaft für Herz-Thorax-Chirurgie (EACTS) und die US-amerikanische Society of Thoracic Surgeons (STS) in ihren aktuellen Leitlinien.
Die neue Einstufung der Aorta hat Auswirkungen auf die Behandlung von Patienten, aber auch auf Inhalte des Medizinstudiums und die fachärztliche Weiterbildung. Denn bislang ist es üblich, dass Erkrankungen der Aorta je nach Art und Lage entweder von Herzchirurgen oder von Gefäßchirurgen behandelt werden. „Die neuen Leitlinien empfehlen jedoch, die Versorgung der Aorta in einem eigenen Fachgebiet zu bündeln, natürlich in enger Abstimmung mit anderen Fachbereichen“, erklärt Czerny. (The Annals of Thoracic Surgery, 2024; doi: 10.1016/j.athoracsur.2024.01.021)
Quelle: Universitätsklinikum Freiburg