Schimpansen sind allerdings längst nicht die einzigen Tiere, bei denen bereits kriegsähnliche Verhaltensweisen beobachten wurden. So treten zum Beispiel auch Berggorillas sowie einige Lemuren- und Makakenspezies in Gruppen gegeneinander an. Berüchtigt für ihre Schlachten sind auch die Zebramangusten – kleine, soziale Raubtiere, die den Erdmännchen sehr ähnlich sehen. Bis zu einmal pro Woche sind die Tiere in der freien Wildbahn in Kämpfe verstrickt. Im Schnitt stirbt jede zehnte erwachsene Zebramanguste im Kampf. In der Forschung zu Kriegen im Tierreich werden die kleinen Raubtiere daher häufig als Modellorganismen eingesetzt.
Pelzige Schlachtlinien
Es beginnt mit der Sichtung eines gebietsfremden Artgenossen: des Feindes. Die Zebramangusten richten sich auf und lassen einen durchdringenden Schlachtruf ertönen. Die anderen Gruppenmitglieder eilen herbei und formieren sich zu einer Schlachtlinie. Auf beiden Seiten der Front stehen sich nun bis zu 30 Tiere gegenüber. In vereinzelten angedeuteten Vorstößen schätzen sie zunächst die Kraft des Gegners ein.
Und dann, wie auf ein unsichtbares Signal hin, vereinigen sich die feinsäuberlichen Schlachtlinien der Zebramangusten auf einmal zu einem turbulenten Gemenge. Schrilles Gekreische hallt über das Schlachtfeld. Es wird gebissen, gekratzt, sich hinterhergejagt, getötet. Manche Soldaten dringen sogar in den Bau des Gegners vor und schalten dessen Jungtiere aus. Nach spätestens einer Stunde ziehen sich die Armeen dann wieder zurück und es kehrt Stille ein im Grasland des südlichen Afrika.
Krieg als Teambuilding-Maßnahme
Aus diesen blutigen Kämpfen der Zebramangusten konnten Forschende bereits einiges über kriegerisches Verhalten im Tierreich lernen. Unter anderem bestätigen die Schlachten die sogenannte „Konflikt-Zusammenhalt-Hypothese“. Diese besagt, dass Konflikte mit fremden Gruppen die Bindungen innerhalb der eigenen Gruppe stärken. In anderen Worten: Ein gemeinsamer Feind schweißt zusammen und stärkt das Gruppengefühl, was unter sozialen Wildtieren essenziell für das Überleben ist.
Auch im Kampf ist ein starker Gemeinschaftssinn von Vorteil und kann dabei helfen, einen gemeinsamen Gegner zu besiegen. Um als Einheit mit enger Bindung aufzutreten, reiben sich die Zebramangusten kurz vor der Schlacht aneinander. Auch bei Menschenaffen wurde bereits Ähnliches beobachtet: Drohen Kämpfe, neigen sie zu verstärkter gegenseitiger Körperpflege.
Sex mit dem Feind
Doch der starke Gruppenzusammenhalt wird einigen – vor allem männlichen – Zebramangusten regelmäßig zum Verhängnis, wie Biologen herausgefunden haben. Denn es kommt vor, dass die weiblichen Anführer der Gruppen bewusst Schlachten anzetteln und dabei das Leben ihrer männlichen Artgenossen riskieren. Und das alle nur, um einen ganz besonderen Profit daraus zu schlagen: Sex mit dem Feind.
Da Zebramangusten in der Regel ein Leben lang in derselben Gruppe bleiben, müsste es irgendwann zwangsweise zum Inzest kommen. Doch das wissen die Anführerinnen zu vermeiden, indem sie sich am Rande des Schlachtfeldes ganz ungeniert mit dem Feind paaren und so den Genpool der eigenen Gruppe bereichern. Paarungsbereite weibliche Zebramangusten wurden in Uganda daher bereits dabei beobachtet, wie sie ihre Gruppe absichtlich tief ins Feindesland führen und so Schlachten provozieren. Den Tod von treuen Gruppenmitgliedern nehmen sie dabei bereitwillig in Kauf.
Monarchen und Mangusten
Dieses kalkulierte Vorgehen erinnert ein wenig an herzlose menschliche Herrscher, die ihre Truppen in den Krieg und Tod schicken, ohne selbst negative Folgen befürchten zu müssen. Dennoch sind sie und nicht die tapferen Soldaten es, die am Ende die Reichtümer und Ländereien des besiegten Feindes einheimsen.
Verhaltensforscher Rufus Johnstone von der University of Cambridge und seine Kollegen haben diese Parallelen systematisch untersucht: „Wie unser Modell zeigt, kann diese Art von Ungleichheit die Entwicklung von erhöhter Aggression in kollektiven Tierkonflikten begünstigen.“ Und das sogar bis zu einem Punkt, an dem die einzelnen Gruppenmitglieder mehr Schaden durch die Kämpfe nehmen als dass sie von ihnen profitieren.
Ähnliche Prozesse könnten auch den zerstörerischen Charakter menschlicher Kriege geformt haben, vermuten die Forschenden. Am Ende ist es also egal ob Mensch oder Manguste: Aggression führt zu mehr Aggression und kann den Beteiligten letztlich schaden.