Paläontologie

Neuer Mini-Ursaurier in Thüringen entdeckt

Kugelschreibergroßes Reptil grub sich vor 290 Millionen Jahren durch die Erde

Fossil
Die fossilen Überreste von Bromerpeton subcolossus, eingebettet in thüringisches Gestein © MacDougall et al./ Scientific Reports, 2024 /CC-by 4.0

Klein, aber oho: In der thüringischen Fossilienfundstätte Bromacker haben Paläontologen einen neuen Mikro-Ursaurier aus der Zeit vor 290 Millionen Jahren entdeckt. Das Bromerpeton subcolossus getaufte Reptil war zu Lebzeiten gerade einmal so groß wie ein Kugelschreiber und grub sich wahrscheinlich mit seinen schaufelförmigen Vordergliedmaßen durch das Erdreich. Die Anatomie der Grabhände von Bromerpeton schließt außerdem eine Lücke in der Evolution früher eidechsenartiger Reptilien, wie die Forschenden berichten.

Gerade einmal 45 Autominuten von Erfurt entfernt liegt ein einzigartiges Fenster in die Vergangenheit: die thüringische Fossilienfundstätte Bromacker. Nirgendwo sonst in Europa lagern so viele Fossilien von Landtieren aus dem unteren Perm vor 290 Millionen Jahren. Zu dieser Zeit lag der Bromacker im Binnenland des einstigen Superkontinents Pangäa und beherbergte eine große Artenvielfalt, darunter frühe Reptilien, Amphibien und Insekten.

Diadectide
Bromerpeton teilte sich seinen Lebensraum unter anderem mit pflanzenfressenden Diadectiden. © dmitrchel@mail.ru /CC-by-sa 3.0

Ein Winzling aus Thüringen

Zu den bekanntesten und am vollständigsten erhaltenen Bewohnern des Bromackers gehören mittelgroße bis große Arten wie der rückensegeltragende Dimetrodon teutonis oder der gedrungene Pflanzenfresser Diadectes absitus. „Kleinere und nicht so gut erhaltene Exemplare können jedoch leicht übersehen werden, obwohl sie sehr wichtige Bestandteile des Ökosystems sind“, erklärt Mark MacDougall vom Berliner Naturkundemuseum. Ihm und seinem Team ist nun der Fund eines solchen Mikrosauriers gelungen, der im Schatten der „Riesen“ seiner Zeit lebte.

Der Mini-Ursaurier trägt den Namen Bromerpeton subcolossus und ist durch Teile seines Schädels, seinen linken Oberarmknochen sowie durch seine rechte Vordergliedmaße erhalten. Zwar wurden diese fossilen Überreste bereits im Jahr 1994 entdeckt, doch ihre Präparation und Identifikation sind erst vor kurzem final abgeschlossen worden.

Schaufelhände zum Graben

Bromerpeton ähnelte zu Lebzeiten wahrscheinlich einer kleinen Eidechse, wie die Paläontologen berichten. Sein dreieckiger Schädel war gerade einmal zwei Zentimeter lang, was dem gesamten Mini-Ursaurier in etwa die Größe eines Kugelschreibers verliehen haben dürfte. Die spitzen, zapfenförmigen Zähne von Bromerpeton weisen darauf hin, dass sich das Ur-Reptil einst von Insekten und Tausendfüßern ernährte, von denen auch einige im Bromacker gefunden wurden, so MacDougall und sein Team.

Grabhand Bromerpeton
Die Hände von Bromerpeton waren zum Graben geeignet. © MacDougall et al./ Scientific Reports, 2024 /CC-by 4.0

Neben seiner geringen Größe verblüfft Bromerpeton aber vor allem mit der Anatomie seiner rechten Vordergliedmaße. Diese war äußerst robust gebaut und mündete in einer breiten, schaufelförmigen Hand mit fünf spitzen Krallen. Die Forschenden vermuten, dass der Mikrosaurier seine Hände als Grabwerkzeuge nutzte und sich so seinen Weg durch das Erdreich des Perm vor 290 Millionen Jahren bahnte.

Fingeranzahl schließt evolutionäre Lücke

Doch die Hände von Bromerpeton sagen nicht nur etwas über seine Lebensweise aus, sondern auch über die Evolution der sogenannten Recumbirostra – einer Gruppe länglicher, schlangenähnlicher Ur-Reptilien. „Das Vorhandensein von fünf Fingern bei Bromerpeton ist interessant, da dies darauf hindeutet, dass die Anzahl der Finger bei den Recumbirostra ursprünglich fünf betrug und erst später im Laufe der Evolution auf vier oder drei reduziert wurde“, erklärt Seniorautor Jörg Fröbisch, ebenfalls vom Berliner Naturkundemuseum.

„Bromerpeton mag klein sein, liefert aber jede Menge neue Informationen über die Evolution und Ökologie der frühen Tetrapoden und insbesondere der Recumbirostra. Unsere Entdeckung trägt außerdem dazu bei, die Vielfalt des unterpermischen Bromacker-Ökosystems zu verstehen“, fügt MacDougall hinzu. (Scientific Reports, 2024; doi: 10.1038/s41598-023-46581-3

Quelle: Museum für Naturkunde Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung

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