Primordiales Leuchten: Wie sahen die allersten Sterne des Kosmos aus? Und wie lange gab es sie? Diese Fragen könnten Astronomen nun beantwortet haben. Sie haben die spektrale Signatur der frühesten Sternengeneration in einer 13,4 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie aufgespürt. Dort bildeten sich diese Population-III-Sterne in Klumpen primordialen Gases aus den Anfängen des Kosmos, wie die Forschenden in „Astronomy & Astrophysics“ berichten.
Sie brachten das erste Licht ins Universum: Wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall bildeten sich aus Wasserstoff und Helium die ersten Sterne – und veränderten den Kosmos für immer. Denn die Strahlung dieser Population-III-Sternen beendete das Dunkle Zeitalter des Universums und leiteten die Reionisierung der primordialen Gase ein. In diesen hunderte Sonnenmassen schweren, aber kurzlebigen Riesensternen entstanden zudem die ersten schwereren Elemente.
Fahndung nach den ersten Sternen
„Diese erste Generation von Sternen zu finden, die sich aus dem unberührten Gas des frühen Kosmos bildeten, ist eines der wichtigsten Ziele der modernen Astrophysik“, erklären Roberto Maiolino von der University of Cambridge und seine Kollegen. Doch obwohl Astronomen schon Relikte dieser Population-III-Sterne und auch mögliche Effekte ihrer Strahlung gefunden haben, steht der erste direkte Nachweis dieser ersten Sternengeneration noch aus. „Population-III-Sterne in frühen Galaxien sind bisher der Detektion entgangen“, so die Astronomen.
Der Hauptgrund: Die Auflösung unserer Teleskope reicht bisher schlicht nicht aus, um Sterne in dieser Entfernung aufzuspüren. Dennoch gibt es eine Möglichkeit: „Neuere Modelle deuten darauf hin, dass Population-III-Sterne sich auch in Restklumpen von unberührtem Urgas in späteren Galaxien gebildet haben könnten“, erklären Maiolino und sein Team. Solche Gasklumpen müssten sich den theoretischen Vorhersagen zufolge im Halo von Galaxien finden.
Verräterische Helium-Spektrallinien
Für ihre Studie haben die Astronomen daher in einer der frühesten bisher bekannten Galaxien nach Spuren von Pop-III-Sternen gesucht, der Galaxie GN-z11. Sie liegt 13,4 Milliarden Lichtjahre entfernt und existierte schon rund 430 Millionen Jahre nach dem Urknall. Mit dem hochauflösenden Infrarot-Spektrografen (NIRSpec) des James-Webb-Teleskops fahndete das Team nach den charakteristischen Spektralsignaturen der Population-III-Sterne. Typisch dafür sind prominente und verbreiterte Spektrallinien von ionisiertem Helium – HeII-Linien – und ein völliges Fehlen von Spektrallinien schwererer Elemente.
Und tatsächlich: Im Außenbereich der Galaxie GN-z11 zeigten die Aufnahmen eine Stelle im Halo, von der intensive Helium-II-Spektrallinien ausgingen. Offenbar gab es dort eine ausgedehnte Zone angeregten Heliumgases. „Die Tatsache, dass wir dort nichts anders als Helium sehen, spricht dafür, dass dieser Gasklumpen noch ziemlich ursprünglich sein muss“, sagt Maiolino. Die Quelle der Helium-Signatur liegt zudem zu weit vom aktiven Zentrum der Galaxie entfernt, um von Strahlung des dortigen Schwarzen Loch angeregt zu sein.
Sterne der allersten Generation
Das bedeutet, dass es in diesen Gasklumpen etwas geben muss, das das Helium anregt. Höchstwahrscheinlich verbergen sich in ihnen intensiv strahlende Haufen junger Riesensterne der ersten Generation, wie die Astronomen berichten. „Der Theorie nach können die Überreste primordialen Gases kollabieren und dann Population-III-Sternhaufen bilden“, erklärt Maiolino. Nähere Analysen der Spektraldaten bestätigten dieses Szenario.
Damit könnten die Astronomen im Halo von GN-z11 erstmals die direkte Signatur von Sternen der allersten Generation nachgewiesen haben. Diese primordialen Riesensterne sitzen inmitten einer Wolke aus Urgas und verraten sich durch die Ionisierung des umgebenden Heliums. Den Analysen der Forschenden zufolge könnte jeder einzelne dieser frühen Riesensterne bis zu 500 Sonnenmassen schwer sein.
Das Team um Maiolino hofft nun, durch weitere Beobachtungen der Galaxie GN-z11 noch mehr über diese Sterne und ihre Bildungsumstände herauszufinden. (Astronomy & Astrophysics, 2024; accepted; doi: 10.48550/arXiv.2306.00953)
Quelle: Space Telescope Science Institute