Halleys Wissensdrang und seine datenbasierte Herangehensweise bringen ihn dazu, auch abseits von Astronomie und Hydrologie Bahnbrechendes zu leisten: Ihm verdanken wir die erste Wetterkarte, die barometrische Höhenmessung und die erste Weltkarte der Magnet-Missweisung.
Die erste meteorologische Karte der Welt
Das Interesse an der Meteorologie bringt Edmond Halley schon auf seiner ersten Forschungsreise nach St. Helena dazu, das Phänomen der Passatwinde und des Monsuns näher zu studieren. Zurück in England, sammelt er weitere Informationen von Seefahrern. Auf dieser Basis erstellt er 1686 eine Weltkarte, die die Richtung der vorherrschenden Winde über den Ozeanen zeigt. Mit dieser meteorologischen Karte ist Halley der erste, der geophysikalische Daten in grafischer Form auf einer Karte visualisiert.
Damit ist Halley auch einer der Pioniere der thematischen Kartografie. Er erklärt dazu in seiner Publikation: „Ich fand es nötig, ein Schema zu finden, das die verschiedenen Richtungen und Routen dieser Winde auf einen Blick zeigt. Dadurch ist es möglich, diese Sache besser zu verstehen als durch jede verbale Beschreibung.“ Parallel zur Karte postuliert Halley auch erste Ideen dazu, was die Passatwinde und andere vorherrschenden Winde antreibt. Er erkennt bereits, dass die Aufheizung der Luft durch die Sonne und die Erddrehung dafür eine entscheidende Rolle spielen.
Kompass-Missweisung und Terra Incognita
Und noch eine weitere kartografische Neuerung verdanken wir Halley: Im Jahr 1698 wird der Forscher von der englischen Krone zum Marinekommandeur ernannt – obwohl er Zivilist ist – und auf eine Forschungsmission in den Atlantik geschickt. Die zweijährige Seereise ist die erste, die allein wissenschaftlichen Zwecken dient. Halley Auftrag: Er soll die Kompass-Missweisung auf See systematisch vermessen – die Abweichung der Kompass-Nordrichtung vom geografischen Norden. Diese je nach Standort unterschiedlich große Deklination zu kennen, ist für die Navigation der Schiffe auf See entscheidend. Doch gerade für die Südhalbkugel sind die Daten bisher dünn.
In Halleys Instruktionen heißt es daher: „Du sollst bestmöglich bis südlich des Äquators vordringen und dort die Ostküste Südamerikas, die Westküste Afrikas und die Variationen des Kompasses mit der größten Dir möglichen Genauigkeit beobachten.“ Auch die noch kaum erforschten südlichen Gefilde soll Halley erkunden: „Wenn es die Saison erlaubt, sollst du soweit nach Süden vorstoßen, bis du die Küste der Terra Incognita findet, die zwischen der Magellanstraße und dem Kap der Guten Hoffnung liegen soll.“
Die erste Deklinationsweltkarte und die Halleyschen Linien
Zwei Jahre ist Halley mit seinem Schiff auf See unterwegs. Dabei kommt er bis auf 51,5 Grad südlicher Breite und sichtet die ersten antarktischen Eisberge – nicht aber die gesuchte „Terra incognita“. Nach seiner Rückkehr macht er sich direkt daran, seine Magnetmessungen auszuwerten. 1701 veröffentlicht Halley die erste Karte der Magnet-Missweisung für den Atlantik, 1702 folgt die durch Daten anderer Seefahrer ergänzte erste Weltkarte der magnetischen Deklination.
Die große Neuerung ist dabei nicht nur die Vollständigkeit der Magnetdaten, sondern ihre Darstellung: Halley nutzt als erster Isogonen, um Punkte gleicher Magnetdeklination miteinander zu verbinden. Sie werden heute auch als Halleysche Linien bezeichnet. „Diese Methode ist so eingängig, dass sie bis heute allgemein gebräuchlich ist. Es war der wichtigste Beitrag zur praktischen Navigation“, erklärte der britische Hofastronom Harold Spencer Jones 1946 in einem Vortrag zu Ehren Halleys.
Das Magnetfeld beschäftigt Edmond Halley auch später immer wieder, beispielsweise 1716 in einer Studie zu Polarlichtern. Ihm fällt ihm auf, dass diese leuchtenden Schleier besonders oft auf Island und Grönland gesichtet werden, etwas seltener in Nordwegen und nie am Äquator. Als erster Forscher äußert Halley die Vermutung, dass die Polarlichter mit dem Erdmagnetfeld zusammenhängen könnten. Er schreibt das Leuchtphänomen jedoch zunächst „magnetischen Ausdünstungen“ zu.
Die barometrische Höhenmessung
Halleys Messungen meteorologischer Parameter und seine Überlegungen zu geophysikalischen Zusammenhängen bringen ihn auf eine weitere Idee: Er erkennt, dass die Messung des Luftdrucks mittels Barometer auch dazu verwendet werden kann, die Höhenlage eines Standorts zu ermitteln. „Die Expansion der Luft ist reziprok zur Höhe des Quecksilbers im Barometer“, erklärt er.
Auf Basis seiner Experimente erstellt Halley im Jahr 1686 eine Tabelle, die angibt, um wie viel das Quecksilber eines Barometers mit der Höhe sinkt. Diese Werte, so merkt der Forscher an, stimmen gut mit Messungen anderer überein, darunter auch denen „eines kuriosen Experiments, die der einfallsreiche Mr. John Caswell aus Oxford auf dem Gipfel des Snowdon-Bergs in Wales durchführte.“ Dieser ermittelt bei seinen Barometer-Messungen, dass das Quecksilber auf dem knapp 1100 Meter hohen Berggipfel um zehn Zentimeter unter den Wert auf Meereshöhe liegt.
Halley erkennt auf Basis seiner Experimente und Berechnungen als erster, dass der Luftdruck mit der Höhe nicht linear, sondern exponentiell abnimmt. Gleichzeitig ist ihm jedoch auch bewusst, dass verschiedene Faktoren diese barometrischen Höhenmessungen beeinflussen können. In seinem Artikel diskutiert er ausführlich, welche Effekte die Wetterlage, in der Luft enthaltene Gase oder Winde haben könnten und warum. Er legt darin auch dar, warum der Luftdruck überhaupt je nach Wetterlage schwankt.