Liebevolle Frohnaturen finden schnell Freunde und Partner, unsympathische Faulenzer haben eventuell Probleme im Job – die Persönlichkeit kann das ganze Leben beeinflussen. Doch woher kommen die individuellen Charakterneigungen? Die Frage, ob die Charakterzüge in den Genen liegen oder ob diese eher vom sozialen Umfeld beeinflusst werden, ist eine alte Frage der psychologischen Forschung.
Einfluss von Genen stärker als erwartet

Mittlerweile ist weitestgehend geklärt, dass beides, Gene und Umfeld, einen Einfluss auf die Persönlichkeit haben. Tatsächlich werden bestimmte Eigenschaften wie beispielsweise Intelligenz eher genetisch beeinflusst, andere sind hingegen stärker vom sozialen Umfeld geprägt. Doch laut Judith Rich Harris, Autorin des Buches „Ist Erziehung sinnlos?“ werden in der Forschung die Auswirkungen der Gene auf die Ausbildung der Persönlichkeit häufig unterschätzt, die der elterlichen Erziehung eher überschätzt: Rund die Hälfte der Persönlichkeitsmerkmale von Eltern werden ihren Angaben nach an die Kinder vererbt.
Schläfrig, fröhlich, eigensinnig – wer schon einmal mit einem Säugling interagiert hat, weiß, dass auch Babys bereits eine individuelle Persönlichkeit haben. Allerdings ist diese noch nicht so stabil wie bei erwachsenen Menschen: „Wir sprechen am Anfang des Lebens aber noch nicht von Persönlichkeit, sondern von frühkindlichem Temperament“, sagt die Entwicklungspsychologin Birgit Elsner von der Universität Potsdam gegenüber der Apotheken Umschau. Typischerweise zeige sich der „echte“ Charakter von Kindern erst im Kindergartenalter oder sogar noch später.
Frühkindliche Bindungserfahrungen sind essenziell

Dazu prägen auch die Bindungserfahrungen, die Kleinkinder in den ersten zwei Jahren mit ihren primären Bezugspersonen – in der Regel den Eltern – machen, oft ein Leben lang. Das zeigt sich sogar im Gehirn: Wenn Kinder frühkindliche Traumata durchleben mussten, betrifft dies vor allem die Gehirnteile, die mit Umgang mit Stress, Selbstberuhigung, Empathie und Impulshemmung zu tun haben.