Innerer Taktgeber: Dieselbe kohlenhydratreiche Mahlzeit kann je nach Tageszeit unseren Blutzuckerspiegel unterschiedlich stark in die Höhe treiben. Doch diese Stoffwechsel-Reaktion ist nicht bei allen Menschen gleich, sondern hängt zusätzlich von unserem individuellen Biorhythmus ab, wie eine neue Studie zeigt. Wie schädlich Kohlenhydrate sind, hängt demnach davon ab, ob wir sie mit oder entgegen unserer inneren Uhr essen. Späte Chronotypen sollten „Carbs“ sowohl morgens als auch abends meiden.
Menschen unterscheiden sich in ihrem zirkadianen Biorhythmus – „Lerchen“ stehen früh auf, während „Eulen“ biologisch bedingt länger schlafen. Entsprechend essen diese Chronotypen meist auch früher beziehungsweise später. Ein fester Tagesablauf – vorgegeben durch Schule, Studium oder Job – führt jedoch häufig dazu, dass Menschen entgegen ihrer inneren Uhr essen. Manche Menschen frühstücken zum Beispiel früh morgens, obwohl sie sich aufgrund ihres späten Chronotyps noch in der biologischen Schlafphase befinden. Auf der anderen Seite essen Menschen mit einem frühen Chronotyp wegen sozialer Aktivitäten manchmal ‚zu spät‘ zu Abend.
Aus früheren Studien ist zudem bekannt, dass kohlenhydratreiche Mahlzeiten zu verschiedenen Tageszeiten einen unterschiedlich starken Anstieg des Blutzuckers auslösen. Demnach kann unser Körper Glucose im Blut abends und nachts schlechter regulieren als morgens. Entsprechend sind Kohlenhydrate am Abend schädlicher für unseren Stoffwechsel als am Morgen und setzen abends leichter an.
Wie beeinflusst die innere Uhr den Blutzuckerspiegel?
Ein Forschungsteam um Bianca Stutz von der Universität Paderborn hat nun untersucht, inwieweit sich der individuelle Biorhythmus auf den Glucosespiegel im Blut auswirkt. „Wir wollten untersuchen, ob sich diese tageszeitlichen Unterschiede in der Glucoseantwort auch bei Studierenden mit einem frühen und späten Chronotyp finden“, erklärt Koautorin Bettina Krüger von der Universität Paderborn. Dafür untersuchten die Forschenden zunächst 327 Studierende im Alter von 18 bis 25 Jahren und sortierten sie nach ihrem Biorhythmus, basierend auf ihren Schlafenszeiten.
Die 45 Studierenden mit dem frühsten und spätesten Chronotyp nahmen anschließend an einer Ernährungsstudie teil. Ihr natürlicher Rhythmus unterschied sich um knapp zwei Stunden. Die Testpersonen erhielten kohlenhydratreiche Mahlzeiten mit einem hohen glykämischen Index, die sie zu vorgegebenen Uhrzeiten verzehrten. An einem Tag aßen die Studierenden diese Snacks um 7 Uhr morgens, an einem anderen Tag um 20 Uhr abends. An den Tagen davor und danach erhielten sie normale Mahlzeiten.
Mit einem speziellen Messgerät zeichneten Stutz und ihre Kollegen jeweils den Blutzuckerspiegel der Probanden nach den Mahlzeiten auf, alle fünf Minuten über einen Zeitraum von zwei Stunden und 24 Stunden. Diese Glucoseantwort verglichen sie dann mit der inneren Uhr der Studierenden.
„Eulen“ und „Lerchen“ verarbeiten Kohlenhydrate unterschiedlich
„Wie erwartet zeigten Studierende mit einem frühen Chronotyp – die Lerchen – eine höhere Glucoseantwort auf die abendlich verzehrte Mahlzeit“, berichtet Stutz. Ein kohlenhydratreiches Gericht führte bei diesen Menschen abends zu einem höheren Blutzuckerspiegel als morgens. Das deckt sich mit früheren Befunden, wonach die Glucosetoleranz über den Tagesverlauf abnimmt.
Doch das trifft offenbar nicht auf alle Menschen zu. „Bei den Studierenden mit einem späten Chronotyp – den Eulen – war die morgendliche Glucoseantwort ähnlich hoch wie am Abend“, so Stutz. Bei Menschen mit einem späten Biorhythmus ist es demnach gleichermaßen nachteilig, wenn sie eine kohlenhydratreiche Mahlzeit früh oder spät zu sich nehmen. Ihr Stoffwechsel reagiert morgens genauso schlecht auf die Kohlehydratzufuhr wie abends.
„Eulen“ sollten lieber später frühstücken
„Ein sehr frühes Frühstück scheint für Eulen kritisch zu sein, wenn es reichlich ungünstige Kohlenhydrate enthält“, sagt Seniorautorin Anette Buyken von der Universität Paderborn. „Eulen sollten daher nicht nur abends, sondern auch morgens auf die Qualität der Kohlenhydrate achten und lieber später frühstücken.“ Auch wenn das bedeutet, das Frühstück mit zur Uni, in die Schule oder ins Büro zu nehmen. Im Stundenplan sollte daher Zeit für ein spätes Frühstück für Menschen mit spätem Chronotyp geschaffen werden, rät das Team.
Die Ergebnisse bestätigen jedoch auch, dass ein kohlenhydratreiches Essen spät abends immer nachteilig für den Blutzucker ist – unabhängig vom Chronotyp. Lerchen müssen sich demnach zwar weniger Gedanken um ihr Frühstück machen, sollten aber ebenfalls auf späte „Carbs“ verzichten. (European Journal of Nutrition, 2024; doi: 10.1007/s00394-024-03372-4)
Quelle: Universität Paderborn