Paläontologie

Neue Fossilien vom größten Meeressaurier

Fund eines weiteren Kieferknochens bestätigt enorme Größenschätzung

Ichthyotitan
Ichthyotitan severnensis ist der größte bekannte Meeressaurier der Welt. © Gabriel Ugueto /CC-by 4.0

Riese der Meere: Im Südwesten Englands haben Paläontologen einen weiteren Kieferknochen des größten bekannten Meeressauriers gefunden. Er lebte vor 202 Millionen Jahren und konnte mit bis zu 26 Metern Länge wahrscheinlich ähnlich groß werden wie ein Blauwal. Der neue Knochenfund ist deutlich besser erhalten als der erste und erlaubt daher nun auch die offizielle Benennung der Art: Ichthyotitan severnensis.

Mit einem Gewicht von bis zu 200 Tonnen und einer Körperlänge von bis zu 33 Metern gilt der Blauwal als größtes Lebewesen aller Zeiten. Doch auch schon lange vor ihm – in der späten Trias vor rund 200 Millionen Jahren – wurden die Meere bereits von Riesen beherrscht. Es war die Ära gigantischer Fischsaurier wie dem bis zu 21 Meter langen Shonisaurus sikanniensis, dessen fossile Überreste im heutigen Kanada gefunden wurden. Auch in den Schweizer Alpen sind Paläontologen bereits auf Fossilien eines 20 Meter langen Meeressauriers gestoßen.

Fossilienfunde
Der neue Fund (oben) im Vergleich zu den Kieferfragmenten aus 2016 © Dr. Dean Lomax

Ein Gigant unter Riesen

Doch sie alle werden in den Schatten gestellt von dem Besitzer eines gigantischen Kieferknochens, der 2016 an der Küste der englischen Grafschaft Somerset entdeckt wurde. Die enorme Knochenlänge von 96 Zentimetern deutet daraufhin, dass das zugehörige Tier einst 20 bis 26 Meter lang werden konnte – ähnlich groß wie ein Blauwal. Das macht das Reptil zum größten bekannten Meeressaurier und zu einem der größten Lebewesen aller Zeiten.

Nun ist nur wenige Kilometer vom ersten Fundort entfernt ein weiteres Kieferfragment aufgetaucht. Mit über zwei Meter Länge ist es noch einmal deutlich größer und außerdem besser erhalten als der erste Fund. „Wir hatten gehofft, dass eines Tages ein weiteres Exemplar ans Tageslicht kommen würde. Ich war, gelinde gesagt, sehr aufgeregt“, sagt Dean Lomax von der University of Bristol, dessen Team die Funde untersucht hat.

Ichthyotitan
So könnte ein am Strand angeschwemmter Ichthyotitan ausgesehen haben. © Sergey Krasovskiy /CC-by 4.0

Lebensweise bleibt unbekannt

Dass beide Fragmente von derselben Spezies stammen, verrät den Paläontologen neben der schieren Knochengröße auch eine zum Verwechseln ähnliche Mikrostruktur des Knochengewebes. Lomax und seine Kollegen haben die neue Fischsaurier-Art auf den Namen Ichthyotitan severnensis getauft – „Riesenfisch von der Mündung des Flusses Severn“. Die damalige Größenschätzung von 20 bis 26 Metern hat sich durch den neuen Fund weiter bestätigt.

„Die Vorstellung, dass gigantische Ichthyosaurier von der Größe eines Blauwals während der Triaszeit in den Ozeanen um das Vereinigte Königreich herum schwammen, ist schon bemerkenswert. Diese Kieferknochen sind ein verlockender Hinweis darauf, dass vielleicht eines Tages ein vollständiger Schädel oder ein Skelett eines dieser Giganten gefunden werden könnte. Man kann nie wissen“, sagt Lomax.

Bis dahin bleibt jedoch weiterhin unklar, wie genau der Riesenfischsaurier einst gelebt hat: Ob er etwa ähnlich wie ein Blauwal große Mengen Krill aus dem Wasser filterte oder sich räuberisch wie ein Orca ernährte. Die Struktur des neuesten Ichthyotitan-Knochens deutet lediglich daraufhin, dass das Tier zum Zeitpunkt seines Todes vor 202 Millionen Jahren noch nicht ausgewachsen war.

Ein jähes Ende

So oder so gehörten die britischen Ichthyotitanen aber zu den letzten Meeresriesen ihrer Zeit. Denn nur wenige Millionen Jahre nach dem Tod der geborgenen Exemplare ereilte unseren Planeten das vierte große Massenaussterben. Rund die Hälfte aller marinen Gattungen wurden dabei für immer ausradiert. Einige Fischsaurier-Spezies überlebten zwar, aber sie wurden nie wieder so groß wie in der späten Trias. (PLoS ONE, 2024; doi: 10.1371/journal.pone.0300289)

Quelle: PLOS, University of Manchester

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