Vieles in der Welt um uns herum nehmen wir für gegeben hin. Wenn wir an einem Frühlingsmorgen auf den Balkon hinaustreten, wundern wir uns nicht darüber, dass der Boden unter unseren Füßen fest ist. Wir atmen selbstverständlich die gasförmige Luft und können bei Bedarf die Blumen mit Wasser gießen. Nichts davon kommt uns außergewöhnlich vor. Wenn man aber ganz tief hineinblickt in die Materie, die uns umgibt, findet sich allerhand Erstaunliches. Beispielsweise die Tatsache, dass die Gießkanne so schwer ist, wie sie ist.

Verborgene Kraft im Inneren des Atomkerns
Nicht direkt mit Gießkannen, aber mit erstaunlichen Phänomenen der Teilchenphysik befasst sich Ulrich Wiedner, Professor an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) – unter anderem mit der Frage, wie Masse entsteht. Der Experimentalphysiker ist seit vielen Jahren Mitglied großer Forschungskollaborationen und auf der Suche nach exotischen Teilchen. Dabei interessiert er sich besonders für die Gluonen. Diese Teilchen sind die Träger der starken Wechselwirkung, sozusagen der Kleber im Inneren der Materie.
Wirkungsort der Gluonen sind die Atomkerne, die aus positiv geladenen Protonen und ungeladenen Neutronen bestehen. Diese Kernbausteine wiederum sind aus kleineren Teilchen zusammengesetzt, den Quarks. Erst die Gluonen sorgen dafür, dass die Quarks in Dreierkombinationen zusammenhalten und so die Protonen oder Neutronen bilden.
Dabei entstehen jedoch einige merkwürdige Phänomene. So bilden drei Quarks zusammen ein Proton. Aber die Masse des Protons ist rund zehnmal größer als die Massen der drei Quarks zusammengenommen. Wie entsteht diese zusätzliche Masse? „Sie muss aus der starken Wechselwirkung kommen, in der sehr viel Energie steckt“, ist Ulrich Wiedner überzeugt. Will man all die Phänomene erklären können, die sich um die starke Wechselwirkung ranken, so muss man daher die starke Wechselwirkung selbst verstehen, das heißt die Natur der Gluonen ergründen.