Grüne Erfolgsgeschichte: Genetiker haben herausgefunden, wie die ersten Landpflanzen rauen Bedingungen wie Trockenheit und Temperaturschwankungen trotzen konnten. Das Geheimnis liegt demnach in uralten Süßwasseralgen-Genen, die die Landpflanzen weiterentwickelten und zum Bau zellulärer Schutzschilde einsetzten. Das lässt sich am genetischen Code der eng verwandten Jochalgen ablesen, der nun zum ersten Mal überhaupt geknackt worden ist.
Unsere fischigen Vorfahren waren nicht die einzigen und schon gar nicht die ersten Lebewesen, die sich vor langer Zeit aus dem Wasser aufs Land gewagt haben. Zu dem Zeitpunkt, als sie die Ozeane hinter sich ließen, hatten die Pflanzen ihnen schon längst einen üppigen grünen Teppich ausgerollt und so alles andere Leben an Land überhaupt erst ermöglicht. Durch sie waren die Böden fruchtbar und die Atmosphäre sauerstoffreich geworden.
Doch wie genau sich die ersten Landpflanzen, die sogenannten Embryophyta, vor etwa 550 Millionen Jahren an Land etablieren konnten, bleibt ein großes Rätsel. Denn außerhalb des Wassers waren sie mit zahlreichen lebensfeindlichen Bedingungen konfrontiert, darunter Temperaturschwankungen, Trockenheit und ultravioletter Strahlung.
Algen-DNA als Schlüssel
Fest steht allerdings, dass die ersten Landpflanzen einst aus Süßwasseralgen hervorgegangen sind. Ihre engsten noch lebenden Verwandten sind die fadenförmigen, robusten Jochalgen (Zygnematales). Mit dieser 4.000 Arten umfassenden Gruppe teilen sich die Landpflanzen einen gemeinsamen Urahnen. Den genetischen Code der Jochalgen zu kennen, könnte uns somit auch den Ursprüngen der terrestrischen Pflanzen näherbringen.
Forschende um Xuehuan Feng von der University of Nebraska-Lincoln haben daher nun erstmals die Genome von vier verschiedenen Jochalgen-Stämmen entschlüsselt und darin nach Anhaltspunkten für die Anfänge der Landpflanzen gesucht. Im Fokus standen dabei unter anderem die sogenannten MADS-Box-Gene, die bei Blütenpflanzen für die Entwicklung von Blüten und Früchten zuständig sind.
„MADS-Box-Gene kommen aber auch bei anderen Pflanzen vor und sind vermutlich generell dafür verantwortlich, dass sie unterschiedliche Organe und Strukturen ausbilden können, was für heutige Landpflanzen charakteristisch ist“, erklärt Koautorin Lydia Gramzow von der Universität Jena.
Spezielle Gene ermöglichten Anpassungen
Tatsächlich besitzen auch die analysierten Jochalgen eigene MADS-Box-Gene – und zwar direkt in zwei verschiedenen Varianten, wie Feng und sein Team berichten. Eine ist für moderne Landpflanzen typisch, die andere kommt nur in Algen vor. „Unsere Vermutung ist, dass im Laufe der Evolution die algentypischen MADS-Box-Gene in den Vorfahren der Landpflanzen verloren gegangen sind und dadurch die Variante die Oberhand gewann, die heute für die Landpflanzen charakteristisch ist“, so Gramzow.
Dadurch konnten die Urahnen der Landpflanzen wahrscheinlich zelluläre Strukturen und Organe entwickeln, die sie das raue Landleben überdauern ließen. Unter anderem fanden die Forschenden heraus, dass die frühen Landpflanzen ihre Zellwände mithilfe spezieller Enzyme umstrukturierten, um sich so besser vor intensiver UV-Strahlung und Trockenheit zu schützen. Auch entdeckte das Team einige wichtige Signalgene, mit denen die ersten Landpflanzen offenbar flexibler auf schwankende Umweltbedingungen reagieren konnten.
Im Laufe der Zeit wurden die Anpassungen der Landpflanzen dann immer ausgefeilter, sodass sie selbst abseits von Ufern und Flüssen noch an genügend Wasser kamen und irgendwann schließlich ganze Wälder bildeten. (Nature Genetics, 2024; doi: 10.1038/s41588-024-01737-3)
Quelle: University of Nebraska-Lincoln, Friedrich-Schiller-Universität Jena