Medizin

Diamanten leuchten im MRT

Diamantstaub als Alternative zum umstrittenen MRT-Kontrastmittel Gadolinium?

Diamanten
Nanometerkleine Diamanten leuchten im MRT hell auf und könnte sich daher als verträglichere Kontrastmittel-Alternative zum umstrittenen Gadolinium eignen. © whitehoune/ iStock

Überraschende Entdeckung: Nanometerfeiner Diamantstaub leuchtet im Magnetresonanztomografen (MRT) hell und anhaltend auf, wie Forschende durch Zufall entdeckt haben. Blutgefäße und selbst einzelne Fresszellen ließen sich mit den Nanodiamanten erstaunlich gut sichtbar machen. Damit könnte sich der Diamantstaub als ungiftiges medizinisches Kontrastmittel eignen – und das umstrittene und potenziell schädliche MRT-Schwermetall Gadolinium ablösen, wie das Team berichtet.

Bei medizinischen Untersuchungen mittels Magnetresonanztomografie (MRT) setzen Mediziner oft Kontrastmittel ein, um bestimmte Gewebe, Organe oder auch Tumore besser sichtbar zu machen. Bisher wird dafür das Seltenerdmetall Gadolinium eingesetzt. Das Problem jedoch: Dieses Kontrastmittel verteilt sich unkontrolliert im Körper und kann sich sogar im Gehirn anreichern, wie Studien gezeigt haben. Zudem wird es über das Abwasser in Flüsse und Seen gespült und gelangt darüber auch in unser Trinkwasser.

Weil die Folgen dieser umfassendem und zunehmenden Gadolinium-Anreicherung in Umwelt, Nahrungskette und menschlichem Körper noch unklar sind, suchen Wissenschaftler schon länger nach einer Kontrastmittel-Alternative.

Leuchtender Staub im MRT

Jetzt könnten Jelena Lazovic vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart und ihren Kollegen fündig geworden sein – durch Zufall. Eigentlich testeten sie spezielle Gelkapseln für die Applikation von Medikamenten. Nanometerkleine Diamantkörnchen sollten aufgrund ihrer günstigen thermischen Eigenschaften dabei helfen, die Kapseln im Körper aufzubrechen. „Ich wollte eigentlich wissen, ob sich die Kapseln mit den Diamanten im Inneren besser erwärmen würden“, berichtet Lazovic.

Im Magnetresonanztomografen verfolgte das Team, wie sich die in Testlösungen eingelegten Kapseln verhielten. Dabei zeigte sich Überraschendes: In den MRT-Aufnahmen leuchteten die Nanodiamanten hell auf – heller als das Kontrastmittel Gadolinium. „Der Diamantstaub scheint bessere signalverstärkende Eigenschaften zu haben als Gadolinium. Das hatte ich nicht erwartet“, sagt Lazovic. Zwar haben andere Studien bereits gezeigt, dass an Gadolinium angelagerte Nanodiamanten quasi mitleuchten. Dass der Diamantstaub aber auch allein wie ein Kontrastmittel reagiert, war unbekannt.

Gitterdefekte als magnetische Zentren

Doch was bringt die eigentlich nichtmagnetischen Diamanten im MRT zum Strahlen? „Warum Diamantstaub in unserem MRT hell leuchtet, ist uns immer noch ein Rätsel“, sagt Lazovic. „Möglicherweise haben die Teilchen einen Defekt in ihrem Kristallgitter, der sie leicht magnetisch macht. Deshalb verhalten sie sich wie das T1-Kontrastmittel Gadolinium.“

Solche Gitterdefekte in Form von fehlenden Kohlenstoffatomen oder Fremdatomen können Diamanten farbig machen, ihnen aber auch neue elektromagnetische Eigenschaften verleihen. „Die strukturellen Defekte im Diamanten, wie Fehlstellen, können paramagnetische Eigenschaften haben und dadurch als Kontrastmittel in der Magnetresonanz-Tomografie fungieren“, erklärt das Team.

DIamanten als Kontrastmittel
Nanodiamanten heben Strukturen in Hühnerembryos beim MRT hell hervor. © Lazovic et al./ Advanced Materials, CC-by 4.0

Markierung von Organen und sogar Immunzellen

Um der potenziellen Eignung der Nanodiamanten als MRT-Kontrastmittel nachzugehen, führten die Wissenschaftler weitere Tests mit Hühnerembryos durch. Diesen injizierten sie jeweils zehn Mikroliter einer Lösung mit zuvor erhitztem oder naturbelassenem Diamantstaub und scannten die sich entwickelnden Embryos anschließend einmal pro Tag. Das Ergebnis: Die Nanodiamanten ließen die Blutgefäße der Hühnerembryos noch drei Tage später im MRT aufleuchten.

In weiteren Tests konnten auch Organe wie Nieren und Leber oder Ansammlungen von Fresszellen des Immunsystems auf diese Weise sichtbar gemacht werden. „MRT in Kombination mit Nanodiamanten-markierten Immunzellen könnte damit für die Visualisierung von Entzündungen, Tumorinfiltrationen, für das Tracking von Immunzellen oder verabreichten Medikamenten eingesetzt werden“, erklären die Forschenden. Anders als Gadolinium breiten sich die winzigen Diamantpartikel zudem nicht unkontrolliert aus.

Nach Ansicht von Lazovic und ihren Kollegen könnten sich Nanodiamanten damit als verträgliche Alternative für das MRT-Kontrastmittel Gadolinium eignen. „Nanodiamanten haben wegen ihrer Biokompatibilität, Ungiftigkeit und vielfältigen Anwendbarkeit großes Potenzial“, so das Team. Nun müssen weitere Tests zeigen, ob Nanodiamanten auch im klinischen Einsatz gut verträglich und sicher wären. (Advanced Materials, 2024; doi: 10.1002/adma.202310109)

Quelle: Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme

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