Seit 20 Jahren vorhergesagt, jetzt endlich erzeugt: Chemikern ist es erstmals gelungen, ein metallorganisches Sandwich-Molekül mit zwei verschiedenen Metallatomen im Zentrum zu synthetisieren. Damit haben sie eine ganz neue Klasse dieser chemisch vielseitig einsetzbaren Moleküle geschaffen – heterobimetallische Dimetallocene. Bei der jetzt erzeugten Verbindung liegen ein Lithium- und ein Aluminium-Atom zwischen zwei Fünfringen aus Kohlenwasserstoffen.
Ob bei der Katalyse, in der Elektrochemie oder für die Synthese spezieller Kunststoffe: Metallorganische Sandwich-Moleküle gehören schon seit gut 70 Jahren zu den wichtigsten Helfern der Chemie. Sie bestehen aus zwei flachen, ringförmigen Kohlenwasserstoffverbindungen, die ein zentrales Metallatom einschließen – wie zwei Toastscheiben den Belag. 1973 gab es für das erste dieser Metallocene, das „Ferrocen“, den Chemie-Nobelpreis.
Sandwich mit zwei verschiedenen Füllungen
Lange ließen sich solche Sandwich-Moleküle aber immer nur mit einem einzelnen Metallatom herstellen. Erst 2004 gelang einem Forschungsteam erstmals die Synthese eines Dimetallocens mit zwei Zinkatomen zwischen den Kohlenwasserstoffringen. 2023 folgte dann eine zweite Variante mit zwei Berylliumatomen. Doch schon 2004 ergaben quantenchemische Berechnungen und Comtpuermodellierungen, dass solche Dimetallocene theoretisch auch mit zwei unterschiedlichen Metallatomen stabil sein müssten. Alle Versuche, ein solches Molekül im Labor zu erschaffen, blieben jedoch erfolglos.
Bis jetzt: Inga Bischoff und ihren Kollegen von der Universität des Saarlandes ist es nun erstmals gelungen, ein Dimetallocen mit zwei unterschiedlichen Metallatomen herzustellen. Sie banden ein Lithium- und ein Aluminiumatom zwischen zwei Kohlenwasserstoff-Fünfringe ein. „Unser heterobimetallisches Dimetallocen stellt quasi eine völlig neue Klasse von Sandwich-Molekülen dar”, erläutert Seniorautor André Schäfer.
Lithium und Aluminium im Zentrum
Bis dieser Durchbruch gelang, war jedoch einiges an Vorarbeit und Ausprobieren nötig. „Die Frage, wie genau die Ringe aus Kohlenstoffatomen auszusehen haben, spielt eine ebenso große Rolle wie die Frage, welche Metallatome man miteinander kombiniert und einbaut. Diese müssen nämlich in ihrer elektronischen Struktur zueinander passen”, erläutert Bischoff. Hinzu kommt, dass dieses Sandwich-Molekül extrem reaktionsfreudig ist und daher nur in einer reinen Stickstoff- oder Argonatmosphäre gebildet werden kann.
Doch nach mehreren Monaten der Tests klappte es. „Wir haben in unserem ‚heterobimetallischen Dimetallocen‘ die beiden Metalle Lithium und Aluminium eingebaut“, berichtet Bischoff. „Es gab Berechnungen, die vorhersagten, dass sie in einem solchen Molekül gut zusammenpassen würden, weil ihre elektronische Struktur in gewisser Weise der von zwei Zinkatomen ähnelt, von denen wir ja schon wussten, dass sie ein stabiles Dimetallocen-Molekül bilden können.“
Mehr als nur ein weißes Pulver
Das Ergebnis ist ein Molekül, in dem jede der beiden organischen Ringverbindungen mit einem der beiden Metallatome assoziiert ist. Das Lithium und das Aluminiumatom wiederum sind miteinander verbunden. „Für das bloße Auge sieht es einfach aus wie ein weißes Pulver. Aber ich kann mich noch genau erinnern, wie wir zum ersten Mal die experimentell bestimmte Molekülstruktur am Computer gesehen haben und wussten, dass es ein Sandwich-Molekül mit zwei unterschiedlichen Metallatomen ist“, sagt Schäfer.
Noch sind die Eigenschaften dieses heterobimetallischen Dimetallocens erst in Ansätzen geklärt. Erste Tests ergaben aber, dass die Bindung zwischen den beiden Metallatomen relativ leicht wieder zu lösen ist – anders als bei den Dimetallocenen mit zwei gleichen Metallatomen. Noch steht die Forschung zu dieser neuen Klasse von Sandwich-Molekülen aber naturgemäß ganz am Anfang, wie die Chemiker betonen.
Dennoch sehen sie in ihrem Lithium-Aluminium-Sandwich einen ersten vielversprechenden Schritt zu noch weiteren solcher heterogenen Verbindungen. „In Zukunft könnte es auch möglich sein, weitere solcher Dimetallocen-Moleküle mit anderen Metallatomen zu synthetisieren, wenn wir weitere passende Kombinationen von Metallen finden“, sagt Schäfer. (Nature Chemistry, 2024; doi: 10.1038/s41557-024-01531-y)
Quelle: Universität des Saarlandes