Bis zum 26. April 2024 bedeutete der Bau einer Solaranlage im Eigenheim noch massiven Aufwand auf Seiten der Hausbesitzer, denn selbst kleinere Anlagen benötigten eine Zertifizierung. Die Folge: Papierchaos und Bürokratiestau. Für die Beantragung des Zertifikats waren nicht nur mehrere umfangreiche Anträge nötig, die Behörden waren mit der Bearbeitung auch so überfordert, dass die Zertifizierung teilweise mehr als ein Jahr brauchte.
Solarpaket soll bürokratische Hürden abbauen
Dieses Problem will die deutsche Bundesregierung beseitigen, denn der Antragszettelkrieg ist laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck „mittlerweile ein echtes Investitionshemmnis“. Und hier kommt das Solarpaket 1 ins Spiel: Die Reform soll Bürokratie abbauen und zunehmenden Ausbau der Solarenergie in Deutschland weiter beschleunigen. „Wir räumen Hemmnisse aus dem Weg und bekämpfen das Bürokratie-Dickicht“, kommentiert Habeck die Entscheidung.
Dafür identifizierte man über 50 bürokratische Hemmnisse, die im Gesetzespaket konkret abgebaut werden sollen. Unter anderem soll für Balkon-PV die Anmeldung beim Netzbetreiber entfallen. Daneben wird die Direktvermarktung von Strom insgesamt flexibler und die Weitergabe von PV-Strom beispielsweise in Mietshäusern deutlich erleichtert.
Unterstützung für Dachanlagen und weniger Bürokratie für Balkon
Konkret werden die Regelungen für PV-Anlagen beispielsweise auf Mietwohnungen oder dem Mehrfamilienhaus stark vereinfacht. Das Problem bisher: Mieter konnten kaum persönlich erzeugten Solarstrom nutzen, weil sie nicht über die Dachflächen verfügten. Dies war bisher nur Vermietern möglich. Doch diesen wurden viele Steine in den Weg gelegt. „Bislang werden Vermieter, die Mieterstrom realisieren, de jure zum Stromversorger. Das stellt sie vor ausufernde Bürokratie. Zudem können sie sich nicht sicher sein, dass sich die PV-Anlage auch rechnet, weil die Mieter nicht dauerhaft an die Abnahme des Stroms vom eigenen Dach gebunden sind“, erklärt Konrad Adenauer, der Präsident von Haus & Grund Rheinland Westfalen.
Mit dem Solarpaket 1 können sie nun den Strom kostengünstig und mit weniger Auflagen an ihre Mieter weitergeben. „Mit der sogenannten „Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung“ wird es ermöglicht, PV-Strom innerhalb eines Gebäudes gemeinsam und unbürokratisch zu nutzen – ohne wie bisher alle Pflichten eines Stromversorgers erfüllen zu müssen“, heißt es auf der Webseite der Bundesregierung.
Unterstützung für Balkonanlagen
Ebenfalls verbessert werden die Regeln für Balkonsolaranlagen: Statt zwei Anmeldungen wie bisher wird in Zukunft lediglich eine stark vereinfachte Anmeldung beim Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur erforderlich sein. Das Solarpaket 1 sieht mittelfristig vor, dass Nutzende ihre Balkonkraftwerke auch über ganz normale Schutzkontakt-Stecker anschließen dürfen, wie sie auch andere Haushaltsgeräte mit Strom versorgen.
Außerdem musste man bisher, wenn man sich eine Balkonanlage kaufen wollte, einen sogenannten Zweirichtungszähler einbauen lassen. Diese sollen zum Zweck der Datenerfassung Einspeisung und Verbrauch getrennt erfassen, statt wie normalerweise üblich einfach nur die Gesamtsumme durch Vor- oder Rückwärtslaufen zu erfassen. Um Balkonanlagen-Interessenten den zeitaufwendigen Zählerwechsel zu ersparen, wird mit Inkrafttreten des Solarpakets auch eine Nutzung des Rückwärtszählers vorübergehend geduldet.