Ernährung

Erste Schokolade aus der ganzen Frucht

Neuartige Schokolade nutzt auch Fruchtfleisch und Schale der Kakaofrucht – und ist gesünder

Schokolade und Kakaofrucht
Bisher wird für die Schokoladenherstellung nur ein kleiner Teil der Kakaofrucht verwendet. Doch es geht auch anders. © ustavomellossa / Getty Images

Nachhaltiger Genuss: Eine neuentwickelte Schokolade enthält weniger Zucker, dafür mehr gesunde Inhaltsstoffe und Ballaststoffe des Kakaos – und schmeckt trotzdem genauso gut. Möglich wird dies, weil dafür nicht nur die Kakaobohnen verwendet werden, sondern auch Teile des Kakao-Fruchtfleisches und der Schale. Sie liefern zusätzliche Süße, die Zucker einsparen hilft und den Nährwert erhöht, wie Forschende in „Nature Food“, berichten. Die vollständigere Verwertung der Kakaofrucht macht diese Nascherei zudem ökologisch nachhaltiger.

Ob als Tafel, Praline oder Schokoriegel – Schokolade ist für viele Menschen unwiderstehlich. Kein Wunder: Die aus den Samen des Kakaobaums hergestellte Süßigkeit schmeckt nicht nur gut, sie kann auch die Stimmung aufhellen, Stress verringern und soll sogar die Gedächtnisleistung verbessern. Dummerweise enthält Schokolade aber neben den gemahlenen Kakaobohnen auch jede Menge Fett und Zucker – und das macht dick.

Zudem ist die Kakaoproduktion alles andere als nachhaltig: Für die Schokolade werden nur die fermentierten, gerösteten Kakaobohnen genutzt, sie liefern die Kakaomasse samt dem enthaltenen Fett. Der Rest der Kakaofrüchte, darunter das Fruchtfleisch (Pulpe), die harte, spröde Außenschale und die helle Innenschale (Endokarp), werden hingegen kaum genutzt. Teile davon werden als Dünger verwendet, der Rest meist verbrannt.

Schokoladen-Herstellung
Bei der neuen Kakaofruchtschokolade genutzte Kakaobestandteile (links) und bei der herkömmlichen Schokolade. © Kim Mishra

Mehr als nur die Bohnen

Doch es geht auch anders, wie nun Forschende um Kim Mishra von der ETH Zürich belegen. Sie haben eine Schokolade entwickelt, die neben den Kakaobohnen auch Teile der Pulpe und des Endokarps enthalten. Der Vorteil: Weil das Fruchtfleisch sehr süß ist, kann man Teile des normalerweise bei Schokolade zugesetzten Kristallzuckers weglassen. Zudem enthält diese neuartige Kakaofruchtschokolade mehr gesunde Ballaststoffe.

Für die Entwicklung des neuen Schokoladenrezepts trocknete das Team das faserreiche Endokarp und Teile der Kakaofrucht-Schale und zermahlten es zu einem Pulver. Dieses wird dann mit dem Fruchtfleisch vermischt. Der große Vorteil: Weil das Kakao-Endokarp viel Pectin enthält, wirkt es wie ein Gelierungsmittel. Es bindet das im Fruchtfleisch enthaltene Wasser und es entsteht ein süßes Gelee.

20 Prozent Gelee sind optimal

Die perfekte Rezeptur für die Kakaofruchtschokolade zu finden, war allerdings nicht einfach. Im Labor testeten Mishra und sein Team systematisch die Konsistenz der verschiedenen Zusammensetzungen. Eine Gruppe geschulter Geschmackstester prüfte zudem für jede Mischung die Süße und den Geschmack. Zu viel des aus der Pulpe gewonnenen Fruchtsafts lässt die Schokolade verklumpen, zu wenig davon macht sie nicht süß genug.

Es zeigte sich: Man kann einer Schokolade maximal 20 Prozent Gelee beimischen, dann ist das richtige Verhältnis von Süße und Konsistenz erreicht. Die natürliche Süßkraft des Kakao-Fruchtfleischs entspricht etwa der von fünf bis zehn Prozent zugesetztem Haushaltszucker – dadurch lässt gegenüber einer handelsüblichen Zartbitterschokolade fast die Hälfte des zugesetzten Zuckers einsparen. Die genaue Rezeptur für die Kakaofruchtschokolade wurde von der ETH bereits zum Patent angemeldet.

Weniger gesättigte Fette und mehr Ballaststoffe

Die neue Kakaofruchtschokolade kann aber auch bei weiteren Inhaltsstoffen punkten: Sie enthält nur 23 Gramm gesättigte Fettsäuren, bei normaler dunkler Schokolade sind es rund 33 Gramm. „Gesättigte Fettsäuren im Übermaß können ein Gesundheitsrisiko darstellen. Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem erhöhten Konsum gesättigter Fettsäuren und einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, erklärt Mishra.

Positiv auch: Die Kakaofruchtschokolade hat dank des Kakaogelees einen höheren Gehalt an Ballastoffen als eine durchschnittliche dunkle Schokolade. „Nahrungsfasern sind physiologisch wertvoll, weil sie die Darmaktivität auf natürliche Weise regulieren und den Blutzuckerspiegel beim Verzehr von Schokolade weniger schnell ansteigen lassen“, so Mishra. Insgesamt erhöht sich dadurch der gesunde Nährwert der Kakaofruchtschokolade.

Mehr Einkommen für Kakaobauern

Die neue Schokoladenrezeptur hat zudem das Potenzial, die Einkommensquellen von Kleinbauern zu diversifizieren. Denn wenn nicht nur die Kakaobohnen für die Schokoladenproduktion genutzt und vermarktet werden, sondern auch weitere Bestandteile der Frucht, können die Kleinbauern ihre Produktpalette diversifizieren und ihr Einkommen erhöhen.

„Die Bauern könnten also neben dem Handel mit Kakaobohnen auch den Saft aus der Pulpe sowie das Endokarp trocknen, es zu Pulver mahlen und verkaufen“, erklärt Mishra. „Damit könnten sie insgesamt drei Wertschöpfungsströme generieren. Und wenn die Wertschöpfung der Kakaofrucht höher ist, ist dies auch nachhaltiger.“

Doch bevor die Kakaofruchtschokolade im Laden zu kaufen ist, wird es noch etwas dauern: „Nun muss erst einmal die gesamte Wertschöpfungskette vervollständigt werden, angefangen bei den Kakaobauern, die Trocknungsanlagen benötigen“, sagt Mishra. „Erst wenn genug Pulver hergestellt wird, kann die Kakaofruchtschokolade in größerem Maßstab durch einen Schokoladenproduzenten hergestellt und vermarktet werden.“ Dennoch: Ein erster Schritt zu einer nachhaltigeren und gesünderen Schokolade ist bereits getan. (Nature Food, 2024; doi: 10.1038/s43016-024-00967-2)

Quelle: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)

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