Klima

Erdbeobachtungssatellit EarthCARE gestartet

Europäisch-japanischer Satellit soll Effekte von Wolken und Aerosolen auf das Klima erkunden

EarthCARE
Der neue Erdbeobachtungssatellit EarthCARE wird das Wechselspiel von Wolken, Aerosolen und Sonneneinstrahlung erforschen. © ESA/ ATG medialab

Zuwachs für die Klimaforschung: Am Mittwoch ist der bisher größte und komplexeste Satellit des europäischen Erdbeobachtungsprogramms ins All gestartet. Der Satellit EarthCARE wird das Innenleben und Profil von Wolken erkunden und die Effekte von Aerosolen auf Atmosphäre und Klima messen. Seine vier Instrumente liefern dabei zuvor unerreichte Einblicke. Dies trägt dazu bei, diese wichtigen Akteure im Klimageschehen besser zu verstehen.

Unser Klima wird maßgeblich von der komplexen Wechselwirkung der Sonneneinstrahlung mit den Atmosphärengasen, aber auch den Wolken und Aerosole in der irdischen Gashülle geprägt. Doch gerade der Effekt der flüssigen und festen Schwebteilchen in unserer Atmosphäre ist bisher erst in Teilen verstanden. Denn Aerosole und Wolken können je nach Beschaffenheit und Höhe sowohl abkühlend als auch erwärmend auf das Erdklima wirken.

EarthCARE-Satellit
Wegen seines Aussehens hat der Satellit EarthCARE auch den Spitznamen Weißer Drache“. © ESA/ATG medialab

Ein neuer Blick in die Atmosphäre

An diesem Punkt setzt die Mission des neuen Erdbeobachtungssatelliten EarthCARE (Earth Cloud Aerosol and Radiation Explorer) an. Der von der europäischen Weltraumorganisation ESA gemeinsam mit der japanischen Raumfahrtagentur JAXA entwickelte Satellit soll einen bisher einzigartigen Einblick in das „Innenleben“ unserer Erdatmosphäre bieten. Der aufgrund seines Aussehens auch „Weißer Drache“ genannte Forschungssatellit ist am 29. Mai 2024 um 00:20 Uhr unserer Zeit erfolgreich mit einer Falcon-9-Rakete von SpaceX in die Erdumlaufbahn gestartet.

„Die europäisch-japanische Erdbeobachtungsmission EarthCARE wird unser Verständnis zu Klima- und Wetterphänomenen maßgeblich vorantreiben“, sagt Walther Pelzer vom Vorstand des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der 17,2 Meter lange, 3,50 Meter hohe Satellit und rund 2,2 Tonnen schwere Satellit ist der bisher größte und komplexeste des ESA-Erdbeobachtungsprogramms.

Mit LIDAR, Wolkenprofil-Radar…

Einsatzort des EarthCARE-Satelliten ist eine sonnensynchrone Umlaufbahn in rund 393 Kilometer Höhe. Von dort aus wird er die Erdatmosphäre mit vier sich gegenseitig ergänzenden Instrumenten durchleuchten. Gemeinsam liefern sie Informationen für insgesamt 40 verschiedene Datenprodukte – zum Beispiel zur Wolkenbildung und -klassifizierung, zur Zusammensetzung der Aerosolschicht, zum Strahlungshaushalt der Atmosphäre aber auch zu Regen- und Schneeeigenschaften wie der genauen Tropfen- und Flockengröße.

Das erste Instrument an Bord von EarthCARE ist das Atmosphären-Lidar ATLID, das mithilfe von Laserstrahlen ein vertikales Profil von Aerosolen und Wolken in der Erdatmosphäre erstellt und dabei Eigenschaften wie Höhe, Dichte und Aerosoltyp erfasst. Das Wolkenprofilradar CPR ermöglicht es, das „Innenleben“ von Wolken zu beobachten und detaillierte Einblicke in deren vertikale Struktur und Geschwindigkeit, Partikelgrößenverteilung und Wassergehalt zu gewinnen. Das hilft unter anderem dabei, Bildung und Auflösung von Wolken besser zu verstehen.

…Multispektral-Aufnahmen und Breitband-Radio

Während diese beiden Instrumente immer nur schmale Querschnitte der Atmosphäre zeigen, hat das dritte Instrument, der Multispektral-Imager MSI, ein größeres Sichtfeld. Das Instrument nimmt hochauflösende Bilder in mehreren Spektralbändern des sichtbaren und infraroten Lichtspektrums auf. Dies ermöglicht es, zwischen verschiedenen Arten von Wolken und Aerosolen unterscheiden und mehr über ihre Zusammensetzung und Verteilung zu erfahren. Durch die Zusammenführung der Lidar-, Radar- und Multispektraldaten erhalten Wetter- und Klimaforscher dreidimensionale Informationen über Wolken und Aerosole.

Das vierte Instrument an Bord ist das Breitbandradiometer BBR (Broad-Band Radiometer), das die reflektierte Strahlung in der Atmosphäre aus drei Richtungen vermisst. „So kann die Menge der reflektierten Sonnenstrahlung und der von der Erde ausgehenden Wärmestrahlung bestimmt werden“, erklärt Albrecht von Bargen, der die EarthCARE-Mission bei der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR betreut. „Diese Messungen können unser derzeitiges Verständnis der Wechselwirkung zwischen Aerosolen, Wolken und Energiebilanz unseres Planeten entscheidend verbessern.“

Parallele Flugzeugmessungen fürs Eichen

Nach seiner Ankunft im Orbit durchläuft der EarthCARE-Satellit nun zunächst eine sechsmonatige „Commissioning“-Phase. In dieser werden seine Messinstrumente geeicht und mithilfe des DLR- Forschungsflugzeugs HALO (High Altitude and Long Range Research Aircraft) überprüft. Bei vielen dieser Flüge wird HALO genau unter dem EarthCARE-Satelliten fliegen, so dass die Messungen vom Satelliten, vom Forschungsflugzeug und von den Bodenstationen exakt vergleichbar sind.

Im August 2024 beginnen die Messflüge von den Kapverden aus, später folgen Flüge über Barbados und im Herbst dann über Europa. Mit den drei Flugzielen verfolgen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedliche Ziele: „Über den Kapverden haben wir eine komplexe Situation unterschiedlicher Aerosole und Wolken, von flacher zu hochreichender Bewölkung, und können besonders gut die Wechselwirkung dieser Schwebeteilchen untersuchen“, erklärt Silke Groß vom DLR.

„Bei den Flügen rund um Barbados erwarten wir eine geänderte Wolken- und Aerosolstruktur. Und mit den Flügen von Oberpfaffenhofen aus, untersuchen wir die Aerosole und Wolken von den Alpen bis in den Mittelmeerraum, die sich noch einmal deutlich von denen der anderen Flugziele unterscheiden“, so die DLR-Forscherin.

„Mission kommt zur richtigen Zeit“

Nach dieser Eichungsphase wird EarthCARE dann seinen wissenschaftlichen Betrieb aufnehmen. „Die Mission kommt zur richtigen Zeit. Denn unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse auf diesem Gebiet voranzubringen, ist wichtiger denn je, um den Klimawandel zu verstehen und entsprechend handeln zu können“, betont Simonetta Cheli von der ESA, Leiterin des Erdbeobachtungsprogramms. „Ich bin schon sehr gespannt auf die ersten Daten.“

Quelle: European Space Agency (ESA), Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

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