Es ist still geworden in den einst so rastlosen Städten der Menschheit. Längst hat die Natur Wolkenkratzer, Tankstellen und Straßen zurückerobert und überzieht alles mit einem grünen, blühenden Teppich. Die meisten Menschen sind verschwunden, dahingerafft von einem tödlichen Laborvirus, das eigentlich zur Heilung von Alzheimer gedacht war. An ihre Stelle sind Affen getreten. Von dem Virus zu menschenähnlicher Intelligenz befähigt, haben sie eigene Städte und Gesellschaften errichtet: einen Planeten der Affen.
Affen als Erben der Menschen?
Diese Dystopie zeichnet die neueste Verfilmung des gleichnamigen Romans von Pierre Boulle aus dem Jahr 1963. Neben zahlreichen ethischen Fragen zum Thema Zoos und Tierexperimente stellt die Geschichte auch die Frage nach einem neuen Herrscher der Welt: Wer würde die dominante Spezies dieses Planeten werden, wenn es die Menschheit nicht mehr gäbe?
Irgendwo erscheint es nur logisch, dass Affen uns als Herrscher der Erde beerben würden. Schließlich ist uns kein Tier ähnlicher als sie. Mit dem Schimpansen teilen wir zum Beispiel 98 Prozent unseres Erbgutes. Ebenso wie wir beherrscht unser haariger Verwandter eine ausgefeilte Kommunikation, lebt im komplexen Sozialverbund und ist überdurchschnittlich intelligent. Schimpansen erkennen sich zum Beispiel selbst im Spiegel, nutzen Werkzeuge und haben ein sehr gutes Gedächtnis.
Auch andere Menschenaffen besitzen besondere kognitive und soziale Fähigkeiten. So betrauern Gorillas zum Beispiel ihre Toten und Orang-Utans behandeln ihre Wunden mit Heilpflanzen. Käme nun noch ein Intelligenz-Upgrade per Laborvirus hinzu, während ein Großteil der Menschheit verschwindet und den Affen Platz zur Entfaltung einräumt, erscheint es durchaus plausibel, dass die Erde zu einem Planeten der Affen wird.
Warum das Szenario hakt
Doch was auf der Leinwand glaubhaft erscheinen mag, funktioniert so in der Wirklichkeit eher nicht. Angefangen bei dem Virus: Wenn es für Menschen tödlich ist, dann mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch für Menschenaffen wie Schimpansen und Gorillas. Dafür sind wir uns anatomisch und genetisch einfach zu ähnlich, wie Evolutionsbiologe Luc Bussiere von der University of Stirling erklärt. Wahrscheinlich würde ein solches Virus die Affen sogar noch vor den Menschen ausrotten, da alle Menschenaffen-Arten ohnehin bereits als gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht gelten, so Bussiere weiter.
Aber gehen wir für einen Moment trotzdem davon aus, dass die Menschheit von heute auf morgen tot umfällt und alle anderen Primaten verschont bleiben. Selbst in diesem Szenario bräuchte es – zumindest ohne fiktives Virus – wahrscheinlich noch Millionen von Jahren, bis ein Schimpanse sich zu einem wahrhaft menschlichen Wesen weiterentwickeln könnte. Schließlich haben auch wir Menschen sechs bis sieben Millionen Jahre gebraucht, um zu dem zu werden, was wir sind, nachdem wir uns evolutionär von der Linie der Schimpansen abgespalten haben.
Warum sollte unser Erbe uns ähneln?
Die Frage bleibt allerdings, wieso heutige Menschenaffen überhaupt im Laufe der Zeit menschlicher werden sollten – und ob dieses Potenzial überhaupt in ihren Genen steckt. Denn es ist ein ziemlich selbstverliebter Irrglaube, dass am Ende von Millionen von Jahren andauernder Evolution immer ein Wesen in menschlichem Gewand stehen muss – quasi als finales Level der Evolution.
Dass wir so geworden sind, wie wir sind, haben wir einem einzigartigen Zusammenspiel aus Umweltfaktoren und Anpassungen zu verdanken. Im Falle unserer Spezies war eine fortgeschrittene Intelligenz dabei das Geheimrezept zum Überleben. Aber das muss es längst nicht bei jeder Art sein. Wenn Schimpansen und Gorillas nach unserem Ableben weiterhin genug zu fressen finden und sich auch sonst keinen neuen Herausforderungen stellen müssen, wieso sollten sie sich überhaupt verändern? Und wieso alle in dieselbe Richtung, wenn sie doch an völlig verschiedenen Orten mit jeweils eigenen Umweltbedingungen leben?
Das Szenario eines Planeten der Affen bröckelt also an allen Fronten und ist somit extrem unwahrscheinlich. Daher müssen wir uns bei der Suche nach dem nächsten Weltenherrscher erst einmal vom Schimpansen in Menschengestalt lösen und unseren Suchradius erweitern.