Sonnensystem

Erster Nachweis negativer Ionen auf dem Mond

ESA-Instrument auf der Mondsonde Chang'e-6 detektiert zuvor verborgene Teilchen

Mondoberfläche
Dieses Bild stammt von der Mondsonde Chang'e-6 und zeigt die Mondoberfläche in ihrer Umgebung. Hier gelang auch die erste Messung negativer Ionen auf dem Mond. © CNSA/CLEP

Lunare Entdeckung: Zum ersten Mal hat ein Messinstrument negative Ionen auf der Mondoberfläche nachgewiesen – und damit eine zuvor verborgene Komponente des lunaren Plasmas. Die negativ geladenen Teilchen entstehen, wenn Sonnenwind und kosmische Strahlung auf den lunaren Regolith treffen. Weil diese Ionen sehr kurzlebig sind, lassen sie sich nur vor Ort detektieren. Möglich wurde dies dank eines europäischen Messinstruments auf der chinesischen Mondsonde Chang’e-6.

Die Oberfläche des Mondes ist dem Sonnenwind und der kosmischen Strahlung weitgehend schutzlos ausgesetzt, denn es gibt keine Atmosphäre und kein schützendes Magnetfeld. Dadurch führt das ständige Bombardement mit energiereichen geladene Teilchen zu photochemischen und elektrochemischen Reaktionen des lunaren Regoliths: Statische Aufladung bringt Mondstaub zum Schweben, lässt den Mond im Gammalicht hell aufleuchten und ionisiert Moleküle und Atome des Mondmaterials.

Einige dieser ionisierten Mondmoleküle haben Raumsonden im Mondorbit bereits nachgewiesen – allerdings nur positiv geladenen Ionen. Negative Ionen sind kurzlebiger und daher nicht aus dem All detektierbar, wie die Europäische Weltraumagentur ESA erklärt. Daher war bisher unklar, ob auch negative sekundäre Teilchen auf der Mondoberfläche entstehen.

Chang'e-6
Diese Aufnahme eines kleinen Begleitrovers zeigt Chang’e-6 auf der Mondoberfläche. Grün eingerahmt ist das NILS-Instrument (Pfeil). © CNSA/CLEP

Ein Ionendetektor als Beiladung

Doch das hat sich nun geändert: Zum ersten Mal hat ein Messinstrument auch negative Ionen auf dem Mond nachgewiesen – indem es direkt vor Ort nach ihnen fahndete. Möglich war dies durch die chinesische Mondsonde Chang’e-6, die am 2. Juni 2024 im Südpol-Aitken-Becken des Mondes gelandet ist. Hauptaufgabe dieser Sonde war es zwar, Mondgesteinsproben zu sammeln und zurück zur Erde zu bringen. Parallel dazu hatte Chang’e-6 aber auch einige Messinstrumente an Bord, darunter auch einen Detektor der ESA.

Rund 280 Minuten nach Landung von Chang’e-6 aktivierte das ESA-Team um Neil Melville den „Negative Ions at the Lunar Surface“-Detektor (NILS). Dieses vom schwedischen Institut für Weltraumphysik entwickelte Gerät umfasst ein Massenspektrometer, das Ionen, Elektronen und neutrale Atome erfassen und ihre Energie mithilfe elektrostatischer Analysen und einem Time-of-Flight-Detektor messen kann. NILS ist das erste auf negative Ionen ausgelegte Instrument, das jenseits der Erde Messungen durchführt.

„Erwartungen weit übertroffen“

Bei den aktuellen Messungen auf dem Mond sammelte NILS jeweils für rund 20 Minuten Daten und pausierte dann. „Wir wechselten zwischen kurzen Phasen mit voller Leistung und längeren Phasen des Abkühlens, weil sich das Instrument aufgeheizt hat“, berichtet Neil Melville von der ESA. Die Landesonde und ihr Standort lagen zu diesem Zeitpunkt im vollen Sonnenlicht – und damit auch im Sonnenwind, was für die Ionenmessungen wichtig war.

Und tatsächlich: Das NILS-Instrument detektierte die Präsenz negativer Ionen auf dem Mond, wie das ESA-Team berichtet. „Wir haben Daten einer Qualität und Menge gesammelt, die unsere Erwartungen weit übertroffen haben“, sagt Melville. „Dies ist damit nicht nur die erste Aktivität der ESA auf der Oberfläche des Mondes und die erste lunare Kooperation mit China – es ist auch eine wissenschaftliche Erstleistung.“

Neue Einblicke in die lunare Umwelt

Noch sind die Forschenden dabei, die gemessenen Daten genauer auszuwerten, entsprechende Fachpublikationen sind in Arbeit. Schon jetzt liefert der erste Nachweis negativer Ionen auf dem Mond aber spannende Ansatzpunkte für die Forschung: „Diese Beobachtungen werden uns helfen, die Bedingungen der lunaren Oberfläche besser zu verstehen“, sagt Martin Wieser vom Institut für Weltraumphysik. Die Daten und weitere Messungen dieser Art erlauben aber auch Rückschlüsse auf andere Himmelskörper ohne Atmosphären.

Quelle: European Space Agency (ESA)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Astronaut auf dem Mond

Mission Artemis - Das neue Mondprogramm der USA – und seine Erfolgsaussichten

Bücher zum Thema

Der Mond - Entstehung, Erforschung, Raumfahrt von Ralf Jaumann, Ulrich Köhler, Buzz Aldrin und Thomas Reiter

Top-Clicks der Woche