Astronomie

Beta Pictoris: Rätsel um verschwundenen Staub

Daten des James-Webb-Teleskops enthüllen Asteroidenkollision um nahen Stern

Beta Pictoris
Der nahe Stern Beta Pictoris ist noch in der Phase der Planetenbildung. Dabei gab es offenbar eine Kollision zweier großer Asteroiden. © NASA/ Lynette Cook

Erst da, dann weg: Manchmal ist eine Nicht-Beobachtung aufschlussreicher als ein Fund – so auch beim nahen Stern Beta Pictoris. Um ihn hatten Astronomen vor 20 Jahren eine auffällige Staubsignatur beobachtet. Doch jetzt fehlt von diesem Staub jede Spur, wie neue Daten des James-Webb-Teleskops belegen. Das brachte Forschende auf die mögliche Ursache dieser Stauberuption: die katastrophale Kollision zweier riesiger Asteroiden.

Kollisionen von Asteroiden, aber auch von Protoplaneten und übriggebliebenen Planetenbausteinen sind im Kosmos und auch in unserem Sonnensystem Alltag. Zahlreiche Brocken im Asteroidengürtel und auch viele erdnahe Asteroiden sind Trümmer eines solchen Zusammenstoßes von einst größeren Mutterobjekten. Eine solche Asteroidenkollision vor 470 Millionen Jahren könnte der Erde einen wahren Meteoritenregen beschert haben. Der Erdmond wiederum verdankt seine Existenz einer Protoplanetenkollision.

Junger Stern mit wachsenden Planeten

Jetzt könnten Astronomen Belege für einen gewaltige Asteroidenkollision auch in einem fremden Planetensystem entdeckt haben. Ort des Geschehens ist der rund 63 Lichtjahre entfernte massereiche Stern Beta Pictoris. Er ist erst rund 20 Millionen Jahre alt und damit – verglichen mit den 4,5 Milliarden Jahren unserer Sonne – ein stellarer Säugling. Dadurch erlaubt dieser Stern spannende Einblicke in die Frühzeit von Planetensystemen wie dem unsrigen.

Tatsächlich ist die Planetenbildung um Beta Pictoris in vollem Gange. Der Stern besitzt mindestens zwei junge Gasriesen, die mehrere Jupitermassen schwer sind. In der rotierenden Scheibe aus Gas und Staub könnten aber noch weitere Planeten im Entstehen sein. „Beta Pictoris ist in einem Alter, in dem die Zone der terrestrischen Planeten noch heftige Kollisionen durchlebt“, erklärt Christine Chen von der Johns Hopkins University in Baltimore. „Deshalb könnte wir hier quasi in Echtzeit mitverfolgen, wie sich dort Gesteinsplaneten und andere feste Himmelskörper bilden.“

Auffällige Staubwolken

Einen Versuch dazu unternahmen Astronomen schon vor 20 Jahren mit dem NASA-Weltraumteleskop Spitzer. Dank seiner Infrarotoptiken konnte dieses Teleskop die Wärmeabstrahlung der Staubscheibe genauer erfassen und so deren Struktur enthüllen. Im Lichtspektrum des jungen Planetensystems zeigten sich dabei mehrere auffällige Peaks – Hinweise auf Zonen besonders dichten, heißen Staubs im Umfeld des Sterns.

Astronomen gingen damals davon aus, dass diese Staubwolken durch ständige Kontakte der steinernen Planetenbausteine entstehen: Die unzähligen kleineren Brocken geben den Staub bei Kollisionen, seitlichem Vorbeischrammen oder Einschlägen auf größeren Objekten ab. Er wird dadurch immer wieder neu erzeugt – so die Annahme.

Infrarotspektren
Infrarotspektren von Beta Pictoris des Spitzer-Weltraumteleskops (rot) von 2004/05 und des James-Webb-Teleskops von 2023. © Roberto Molar Candanosa/ Johns Hopkins University

Wo ist der Staub geblieben?

Doch als nun Chen und ihr Team den Stern Beta Pictoris erneut genauer ins Auge nahmen, diesmal mit dem höher auflösenden James-Webb-Weltraumteleskop, erlebten sie eine Überraschung: Die Staubsignaturen waren verschwunden. Dort, wo früher im Infrarotspektrum klar erkennbare „Buckel“ in der Kurve lagen, zeigten die Spektraldaten des Webb-Teleskops nur eine stetige, glatte Linie. Die Zonen dichten Staubs im Umfeld des Sterns gab es offenbar nicht mehr.

Aber wo war er geblieben? Immerhin handelte es sich dabei um eine enorme Menge an Staub – rund 100.000-mal so viel wie beim Zermahlen des „Dinokiller“-Asteroiden freigeworden wäre, wie Chen erklärt. „Die in unsern Augen naheliegendste Erklärung ist, dass wir damals die Nachwehen eines seltenen kataklysmischen Ereignisses beobachtet haben – die Kollision zweier großer Objekte.“ Dieser Zusammenstoß pulverisierte die beteiligten Asteroiden und erzeugte die dichten Staubwolken.

Wie besonders ist das Sonnensystem?

Verschwunden ist dieser Staub heute deshalb, weil die intensive Strahlung des jungen Sterns die fein zermahlenen Kollisionstrümmer relativ schnell aus dem System hinausblies, wie die Astronomen erklären. „Als diese Staubwolke dann durch das Planetensystem wehte, könnte sie auch die jungen Gasplaneten im Orbit von Beta Pictoris getroffen haben“, so Chen und ihre Kollegen. Solche Ereignisse und ihre Nachwehen könnte damit auch die Entwicklung junger Planeten beeinflussen.

„Wir versuchen durch solche Untersuchungen zu klären, wie der Bildungsprozess von Gasplaneten und terrestrischen Planeten abläuft und ob diese Abläufe selten oder häufig sind“, erklärt Koautor Kadin Worthen von der Johns Hopkins University. „Letztlich läuft es auch auf die Frage hinaus, ob unser Sonnensystem gängig oder ein Sonderling ist.“ (244th Meeting of the American Astronomical Society, 2024)

Quelle: Johns Hopkins University

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Das Sonnensystem - Planeten und ihre Entstehung von Bernd Lang

Armageddon - Der Einschlag von Nadja Podbregar, Ralf Blasius, Harald Frater und Stefan Schneider

Top-Clicks der Woche