Große Teile der Grenze des Imperium Romanum bestanden aus natürlichen Flussläufen und Küsten. Diese sicherten die Römer lediglich in einigen Kilometern Abstand mit Kastellen, Forts und Wachposten, häufig an strategischen Punkten wie Flussübergängen. Zusätzlich patrouillierten sie die Wassergrenzen per Schiff oder Pferd. Ähnlich sah es an den Wüstenrändern aus. Dort errichteten die Römer ihre Festungen meist in der Nähe von Oasen und Gewässern.
An den restlichen Abschnitten des Limes war hingegen deutlich mehr Aufwand nötig. Dort errichteten die römischen Legionäre umfassende Grenzanlagen. Zu Anfang schlugen sie dabei in der Regel eine Schneise im Wald oder zwischen Feldern, die auch dem ursprünglichen Sinn des lateinischen Wortes „limes“ entspricht. Entlang dieser Schneise bauten die Römer anschließend in regelmäßigen Abständen hölzerne Wachtürme. Dabei achteten sie darauf, dass diese stets in Sichtweite zueinander blieben. Je nach Gelände bedeutete dies einen Abstand von nur einigen hundert Metern oder bis zu zwei Kilometern.
Vom Lattenzaun zur massiven Barrikade
Ergänzend ließen die römischen Kaiser am Limes aus Ästen geflochtene Zäune oder massivere Palisaden aus Holzbrettern oder angespitzten Baumpfählen errichten. Parallel zu diesen mehr oder weniger durchgängigen Barrikaden verliefen in der Regel Fahrwege oder befestigte Militärstraßen.
Nach einigen Negativerfahrungen wurde die Grenze mancherorts zusätzlich mit einem v-förmigen Graben versehen. Die ausgehobene Erde schütteten die Soldaten als Erdwall direkt daneben wieder auf. „Der Spitzgraben hatte eine Tiefe von circa zwei Metern, der Erdwall wird entsprechend hoch gewesen sein“, sagt der Historiker Thomas Becker. So wurde aus einer einfachen Waldschneise eine dauerhafte Barriere, die auch berittene Angriffe abwehren sollte.
Stein ersetzt Holz
Wo heute für Grenzanlagen Stachldraht, Metallzäune, Betonwände und Stahlpfosten verwendet werden, nutzten die Römer ausschließlich natürliches Baumaterial. Im Laufe der Zeit wurden die hölzernen Konstrukte der Römer allerdings schrittweise durch stabile Steinbauten ersetzt, die Wind und Wetter besser standhielten. Das galt zuerst für die Türme, später auch für die Barrikaden, die zu Mauern wurden. Die Türme wurden auch „verputzt und farbig bemalt“, berichtet Claus-Michael Hüssen vom Deutschen Archäologischen Institut.
Wie die meisten römischen Bauwerke waren auch die Militärbauten am Limes „präzise und im rechten Winkel angelegt“, so Hüssen. Die Grundrisse der Kastelle bildeten in der Regel ein Quadrat oder Rechteck, die der Türme hatten mitunter auch die Form eines Hufeisens oder Fächers. Obwohl ihr Verlauf manchmal willkürlich gewählt war, verliefen die Limites zwischen den Grenzposten häufig schnurgerade.
Je bedrohlicher der Feind, desto dicker die Mauern
Wie genau die einzelnen Limites aussahen und wie massiv deren Bollwerke waren, hing jedoch auch von der Region ab. „In den verschiedenen Landschaften musste die Grenze unterschiedlichen Ansprüchen genügen und wurde daher unterschiedlich ausgebaut“, erklärt etwa das Limesmuseum in Aalen. Im Orient bauten die Römer ihre Kastelle beispielsweise nicht aus Naturstein, sondern Lehmziegeln. Eine durchgehende robuste Befestigung des Limes aus Holz war dort weder nötig noch möglich.
Hinzu kommt, dass in Gebieten mit aggressiveren Nachbarn – wie den Germanen oder iranischen Sarmaten – robustere Grenzanlagen nötig waren als andernorts. Der raetische Limes hatte daher beispielsweise bis zu drei Meter hohe und einen Meter dicke Steinmauern, der Hadrianswall sogar bis zu 4,5 Meter hohe und drei Meter dicke Mauern. Daneben verlief zusätzlich ein drei Meter tiefer Graben und dazwischen lagen Gruben mit angespitzten Pfählen. Auch die Größe der Schiffsflotten auf Rhein und Donau richtete sich nach der jeweiligen Bedrohungslage.
Siedlungen an Kasernen und Kastellen
Anders als die Wachtürme lagen die Kastelle meist nicht direkt am Limes, sondern einige Kilometer entfernt im Hinterland. Neben Schlafsälen für die Soldaten und Ställen für die Pferde besaßen diese Festungen auch Gemeinschaftsräume, Vorratskammern und Waffenlager, Werkstätten sowie manchmal auch ein Lazarett. In den gut gesicherten Anlagen waren feste Truppen von mehreren hundert oder bis zu tausend Soldaten stationiert, die dort häufig mitsamt ihren Familien lebten, wie Funde von Kleidung und Briefe belegen.
Mancherorts lebten Frauen und Kinder der Legionäre hingegen in angrenzenden Siedlungen statt im Kastell selbst. In diesen Vicus genannten Orten lebten neben Militärangehörigen auch zivile Bürger wie Händler und Handwerker.
Verstärkung bei Gefahr
Bei Bedarf alarmierten die drei bis acht Wachposten auf den Limes-Türmen die Legionäre in den Festungen, die daraufhin über die gut ausgebauten Straßen zur Grenze ausrückten. „Verständigt hat man sich mit den Besatzungen der Nachbartürme wohl über Meldereiter, im Fall von Gefahr auch über optische oder akustische Signale“, so Becker. Das waren je nach Tageszeit und Wetter zum Beispiel Fackeln, Rauchsignale, Spiegelreflexionen der Sonne oder Signalhörner.
Bei größeren Angriffen konnten die Soldaten zudem Verstärkung aus anderen Kastellen oder größeren Legionslagern in der Umgebung anfordern. Die Etappe zwischen den Kasernen-Standorten dauerte allerdings oft einen halben oder ganzen Tagesmarsch. Wie genau die Truppenverlegungen abliefen und welche Strapazen das bedeutete, haben Römerfans 2023 in einem Selbstversuch bei einem Marsch entlang des obergermanisch-raetischen Limes erprobt – samt historischer Ausrüstung und Verpflegung.