Astronomie

Auf dem Mars schlagen täglich Meteoriten ein

Marsbeben verraten erstmals Anzahl der Meteoriteneinschläge

Bilder von drei Kratern nach Meteoriteneinschlägen auf dem Mars
Bilder von drei Meteoriteneinschlägen, die erst mithilfe des Seismometers in der NASA-Sonde InSight entdeckt wurden. Später machte die HiRISE-Kamera des Reconnaissance Orbiters der NASA, der den Mars umkreist, diese Aufnahmen. © NASA/JPL-Caltech/University of Arizona

Gesteinsregen: Auf dem Mars schlagen häufiger Meteoriten ein als gedacht. Bis zu 360 dieser Himmelskörper treffen jährlich auf die Marsoberfläche, wie Forschende anhand der damit verbundenen Beben ermittelt haben. Die basketballgroßen Meteoriten hinterlassen dabei mindestens acht Meter große Krater. Die Daten könnten nun genutzt werden, um künftige Mars-Missionen sicherer zu gestalten und um das geologische Alter des Mars und anderer Planeten genauer zu bestimmen.

Auf die Erde fallen jährlich rund 17.000 Meteoriten. Solange ihr Schweif nicht am Nachthimmel zu sehen ist, werden sie allerdings nur selten bemerkt. Denn die meisten Meteoriden zerfallen, wenn sie in die Erdatmosphäre eintreten. Auf dem Mars ist die Atmosphäre jedoch hundertmal dünner. Dadurch schlagen auf dem roten Planeten häufiger größere Meteoriten ein als auf der Erde. Wie viele Einschläge es genau sind, war bislang jedoch unklar.

Im Gegensatz zum Mond, wo die bei Einschlägen verursachten Krater eine gute Schätzung der Meteoritenrate ermöglichen, sind die Krater auf dem Mars durch regelmäßige Sandstürme verschüttet oder im Gebirge verborgen. Auf Weltraumbildern sind Marskrater daher wenn überhaupt nur in flachen Regionen zu erkennen.

Krater nach einem Meteoriteneinschlag auf dem Mars
Diese Krater bildeten sich bei einem Meteoriteneinschlag am 5. September 2021 – dem ersten Meteoriteneinschlag, der von der InSight-Mission der NASA aufgezeichnet wurde. Das farbverstärkte Bild wurde von der HiRISE-Kamera des Mars Reconnaissance Orbiter der NASA aufgenommen. Es zeigt den Staub und Boden im Krater in blau, um Details sichtbarer zu machen. © NASA/JPL-Caltech/University of Arizona

Seismische Daten verraten Einschläge

Ein Team um Ingrid Daubar von der Brown University in Providence hat nun genauer ermittelt, wie viele Meteoriten auf dem Mars einschlagen. Dafür werteten die Planetenforscher erstmals seismische Daten von Marsbeben aus, die von einem Messgerät in der NASA-Raumsonde InSight auf der Marsoberfläche zwischen 2019 und 2022 aufgezeichnet wurden. Sie dokumentieren die seismischen Wellen, die sich bei der Kollision mit einem Meteoriten in Kruste und Mantel des Planeten ausbreiten.

Diese Daten verglichen Daubar und ihre Kollegen zudem mit Bildern der Marsoberfläche, die der Reconnaissance Orbiter der NASA aus dem Weltraum aufgenommen hatte. Sie zeigen die von den Einschlägen verursachten Krater.

Fast jeden Tag ein neuer Krater auf dem Mars

Die Analyse ergab, dass sechs über Kraterbilder identifizierte Marsbeben Teil einer viel größeren Gruppe von Beben mit sehr hoher Frequenz waren. Diese Erschütterungen gehen überwiegend auf Meteoriten zurück, die mit hoher Geschwindigkeit auf den Planeten treffen, wie das Team erklärt. Insgesamt identifizierten Daubar und ihre Kollegen anhand der seismischen Daten im Untersuchungszeitraum 80 weitere Marsbeben, die wahrscheinlich durch einen Meteoriteneinschlag ausgelöst wurden.

Aus dem Vergleich der seismischen Daten mit den Bildern geht außerdem hervor, dass auf der Oberfläche des Mars fast jeden Tag ein neuer Krater von acht Meter Durchmesser entsteht – verursacht durch einen basketballgroßen Meteoriten. Etwa einmal im Monat bildet sich zudem ein Krater mit 30 Meter Durchmesser. „Wir haben die Durchmesser der Krater anhand der Stärke und Entfernung der Hochfrequenz-Marsbeben geschätzt“, erklärt Koautorin Natalia Wójcicka vom Imperial College London.

Bis zu 360 Meteoriten pro Jahr

„Anhand dieser Schätzungen haben wir dann berechnet, wie viele Krater sich im Laufe eines Jahres um die InSight-Sonde gebildet hatten. Diese Daten haben wir extrapoliert, um die Anzahl der jährlichen Einschläge auf der gesamten Marsoberfläche zu schätzen“, erklärt Wójcicka weiter.

Aus diesen Berechnungen geht hervor, dass jedes Jahr zwischen 280 und 360 Meteoriten auf dem Planeten einschlagen und Krater mit mindestens acht Meter Durchmesser hinterlassen. Das sind viel mehr als bislang angenommen, wie das Team berichtet. „Die ermittelte Rate ist etwa fünfmal höher als die Zahl der Einschläge, die allein anhand von bildgebenden Verfahren geschätzt wurde“, sagt Koautorin Géraldine Zenhäusern von der ETH Zürich.

Mehr Sicherheit für Mars-Missionen

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Seismologie in Kombination mit der Analyse von Weltraumbildern ein hervorragendes Instrument zur Messung der Einschlagsraten ist“, schließt Zenhäusern. Dadurch ist nun erstmals eine ungefähre Häufigkeit der Meteoriteneinschläge auf dem Mars bekannt.

Die genaue Zahl und das Ausmaß der Einschläge zu kennen, ist unter anderem für künftige Marsmissionen wichtig, damit Raumsonden und Astronauten vor den Kollisionen und den damit verbundenen Erschütterungen geschützt werden können. „Diese Daten werden in die Planung zukünftiger Missionen zum Mars einfließen“, sagt Koautor Domenico Giardini von der ETH Zürich.

Altersdatierung von Planeten

Doch auch das Alter der Marsoberfläche kann anhand der ermittelten Kraterzahl nun genauer bestimmt werden. Denn ältere Regionen weisen mehr Einschläge auf als geologisch jüngere Areale. „Indem wir seismische Daten verwenden, um besser zu verstehen, wie oft Meteoriten den Mars treffen und wie diese Einschläge seine Oberfläche verändern, können wir damit beginnen, eine Zeitleiste der geologischen Geschichte und Entwicklung des roten Planeten zusammenzusetzen“, erklärt Wójcicka. „Man könnte es sich als eine Art ‚kosmische Uhr‘ vorstellen, die uns hilft, Marsoberflächen und vielleicht später andere Planeten im Sonnensystem zu datieren.“

In Folgestudien soll nun eine künstliche Intelligenz dabei helfen, weitere Krater auf Satellitenbildern sowie seismische Ereignisse in den Daten zu identifizieren. Zudem sollen weitere Raumsonden Seismometer auf dem Mars platzieren, um mehr Daten von Marsbeben zu sammeln. (Nature Astronomy, 2024; doi: 10.1038/s41550-024-02301-z / Science Advances, 2024; doi: 10.1126/sciadv.adk7615)

Quellen: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich), Imperial College London, Brown University

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