Versteckte Falle: Vor 1,4 Millionen Jahren starben zahlreiche Südmammuts und andere Großsäuger in einem ausgedehnten Feuchtgebiet in Südspanien – aber warum? Den Grund für diesen urzeitlichen Elefanten-Friedhof haben Forschenden nun entdeckt. Geologische Analysen enthüllten, dass die massigen Rüsseltiere damals in Treibsand geraten sein müssen und einsanken. Solcherart fixiert, wurden die Südmammuts zur leichten Beute für Hyänen, aber auch für Frühmenschen.
Immer wieder gibt es Orte, an denen Mammuts und andere Großsäuger gehäuft zu Tode gekommen sind. In einigen Fällen lässt sich dies durch die Jagdpraxis früher Menschen erklären. Sie trieben Herden dieser Tiere beispielsweise über steile Klippen oder in riesenhafte Wildtierfallen, um sie leichter erlegen zu können. Auch ein kürzlich in der Ostsee entdeckter Steinwall könnte unseren Vorfahren als Jagdhilfe gedient haben.
Doch in einigen Fällen kamen unseren Vorfahren auch natürliche Fallen zu Hilfe. Die berühmten Asphaltgruben von La Brea in Kalifornien beispielsweise wurden für tausende von Eiszeittieren – vom Mastodon bis zu Säbelzahnkatzen zur Todesfalle.
Elefantenknochen und Frühmenschenspuren
Eine ähnlich auffällige Ansammlung früher Großsäuger liegt im Süden Spanien in der Nähe von Granada. Dort haben Archäologen in einer rund 1,4 Millionen Jahre alten Sedimentschicht Dutzende Relikte von großen Pflanzenfressern wie Bisons, Nashörnern, Nilpferden, Urpferden und Südmammuts (Mammuthus meridionalis) entdeckt. Diese Vorfahren der Wollhaar- und Steppenmammuts wurden bis zu vier Meter hoch und waren die ersten Rüsseltiere, die Afrika verließen und Eurasien und Nordamerika besiedelten.
Das Spannende jedoch: Ein kleiner Teil dieser Fossilien trägt deutliche Spuren menschlicher Bearbeitung. „Diese Schnitt- und Schlagspuren an den Knochen entstanden beim Entbeinen der Tiere und dem Zerschlagen der Knochen, um an ihr Mark zu gelangen“, erklären Paul Palmqvist von der Universität Malaga und seine Kollegen. Zusammen mit Steinwerkzeugen und einem fossilen Frühmenschenzahn repräsentiert diese Fuente Nueva 3 getaufte Fundstätte den frühesten Beleg für die Präsenz des Menschen in Westeuropa, wie das Team berichtet.
Warum starben die Südmammuts?
Doch wie gelang es den Frühmenschen, die massigen Südmammuts und andere Großsäuger in so großer Zahl zu erlegen? Um dieses Rätsel zu lösen, haben Palmqvist und sein Team die Sedimentschichten von Fuente Nueva 3 einer genaueren geologischen Untersuchung unterzogen. Schon zuvor war bekannt, dass dieser eiszeitliche „Friedhof der Elefanten“ einst in einer ausgedehnten, von feuchten, sumpfigen Bereichen durchzogenen Senke lag. Mikrofossilien legen nahe, dass das Gebiet zudem immer wieder vom nahen Meer überflutet wurde.
Die neuen Analysen enthüllten eine Besonderheit der oberen Fundschicht – dem Abschnitt, in denen besonders viele Fossilien von Südmammuts gefunden wurden. „Schicht 5 zeigt einen erhöhten Anteil von 64,3 Prozent feinen und sehr feinen Sanden“, berichtet das Forschungsteam. Der Rest des Materials bestand vorwiegend aus ebenfalls sehr feinkörnigem Ton und Schlick. Vermischt mit diesen Körnchen waren Mikrofossilien von Muschelkrebsen, die damals vorwiegend in brackigem Wasser vorkamen.
Treibsand wurde zur tödlichen Falle
Diese Kombination von Merkmalen lieferte dem Team den entscheidenden Hinweis darauf, wie die vielen Südmammuts vor 1,4 Millionen Jahre hier ihr Ende fanden: Das feine, mit brackigem Wasser gesättigte Sediment wirkte als Treibsand. „Dieser kann zur tödlichen Falle für Wildtiere werden. Denn seine Zusammensetzung aus feinem Sand, Schlick und Salzwasser reagiert extrem sensibel auf selbst kleinste Druckveränderungen“, erklären Palmqvist und seine Kollegen.
Im Falle von Fuente Nueva 3 ermittelte das Team, dass der Treibsand wahrscheinlich gerade stabil genug war, um kleinere Tiere und die Frühmenschen zu tragen. Schwergewichtigere Tiere wie die Südmammuts und andere Großsäuger sanken dagegen ein und saßen in der Falle: „Wenn ein Tier im Treibsand einsinkt, führt jede Bewegung beim Versuch einer Flucht dazu, dass es nur noch tiefer einsinkt“, erklären die Forschenden.
Leichte Beute für Frühmenschen – und Hyänen
Als Folge saßen die Südmammuts hilflos im Schlamm fest – und wurden zur leichten Beute für die Frühmenschen. Trotz ihrer damals noch eher primitiven Steinwerkzeuge konnten die Menschen die massigen, halb im Treibsand begrabenen Elefanten töten und ausschlachten. Allerdings hatten die frühmenschlichen Jäger dabei gefährliche Konkurrenz: Zahlreiche Hyänenrelikte zeugen davon, dass die im Treibsand feststeckenden Pflanzenfresser auch für die Raubtiere eine attraktive Beute waren.
In einer direkten Konfrontation waren die Hyänen unseren frühen Vorfahren deutlich überlegen, einen Kampf um das Mammutfleisch hätten die Raubtiere daher gewonnen. Doch den Frühmenschen könnte die eher dämmerungs- und nachtaktive Lebensweise der Hyänen zugutegekommen sein, vermuten Palmqvist und seine Kollegen: Aufmerksam gemacht durch Geier könnten die Menschen die feststeckenden Mammuts gefunden und sich tagsüber ihren Teil der Beute gesichert haben, bevor sich dann abends die Hyänen über die Kadaver hermachten.
„Die Funde von Fuente Nueva 3 bringen unser Wissen über die Subsistenz-Strategien unserer Vorfahren, der ersten Europäer, in entscheidender Weise voran“, konstatieren die Wissenschaftler. Denn es erhelle die Konkurrenz mit den großen Hyänen und zeige, wie eine natürliche Falle ihnen bei der Nahrungssuche geholfen haben könnte. (Journal of Iberian Geology, 2024; doi: 10.1007/s41513-024-00241-1)
Quelle: University of Malaga