Astronomie

Knappe Rettung für Weltraumteleskop Gaia

Meteoritentreffer und Sonnensturm setzen wichtigen Sensor außer Gefecht

Weltraumteleskop Gaia
Das Weltraumteleskop Gaia ist einer der wichtigsten Helfer der Astronomie. Doch ein doppelter Treffer drohte es lahmzulegen. © ESA/ATG medialab; ESO/S. Brunier

Fast fatal: Das europäische Weltraumteleskop Gaia hat einen kosmischen Doppeltreffer erlitten – mit schwerwiegenden Folgen. Erst durchschlug ein Mikrometeorit die Schutzabdeckung des Teleskops, dann setzte der extreme Sonnensturm vom Mai 2024 einen wichtigen Sensor außer Gefecht. Seither generierte Gaia tausende von Fehlmeldungen – es sah Sterne, wo keine sind. Die europäische Weltraumagentur ESA hat nun jedoch eine Lösung gefunden.

Seit seinem Start im Dezember 2013 hat das europäische Weltraumteleskop Gaia Milliarden Sterne und andere Objekte in unserer Milchstraße kartiert. Seine Datenkataloge umfassen genaue Angaben zu Position, Bewegung und Alter der Sterne, aber auch spektrale Daten zu ihrer Temperatur und chemischen Zusammensetzung. Auf der Basis dieser Daten haben Astronomen unter anderem den Stammbaum der Milchstraße rekonstruiert sowie extragalaktische „Einwanderer“ und riesige Sternenwellen rekonstruiert. Auch unsichtbare Schwarze Löcher in unserer Nachbarschaft hat das Teleskop aufgespürt.

Erst Mikrometeorit, dann Sonnensturm

Doch jetzt drohte die Erfolgsgeschichte des Weltraumteleskops zu enden: Im April 2024 wurde Gaia so unglücklich von einem Mikrometeoriten getroffen, dass dieser High-Speed-Treffer ihre Schutzabdeckung durchschlug und ein kleines Loch hinterließ. Durch dieses konnte ein winziger Lichtstrahl in das Innere gelangen. Dort liegen die 106 hochsensiblen CCD-Sensoren des Teleskops, die das von den beiden Teleskopspiegeln eingefangene Sternenlicht in elektrische Signale umwandeln. Durch den Meteoritentreffer wurden diese Sensoren je nach Ausrichtung des Teleskops durch Streulicht gestört.

Noch während die ESA-Ingenieure an einer Lösung für dieses Problem tüftelten, gab es einen zweiten Treffer: Im Mai 2024 wurde Gaia von dem extremen Sonnensturm getroffen, der auch auf der Erde Polarlichter bis in unsere Breiten auslöste und sogar Kompasse in der Tiefsee durcheinanderbrachte. Zwar ist Gaia so konstruiert, dass es kosmischer Strahlung standhalten kann, dieser Sonnensturm brachte das immerhin 10,5 Jahre alte Teleskop jedoch an seine Grenzen.

Tausende falsche Signale

Die Folge: Seit Mai funktioniert einer der 106 CCD-Sensoren des Weltraumteleskops nicht mehr – und dieser Ausfall betrifft ausgerechnet den Sensor, der entscheidend für die Überprüfung der detektierten Lichtsignale ist. Der betroffene Sensor liefert normalerweise die Daten, die Gaias Bordsystem für das Herausfiltern von falschpositiven Signalen benötigt. „Gaia sendet normalerweise täglich mehr als 25 Gigabytes an Daten zur Erde“, erklärt Gaia-Ingenieur Edmund Serpell vom ESA-Kontrollzentrum ESOC.

Wenn aber das Bordsystem die falschpositiven Sternensignale nicht mehr vor dem Senden eliminiert, wächst die Datenmenge enorm – und genau das ist seit Mai 2024 der Fall: „Die beiden Ereignisse haben das Filtern gestört und als Folge hat der Satellit begonnen, unsere Systeme mit riesigen Mengen falscher Detektionsdaten zu überfluten“, berichtet Serpell. Die echten Daten gingen dabei unter den tausenden Falschsignalen förmlich unter – das Weltraumteleskop war kaum mehr zu gebrauchen.

Softwarelösung als Filter

Doch jetzt gibt es eine Lösung: Nach monatelanger Arbeit haben Experten der ESA, des European Space Astronomy Centre (ESAC) und des Raumsondenkonstrukteurs Airbus einen Weg gefunden, das Problem mit dem Loch und dem ausgefallenen CCD-Sensor zu umgehen, wie die ESA berichtet. „Wir können den Satelliten zwar nicht physisch reparieren, weil er 1,5 Millionen Kilometer entfernt ist“, erklärt Serpell. Aber das Team hat herausgefunden, wie sich die falschpositiven Signale auch ohne den Sensor eindämmen lässt.

„Indem wir die Schwelle modifizieren, ab dem Gaia einen schwachen Lichtpunkt noch als Stern erkennt, konnten wir die Zahl der falschen Detektionen drastisch verringern“, berichtet Serpell. Parallel zu den Arbeiten an der Software des Weltraumteleskops nutzte das Team die Zwangspause im wissenschaftlichen Betrieb, um auch gleich die Optiken der beiden Teleskope von Gaia noch einmal zu justieren. Damit ist das Teleskop nun erneut einsatzbereit – es ist nun schon vier Jahre länger im Dienst als ursprünglich geplant.

Quelle: European Space Agency (ESA)

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