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Physik

Eine Laserfalle für Dunkle-Materie-Teilchen

Experiment aus gekreuzten "Lichtschwertern" und Röntgenlaser könnte Axionen aufspüren

Röntgenlaser
Mithilfe eines Röntgenlasers – hier am European XFEL – und zwei starken optischen Lasern könnten die lange gesuchten Axionen nachgewiesen werden – wenn es sie denn gibt. © European XFEL/ Jan Hosan

Falle für mysteriöse Teilchen: Ein Experiment mit drei starken Lasern soll helfen, die rätselhaften Teilchen der Dunklen Materie aufzuspüren. Dieser Aufbau – ähnlich drei gekreuzten Lichtschwertern – könnte „Axionen“ anzeigen, die wahrscheinlichsten Kandidaten für die Dunkle-Materie-Teilchen. Wenn es sie gibt, müssten sie sich durch winzige Verschiebungen in der Schwingungsrichtung des gestreuten Laserlichts verraten, wie Physiker berichten. Durchführbar wäre ein solches Experiment beispielsweise am European XFEL.

Woraus besteht die Dunkle Materie? Diese Frage ist noch immer ungeklärt, obwohl Astronomen und Physiker schon seit Jahrzehnten nach den Teilchen dieser unsichtbaren, exotischen Materieform suchen. Als aktuell wahrscheinlichste Kandidaten gelten Axionen – Elementarteilchen, die zur gleichen Teilchensorte zählen wie das berühmte Higgs-Boson.

Diese „dunklen Bosonen“ aufzuspüren, ist jedoch alles andere als einfach: Wie findet man ein Teilchen, das – falls es existiert – kaum mit sichtbarer Materie wechselwirkt und dessen Masse unbekannt ist? Zurzeit fahnden Wissenschaftlers mit unterschiedlichen Detektoren und Anlagen nach physikalischen „Fingerabdrücken“ der Axionen – bisher jedoch ohne Erfolg.

Laserfalle
So könnte das Experiment zum Axion-Nachweis aussehen. © Evans und Schützhold/ Physical Review D, CC-by 4.0

Zwei optische und ein Röntgenlaser

Jetzt hat ein Physikerteam eine weitere „Falle“ für Dunkle-Materie-Teilchen entwickelt. Die Idee von Stefan Evans und Ralf Schützhold vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR): Sie wollen die „dunklen Bosonen“ mithilfe von gekreuztem Laserlicht dingfest machen. Basis für diesen Ansatz ist die für die Axionen postulierte Wechselwirkung mit elektromagnetischen Feldern und damit auch mit Licht. Demnach können sich diese Teilchen unter bestimmten Bedingungen in Photonen verwandeln und umgekehrt.

Im Experiment wird diese Umwandlung durch die Kreuzung dreier starker Laserstahlen provoziert. Dabei bilden zwei intensive optische Laserstrahlen gleicher Frequenz das Grundgerüst. Ihre sich im Kreuzungspunkt überlagernden Lichtphasen bilden eine Art Hindernis, an dem die Photonen des dritten Laserstrahls – den kurzwelligen Pulsen eines Röntgenlasers wie dem European XFEL – gestreut werden.

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Winziger „Schubs“ in der Polarisation

Der Clou dabei: Diese Laserstrahl-Kreuzung bewirkt eine „Licht-an-Licht-Streuung“, bei der theoretisch Axionen entstehen müssten. Diese bleiben zwar nur sehr kurze Zeit bestehen, bevor sie sich wieder in Photonen zurückverwandeln. Aber selbst diese kurze Präsenz müsste ausreichen, um eine optische Spur im gestreuten Strahl des Röntgenlasers zu hinterlassen, wie die Physiker erklären. Die von der Streuung polarisierten Röntgenphotonen erhalten gewissermaßen einen winzigen zusätzlichen Schubs.

„Durch die Axionen käme ein zusätzlicher Effekt hinzu“, erklärt Schützhold. „Man kann sich das in etwa so vorstellen, als ob man einen starken Laser in Glas hineinschickt und dadurch dessen Brechungsindex etwas variiert.“ Ist diese Änderung stärker als vom Standardmodell vorhergesagt, wäre das ein starker Hinweis darauf, dass Axionen im Spiel sind.

Flexibler Winkel für verschiedene Axion-Massen

Der Haken jedoch: Damit die Kollision der Laserstrahlen auch tatsächlich Axionen erzeugt, muss der Aufbau des Versuchs auf die Masse der hypothetischen Teilchen abgestimmt sein – der Winkel der sich kreuzenden Laserstrahlen muss dazu passen. Eine echte Herausforderung, denn anders als bei der Suche nach dem Higgs-Boson ist es bei den „dunklen Bosonen“ völlig unklar, welche Masse sie haben könnten. „Es gibt zwar Ideen, aber die Spannweite der möglichen Massen ist riesig“, betont Schützhold.

Das Experiment könnte aber zumindest einen Teil dieser Massen abdecken, indem man den Winkel zwischen den beiden optischen Laserstrahlen variiert, wie die Physiker erklären. Dadurch würde das System zumindest verschiedene Varianten von vergleichsweise schweren Axionen erfassen – so sie denn existieren. Das Laserexperiment könnte damit eine Lücke zu anderen Detektoren schließen, die vorwiegend nach leichteren, langlebigeren Axionen suchen.

Wie stehen die Aussichten?

Ob die „Laserfalle“ allerdings fündig wird und wann, ist offen: „Die Wahrscheinlichkeit, gleich beim ersten Experiment Axionen zu erwischen, ist schon gering“, sagt Schützhold. „Ich erwarte, dass wir zunächst nur die theoretische Vorhersage der Vakuumpolarisation aus dem Standardmodell bestätigt sehen. Das wäre an sich bereits ein toller Erfolg. Gleichzeitig würde das aber auch bedeuten, dass wir in diesem Bereich Axionen mit bestimmten Eigenschaften ausschließen können. Das hilft uns, Axionen besser zu verstehen.“

Sollte es mit diesem oder einem anderen Verfahren irgendwann tatsächlich gelingen, Axionen nachzuweisen, wäre das eine echte Sensation. Denn die Existenz solcher „dunkler Bosonen“, könnte nicht nur die Natur der Dunklen Materie erhellen. Sie könnte auch einige offene Fragen der Teilchenphysik klären helfen. Ein solcher Nachweis hätte daher tiefgreifende Auswirkungen auf die gesamte Physik und Kosmologie. (Physical Review D, 2024; doi: 10.1103/PhysRevD.109.L091901)

Quelle: Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

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