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Paläontologie

520 Millionen Jahre alte Larve entdeckt

Samt Organen konservierter Ur-Gliederfüßer gibt neue Einblicke in die Arthropoden-Evolution

Fossile Larve
Die 520 Millionen Jahre alte Larve „Youti yuanshi“ verrät mehr über die Evolution früher Gliederfüßer. © Yang Jie / Zhang Xiguang

Bemerkenswerter Fund: In China haben Paläontologen eine 520 Millionen Jahre alte versteinerte Larve entdeckt – eine Vorfahrin heutiger Arthropoden wie Insekten, Spinnen und Krebse. Das Tier ist außergewöhnlich gut konserviert und zeigt selbst Details seiner inneren Organe wie Hirnregionen und Verdauungsdrüsen. Die kambrische Urzeit-Larve könnte nun dabei helfen, die Evolution früher Gliederfüßer zu enträtseln, wie das Team in „Nature“ berichtet.

Gliederfüßer, fachsprachlich Arthropoden, sind die geheimen Herrscher des Tierreichs. Mit über einer Million Arten macht diese Tiergruppe, der unter anderem die Insekten, Krebse, Skorpione und Spinnen angehören, über drei Viertel aller bekannten Tierarten aus. Die Ursprünge dieser Erfolgsgeschichte liegen im Zeitalter des Kambriums vor über 500 Millionen Jahren. Damals entwickelten sich die ersten Ur-Gliederfüßer, die Vorfahren aller heutigen Arthropoden.

Fossile Larve Scans
Die durchleuchtete Larve von oben und seitlich betrachtet, die Farben markieren ihre verschiedenen inneren Organe. © Emma J. Long

Eine einzigartige fossile Larve

Doch wie sehr ähnelten diese Ur-Gliederfüßer bereits ihren heutigen Nachfahren und wie sah ihr Leben aus? Antworten darauf können seltene Fossilien aus der Zeit der ersten Arthropoden liefern. Einige der bisherigen Funde sind dabei sogar so gut erhalten, dass sie neben dem Panzer des Tieres auch dessen Nervensystem und Gehirn konserviert haben. Doch viele Details ihres Bauplans und ihrer Entwicklung bleiben weiterhin unbekannt – auch weil Jugendstadien dieser Tiere weitgehend fehlen.

Jetzt liefert ein neuer Fund aus der Yu’anshan-Formation im Süden Chinas nähere Einblicke. Dort sind Paläontologen um Martin Smith von der britischen Durham University erstmals auf die 520 Millionen Jahre alte versteinerte Larve eines Ur-Gliederfüßers gestoßen. Das Fossil ist gerade einmal so groß wie ein Mohnsamen.

„Wenn ich früher davon träumte, welches Fossil ich am liebsten entdecken würde, dachte ich immer an eine Gliederfüßer-Larve, weil Entwicklungsdaten so wichtig für das Verständnis ihrer Evolution sind. Aber Larven sind so winzig und zerbrechlich, dass die Chancen, eine versteinerte Larve zu finden, praktisch gleich Null sind – dachte ich zumindest!“, so Smith.

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Larven-Kopf im CT
CT-Schnitt durch den Kopf der Larve: Selbst Teile des Gehirns sind erhalten. © Martin R. Smith / Emma J. Long

Detailliertes Innenleben gibt evolutionäre Einblicke

Obwohl der Fund einer urzeitlichen Larve an sich schon besonders genug ist, stellte sich dieses Exemplar als noch außergewöhnlicher heraus. Denn wie eine 3D-Kartierung per Synchrotron-Röntgentomographie ergab, sind auch die inneren Organe der wurmartigen Larve nach all der Zeit noch erhalten, darunter verschiedene Gehirnregionen, die Verdauungsdrüsen und sogar Spuren der Nerven, die einst die Beine und Augen des Tieres versorgten.

Dadurch ermöglicht das Fossil nun völlig neue Einblicke in die frühe Evolution der Gliederfüßer. Für Smith und seine Kollegen besonders interessant ist zum Beispiel das sogenannte „Protocerebrum“. Diese Gehirnregion sollte im späteren Verlauf der Arthropoden-Evolution zum Kern des segmentierten und spezialisierten Gliederfüßerkopfes mit seinen verschiedenen Anhängseln wie Fühlern, Mundwerkzeugen und Augen werden.

Auch besaß die „Youti yuanshi“ getaufte Larve, was übersetzt so viel wie primitive Larve bedeutet, offenbar bereits ein hochentwickeltes Kreislaufsystem mit Hämolymphe als zirkulierender Körperflüssigkeit, wie die Forschenden berichten. Hämolymphe bildet bei heutigen Insekten und Krebstieren das Äquivalent zu Blut. Damit war Youti yuanshi für ihre Zeit bereits überraschend weit entwickelt. (Nature, 2024; doi: 10.1038/s41586-024-07756-8

Quelle: Durham University

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