Physik

Wie verrät sich eine Warp-Signatur?

Physiker rekonstruieren Gravitationswellen-Signal einer kollabierenden Warp-Blase

Warp-Antrieb
Wenn es Raumschiffe mit Warp-Antrieb gäbe, könnten wir in naher Zukunft sogar ihre Signatur detektieren. © Sylphe_7/iStock; HG: Clough pixlr.com

Mehr als bloße Science-Fiction: Auch wenn der überlichtschnelle Flug mittels Warp-Antrieb bisher unmöglich ist – seine Signatur wäre detektierbar, wie Physiker ermittelt haben. Demnach setzt der Kollaps einer Raumzeit-verzerrenden Warp-Blase charakteristische Gravitationswellen-Signale frei. Diese Schwingungen der Raumzeit wären sogar stark genug für die aktuellen Gravitationswellen-Detektoren, ihre Frequenz liegt jedoch etwas zu hoch. Doch mit künftigen Detektoren wären solche Warp-Signaturen nachweisbar, wie das Team berichtet.

Ob das Raumschiff Enterprise in Star Trek oder der Millennium-Falke in Star Wars: Ohne ihre überlichtschnellen Warp-Antriebe wären diese Ikonen der Science Fiction kaum denkbar und ihre interstellaren und intergalaktischen Reisen unmöglich. Doch wie kann ein solcher Antrieb schneller sein als das Licht? Was bei normaler Bewegung unmöglich ist, wird machbar, wenn man die Raumzeit selbst verformt. Dabei entsteht eine Warp-Blase, die die Raumzeit vor ihr komprimiert und hinter sich dehnt.

Alcubierre-Metrik
Warp-Metrik nach Miguel Alcubierre: Die vordere Senke stellt die Kompression der Raumzeit dar, die hintere Erhebung deren Dehnung. © AllenMcC./ CC-by-sa 3.0

Physikalisch machbar – und für die Wissenschaft interessant

„Obwohl Warp-Antriebe rein theoretisch sind, haben sie eine wohldefinierte Beschreibung in Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie“, erklärt Erstautorin Katy Clough von der Queen Mary University of London. Allerdings würde man für die Bildung einer Warp-Blase exotische Materie mit negativer Masse und Energie benötigen – etwas, das bisher nicht gefunden wurde. Auch, ob Menschen einen solchen Warp-Flug überhaupt überleben würden, ist unklar.

Doch obwohl es zahlreiche Hindernisse für die praktische Umsetzung eines Warp-Antriebs gibt, ist sein Erforschung nützlich: Seine theoretischen Grundlagen und möglichen Auswirkungen bieten die Chance, mehr über das Verhalten der Raumzeit zu erfahren. „Für mich ist der wichtigste Aspekt die neuartige genaue Modellierung der Dynamik von Raumzeiten mit negativer Energie“, sagt Koautor Tim Dietrich von der Universität Potsdam. Dies könne helfen, die Entwicklung und den Ursprung unseres Universums oder die Vorgänge im Zentrum von Schwarzen Löchern besser zu verstehen.

Kollaps der Warp-Blase simuliert

Deshalb haben Clough und ihre Kollegen nun untersucht, was mit der Raumzeit beim Kollaps einer Warp-Blase passiert. „Es gibt unseres Wissens nach keine Zustandsgleichung, nach der die Warp-Blase dauerhaft stabil sein kann“, erklären die Physiker. Nach einiger Zeit, spätestens aber beim stärkeren Beschleunigen oder Abbremsen müsste die Verformung der Raumzeit demnach kollabieren. „Physikalisch entspräche dies einem Ausfall des Containment-Felds, mit dem eine Post-Warp-Zivilisation die Warp-Blase gegen einen solchen Kollaps schützen müsste“, so die Forschenden.

Wie sich ein solcher Kollaps des Warp-Antriebs äußert und ob er detektierbar wäre, haben Clough und ihr Team nun analysiert. Dafür simulierten sie den Kollaps einer rund einen Kilometer großen Warp-Blase, in der ein Raumschiff mit rund einem Zehntel der Lichtgeschwindigkeit fliegt. „Dies ist ein erster Schritt zur Erforschung des Falles bei Überlicht-Tempo“, erklären die Physiker. Denn dieses erfordere noch komplexere Berechnungen.

Gravitationswellen beim Warp-Blasen-Kollaps
Wellen in der Raumzeit beim Zusammenbruch einer Warp-Blase von einem Kilometer Durchmesser, in der ein Raumschiff mit einem Zehntel der Lichtgeschwindigkeit unterwegs war. © Clough et al./ Open Journal of Astrophysics, CC-by 4.0

 Signal in Form von Gravitationswellen

Das Ergebnis: Wenn die Warp-Blase eines Raumschiffs kollabiert, verursacht dies kurze, aber deutliche Erschütterungen der Raumzeit in Form von Gravitationswellen. „Dieses Signal kommt als Puls, der anfangs noch keine Gravitationswellen enthält, dann aber folgt eine Periode der Schwingungen mit charakteristischer Frequenz“, berichten Clough und ihre Kollegen. Für eine Warp-Blase von einem Kilometer läge diese Frequenz bei rund 300 Kilohertz. „Das ist außerhalb des Bereichs, den heutige Gravitationswellen-Detektoren messen k0önnen“, so das Team. Die Technik für Detektoren in diesem höherfrequenten Bereich existiere aber bereits.

Die Intensität des Signals wäre dagegen schon heute detektierbar: „Bei einer Entfernung von rund einem Megaparsec – etwas weiter weg als die Andromeda-Galaxie – läge die Signal-Amplitude nahe der Spitzen-Sensitivität von LIGO“, schreiben die Physiker. Vorteilhaft auch: Die Form des Signals unterscheidet sich deutlich von der verschmelzender Schwarzer Löcher oder Neutronensterne. Diese erzeugen bei ihrem spiraligen Todeskurs einen typischen schnellen Frequenzabfall – ein sogenanntes Ringdown.

„Das Warp-Signal ähnelt eher dem Kollaps eines instabilen Neutronensterns oder einer frontalen Kollision“, so das Team. „Es gibt aber einen längeren Schweif im niedrigeren Frequenzbereich, vor allem bei höheren Warp-Geschwindigkeiten.“

„To boldly go…“

Wenn es irgendwo im Weltall eine Zivilisation gibt, die den Warp-Antrieb tatsächlich schon erfunden hat, könnten wir in naher Zukunft demnach ihre Signaturen detektieren – vorausgesetzt sie kommen nahe genug heran. „Selbst wenn wir die Wahrscheinlichkeit dafür eher gering einschätzen: Ich finde es zumindest interessant genug, um danach Ausschau zu halten“, sagt Clough. „Gleichzeitig ist dies eine Erinnerung daran, dass theoretische Ideen uns dazu bringen können, das Universum auf neuen Wegen zu erkunden.“

Clough und ihre Kollegen wollen nun als nächstes untersuchen, wie sich die Warp-Signatur durch verschiedene Modelle des Warp-Antriebs verändert und wie das Ganze bei Überlichtgeschwindigkeit aussieht. In Anlehnung an das berühmte Motto von Star Trek schreiben die Physiker: „Unsere Arbeit unterstreicht, wie wichtig es ist, fremde neue Raumzeiten zu erkunden und mutig zu simulieren, was kein Mensch zuvor gesehen hat.“ (Open Journal of Astrophysics, 2024; doi: 10.33232/001c.121868)

Quelle: Queen Mary University of London

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