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Meeresforschung

Video: Mit den Augen eines Seelöwen

Tierische Helfer kartieren den australischen Meeresboden

So sehen die Gewässer Südaustraliens aus der Perspektive eines Seelöwen aus. © Guardian Australia/ Angelakis et al. 2024

Tierisches Teamwork: Einzigartige Kameraaufnahmen zeigen den Ozean aus der Sicht von Seelöwen. Mit kleinen Kameras ausgestattet, filmen die Meeressäuger bei ihren Tauchgängen die Umgebung – und helfen so bei der Kartierung von Meeresböden vor Südaustralien. Dabei sind faszinierende Aufnahmen des in weiten Teilen noch unerforschten Meeresgrunds entstanden. Und auch die Seelöwen könnten von solchen Einsätzen profitieren.

Tiere unterstützen uns Menschen in vielerlei Hinsicht: Sie dienen uns als trostspendende Schmusepartner, als Drogenfahnder und sogar als Assistenzärzte. Speziell ausgebildete Hunde können zum Beispiel Darmkrebs, Malaria oder eine Über- beziehungsweise Unterzuckerung von Diabetikern erschnüffeln. Andere Hunde helfen Menschen beim Navigieren oder suchen Vermisste, dressierte Ratten können sogar Minen aufspüren. Doch es braucht nicht immer eine „Schulung“, damit Tiere uns Menschen helfen können.

Ein tierisches Kamerateam

In Australien haben Meeresbiologen um Nathan Angelakis von der University of Adelaide zum Beispiel gerade wissenschaftliche Unterstützung von acht wilden Australischen Seelöwen (Neophoca cinerea) erhalten. Angelakis und seine Kollegen hatten die flinken Schwimmer auf Olive Island und in der Seal Bay mit kleinen Kameras ausgestattet, um Videomaterial von deren Streifzügen entlang der Küste Südaustraliens zu sammeln. Bislang galten die Meeresböden dieser Gegend als weitgehend unerforscht.

Die insgesamt rund 89 Stunden Videoaufnahmen, die die Seelöwen den Forschenden aus fast 2.000 Tauchgängen mitgebracht haben, halfen nun dabei, die Region zu kartieren und gleichzeitig verschiedene Lebensräume des südaustralischen Meeresbodens zu identifizieren, darunter Makroalgenriffe und -wiesen sowie Sandbänke. Zehn Minuten dieses einzigartigen Bildmaterials sind auch im obigen Video zu sehen. Darin trifft der kameraführende Seelöwe zum Beispiel auf Delfine, jagt Fische und streift durch bunte Unterwasserwälder.

Unterwasserfahrzeuge im Nachteil

Insgesamt umfassten die Aufzeichnungen der Seelöwen Aufnahmen von etwa 560 Kilometer Meeresboden, wie Angelakis und seine Kollegen berichten. Mit Modellen des maschinellen Lernens ließ sich diese Fläche sogar auf ein Gebiet von über 5.000 Quadratkilometern erweitern. Es handelt sich dabei allerdings nur um Vorhersagen zur Verteilung der Lebensräume am Meeresboden und nicht um eine genaue Karte. Die Vorhersagen beruhen sowohl auf den Daten der Seelöwen als auch auf zwei Jahrzehnten Meeresforschung.

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Mit anderen wissenschaftlichen Methoden wie der Kartierung per Unterwasserfahrzeug wäre eine Erkundung dieses Ausmaßes deutlich schwieriger, wenn nicht sogar unmöglich gewesen. Denn ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge sind nicht nur teuer, sondern erfordern anders als Seelöwen auch bestimmte Wetterbedingungen und haben vor allem in tiefen, abgelegenen und küstennahen Lebensräumen Schwierigkeiten.

Kamera-Anbringung
Ein Forscher befestigt eine Kamera an einem Seelöwen. © Roger Kirkwood

Die Seelöwen könnten ebenfalls profitieren

Ganz freiwillig haben die Seelöwen den Meeresbiologen allerdings nicht geholfen. Damit diese eine Kamera am Pelz der Raubtiere anbringen konnten, mussten sie ihre tierischen Assistenten zunächst betäuben. Als die ausschließlich weiblichen Seelöwen dann ein paar Tage später zum Strand zurückkehrten, um ihre Jungen zu säugen, wurde die Prozedur wiederholt, um die Kamera wieder abzunehmen.

Dieses Vorgehen mag für die einzelnen Seelöwen zwar Stress bedeuten, aber im Endeffekt könnte ihre gesamte Art davon profitieren. Denn Australische Seelöwen gelten als gefährdet. In den vergangenen 40 Jahren ist ihre Population um mehr als 60 Prozent eingebrochen. Indem sie die Forschenden jedoch per Kamera mit durch ihre Jagdgebiete nehmen, können sie diese auf ökologisch wichtige Seelöwen-Lebensräume aufmerksam machen und so zum Beispiel neue Schutzgebiete anregen.

Ein neuer Forschungszweig?

Sich von Meerestieren bei der Erforschung ihres Lebensraums helfen zu lassen, könnte künftig zu einem wichtigen Zweig der Meeresforschung werden, wie Angelakis und seine Kollegen vermuten. In der Vergangenheit haben mit Sensoren ausgestattete Weiße Haie zum Beispiel bereits bei der Kartierung von Kelpwäldern geholfen und Tigerhaie lieferten wertvolle Daten zu Seegrasökosystemen. Auch Seelöwen könnten in Zukunft häufiger zum Einsatz kommen. (Frontiers in Marine Science, 2024; doi: 10.3389/fmars.2024.1425554

Quelle: Frontiers

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