Das Potenzial von schwimmenden Solaranlagen auf Stauseen, Zisternen und anderen künstlich angelegten Gewässern ist enorm. Allein in Deutschland bieten sie genügend Platz, um „Solar-Inseln“ mit insgesamt 2,5 Gigawatt Peak Leistung zu installieren – selbst wenn nur jeweils 15 Prozent der Wasserfläche bedeckt werden, wie eine aktuelle Studie zeigt. Wenn ein größerer Anteil der Wasseroberfläche mit PV-Anlagen bedeckt wird, wäre die installierbare Leistung sogar noch höher.
Wenn im August die Sonne strahlt, tanken viele Leute ihre Batterien im Freien auf – und auch Solarkraft produziert zu dieser Jahreszeit viel Strom. Die häufig blauen oder schwarzen Module sind mittlerweile an den verschiedensten Orten angebracht: Auf dem Feld findet man Agriphotovoltaik, Solardächer beschatten Parkplätze und auch am Eigenheim können Mieter sowie Wohnungsbesitzer Mini-PV-Anlagen befestigen.
Doch auch Stauseen, Teiche oder Zisternen bieten Platz für die Photovoltaik in Form von schwimmenden „Solarflößen“ – sogenannte Floating-PV. Dieser wässrige Standort hat Vorteile: Auf den künstlich angelegten Gewässern stören die Solarmodule weder natürliche Wasserökosysteme, noch blockieren sie Ackerland oder anderweitig benötigte Flächen. Zudem senkt das kühle Nass die Betriebstemperaturen der Module. Das verhindert Hitze- und somit Leistungsverluste.
Solarinseln auf künstlichen Gewässern
Doch wie viel Solarpotenzial schlummert auf der Oberfläche von Stauseen und Co in Deutschland? Das haben Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE und des Energieversorgungskonzerns RWE nun untersucht. Mithilfe von Geoinformationssystemen verknüpften die Forschenden bereits vorhandene Daten zur Sonneneinstrahlung, den Gewässern und anderen örtlichen Gegebenheiten der zahlreichen deutschen Kiesgruben, Stauseen oder Rückhaltebecken. Anschließend identifizierten sie anhand von Faktoren wie Wassertiefe und Wasserqualität, welche dieser Flächen sich zum Installieren von „Solarinseln“ eignen.
Das Team analysierte das Potenzial der schwimmenden Solarkraftwerke unter Einhaltung der Vorgaben des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Wasserhaushaltsgesetzes. Diese besagen, dass in Deutschland nur maximal 15 Prozent einer Gewässeroberfläche mit Solaranlagen bedeckt werden können und ein Abstand zum Ufer von mindestens 40 Metern eingehalten werden muss. Zusätzlich untersuchten sie das Potenzial bei einer 15-prozentigen oder 35-prozentigen Gewässerabdeckung mit nur 20 Meter Randstreifen.
Theoretisches Solarpotenzial von bis zu 45 Gigawatt Peak
Das Ergebnis: „Unter diesen Bedingungen kommen wir auf ein wirtschaftlich-praktisch erschließbares Floating-PV-Potenzial für Deutschland von 1,8 Gigawatt Peak für Photovoltaik-Installationen mit einer Südausrichtung“, berichtet Karolina Baltins vom Fraunhofer ISE. Wenn die schwimmenden Solaranlagen eine Ost-West-Ausrichtung haben, könnte das Potenzial sogar bei 2,5 Gigawatt Peakleistung liegen.
Verringert man die freibleibenden Randstreifen auf den Gewässern auf nur 20 Meter, könnte sogar noch mehr Sonnenstrom durch die schwimmenden Anlagen gewonnen werden. Die installierbare Leistung läge laut den Berechnungen des Teams dann bei 14 Gigawatt. „Und wären 35 Prozent Abdeckung erlaubt, stiege das technische Potenzial auf bis zu 45 Gigawatt Peak“, so Baltins. Zum Vergleich: Bisher schwimmen nur insgesamt 21 Megawatt Peak installierte PV-Leistung auf den Wasserbecken Deutschlands.
Das mögliche Fläche für Floating-PV wächst
Bei ihrer Potenzialanalyse zog das Team zudem nur solche künstliche Seen in Betracht, die nicht in Schutzzonen wie beispielsweise in Naturschutzgebieten oder Biosphärenreservaten liegen. Außerdem lag keine der miteinberechneten potenziellen Floating-Solaranlagen weiter als fünf Kilometer entfernt von einem Einspeisepunkt ins Stromnetz – dies sollte die spätere Wirtschaftlichkeit der Anlagen garantieren.
Die Potenziale der neu entstehenden Gewässerflächen in den Braunkohlerevieren wie beispielsweise dem Lausitzer oder Mittelrheinischen Gebiet wurden in der Studie ebenfalls nicht berücksichtigt. Diese bilden nach Angaben des Teams weitere potenzielle Wasserflächen für die schwimmenden Solaranlagen.
Quelle: Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme