Erneuerbare Energien

Die bestimmbare Bandlücke

Die Vorteile der speziellen Perowskit-Struktur

Das Entscheidende ist die Struktur: Bei den Perowskiten handelt es sich nicht um ein spezifisches Material, sondern um eine Klasse von Verbindungen, die alle eine ähnliche Kristallstruktur besitzen. Und genau diese Kristallstruktur ist auch der „Trick“, der den Metall-Halogenid-Perowskiten ihre speziellen Eigenschaften verleiht. 

Die typische Perowskit-Struktur 

Die Oktaederstruktur von Perowskiten.
Perowskite bestehen aus einer Oktaeder-Struktur. © Solid State /CC-by 3.0

Diese Perowskite haben eine sogenannte ABX3-Kristallstruktur: Sie bestehen in der Regel aus drei Arten von Atomen beziehungsweise Molekülen, die mit A, B und X bezeichnet werden. Diese bilden gemeinsam eine sogenannte Oktaederstruktur – eine sechseckige Struktur, die in allen Richtungen an ihren Ecken mit weiteren Oktaedern verbunden ist. In der Mitte dieser Grundeinheit sitzt B, häufig ein zweiwertiges Metall wie Blei, die Ecken werden von X gebildet, den Anionen von Halogenen wie Iod. Die A-Kationen befinden sich in den Zwischenräumen der Struktur.  

Das Besondere daran: Während viele Materialien beim Austausch eines Ions oder eines Elements ihre Kristallstruktur verändern und somit ihre Eigenschaften verändern, bleibt die Struktur der Perowskite stabil. Das gilt selbst dann, wenn das ausgewechselte Ion stark abweichende Merkmale aufweist, also etwa wesentlich größer oder wesentlich kleiner ist als sein Vorgänger. In der Struktur verändern sich dadurch nur die Seitenlängen der Oktaeder. Die Struktur verformt sich zwar, aber sie bleibt doch bestehen.  

Die Eigenschaften der Perowskite lassen sich „tunen“ 

Aus diesem Grund können Forschende im Labor gewünschte Eigenschaften der Perowskite, wie etwa deren Farbe oder Leitfähigkeit, ändern, ohne dass die Kristallstruktur eine völlig andere wird. Diese Anpassungen bewerkstelligen Chemiker, indem sie gezielt bestimmte Komponenten des Moleküls austauschen. Der Vorgang ist denkbar einfach: Man mischt die Ausgangsstoffe für den gewünschten Perowskit-Mix, also beispielsweise ein metallhaltiges organisches Molekül wie Methylammonium und etwa Bleijodid mit einem Lösungsmittel, schüttelt die Mischung und erzeugt so die Ausgangslösung, die später auf die Substrate aufgetragen wird.  

Mehrere transparente Perowskitsolarzellen verschiedener Farben und ein zwei Pulver.
Unterschiedliche Ausgangsstoffe versprechen unterschiedliche Eigenschaften für die Perowskitsolarzellen. © Tobias Abzieher/ KIT

Indem man die Ausgangsstoffe für die Perowskitlösung gezielt auswählt, kann man die Eigenschaften der resultierenden Solarzelle anpassen. Damit die Chemiker dabei nicht mühselig jede mögliche Kombination an Metallen, Halogeniden und Kationen durchprobieren müssen, existieren mittlerweile Machine-Learning-Algorithmen. Diese entsprechend trainierten KI-Systeme schätzen ab, welche Materialzusammensetzung eine gewünschte Eigenschaft hervorbringt.  

Einstellbare Bandlücke 

Besonders praktisch für die Solarforschung: Indem bestimmte Komponenten in die ABX3-Struktur gemischt werden, lässt sich zudem die Bandlücke des Perowskits präzise einstellen. Als Bandlücke bezeichnet man die Energie, die einem Halbleiter zugeführt werden muss, damit die zuvor an ihre Atome gebundenen Elektronen in den angeregten Zustand gelangen und mobil werden – erst dann können sie frei fließen und elektrischen Strom generieren. Bei den Materialien der Solarzellen stammt die Energie für diese Überwindung der Bandlücke aus dem Sonnenlicht. 

Quanteneffizienz von Solarzellen
Effektiv – das Perowskit absorbiert den Teil des Lichts, den Silizium „übriglässt“. © Mariotti et al./ Science /CC-by 4.0

Je nach Material können die PV-Materialien dafür verschiedene Wellenbereiche des Lichts nutzen. Um Tandem-Solarzellen besonders effizient zu machen, sollten sich daher beide Komponenten in ihrem Absorptionsspektrum möglichst ergänzen. An diesem Punkt kommen die maßgeschneiderten Perowskit-Halbleiter ins Spiel.  Sie nehmen genau den Wellenlängenbereich der Sonne auf, den der Tandem-Partner nicht absorbieren kann. Beispielsweise kann kristallines Silizium vor allem rotes und infrarotes Licht effizient in Strom umwandeln – für Silizium-Perowskit-Solarzellen werden deshalb Perowskit-Ausgangslösungen zusammengemischt, die primär die restlichen Anteile des Sonnenlichts nutzen.  

„Mithilfe der Perowskit-Halbleiter kann die Effizienz von konventionellen Silizium-Solarzellen deutlich erhöht werden“, erklärt Ulrich Paetzold vom Karlsruher Institut für Technologie. „Dabei wird eine obere Perowskit-Solarzelle auf eine untere Silizium-Solarzelle gestapelt. Perowskit-Solarzellen können wegen der Vielseitigkeit der Materialklasse und ihrer exzellenten optoelektronischen Eigenschaften so angepasst werden, dass sie verschiedene Bereiche des Sonnenspektrums effizient absorbieren können.“ 

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Perowskit: Solarzellen der Zukunft?
Wie neue Solarzell-Materialien die Photovoltaik revolutionieren könnten

Vom Mineral zur Star-Solarzelle
Die Entwicklung der Perowskit-Verbindungen

Die bestimmbare Bandlücke
Die Vorteile der speziellen Perowskit-Struktur

Kostengünstig, flexibel, farbenfroh
Die Vorteile der Perowskitzellen

Wo ist der Haken? 
Die Hürden auf dem Weg zum Solar-Supermaterial 

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