Erdgeschichte

Der Dinokiller kam von jenseits des Jupiter

"Täterprofil" des Chicxulub-Impaktors liefert neue Hinweise auf Art und Herkunft

Asteroideneinschlag
Was für ein Objekt verursachte den Einschlag, der vor 66 Millionen Jahren die Dino-Ära beendete? © Mark Garlick

Wer wars? Geologen haben erstmals ein „Täterprofil“ für den Chicxulub-Einschlag erstellt – den Impakt, der vor 66 Millionen Jahren das Dinosaurier-Zeitalter beendete. Demnach war der riesige Brocken kein Komet, aber auch kein Asteroid aus dem nahen Asteroidengürtel. Stattdessen kam er von weit jenseits des Jupiter, wie das Team in „Science“ berichtet. Zudem gehörte der Chicxulub-Asteroid der seltenen Klasse der kohligen Chrondriten an. Sie gehören zu den ursprünglichsten und ältesten des Sonnensystems.

Vor 66 Millionen Jahren schlug ein gut zehn Kilometer großes Objekt im ungünstigsten Winkel auf der Erdoberfläche ein und löste eine globale Katastrophe aus. Schon am ersten Tag vernichtete der Einschlag alles Leben in weitem Umkreis und seine Nachwehen ließen 75 Prozent der irdischen Lebenswelt aussterben – darunter die Dinosaurier. Von diesem Ereignis und seinen katastrophalen Folgen zeugen der unter dickem Sediment verborgene Chicxulub-Krater auf Yucatan sowie weltweit nachweisbare Ablagerungen in Gesteinsschichten der Kreidezeit-Paläogen-Grenze.

K-Pg-Grenzeschicht
Der Finger zeigt auf die Grenzschicht von Kreidezeit und Paläogen, die beim Einschlag vor 66 Millionen Jahren abgelagert wurde. © Philippe Claeys

Ruthenium hilft beim „Täterprofil“

Doch was für ein Objekt war der „Dinokiller„? Und woher kam er? Bisher ist das strittig: Einige Forscher hielten den Chicxulub-Impaktor für das Trümmerstück eines größeren Brockens im Asteroidengürtel, doch das ist inzwischen widerlegt. Andere Studien lieferten Hinweise auf einen Kometen oder auch einen zweiteiligen Asteroideneinschlag. Eindeutig war aber auch das nicht. Deshalb hat nun ein Team um Mario Fischer-Gödde von der Universität Köln nach weiteren Indizien gesucht, die Auskunft über den Impaktor geben können.

Für das „Täterprofil“ analysierte das Team Proben aus der Kreidezeit-Paläogen-Grenzschicht, die in verschiedenen Regionen Europas zutage tritt. In ihr finden sich zahlreiche Elemente, die aus dem Chicxulub-Impaktor stammen und beim Einschlag über die Atmosphäre in alle Welt verteilt wurden. Fischer-Gödde und sein Team fokussierten sich darin auf ein bestimmtes Element: „Wir haben Ruthenium gewählt, weil dieses je nach Meteoriten-Typ unterschiedliche Isotopen-Verhältnisse aufweist“, erklären die Forschenden.

Das Verhältnis der Ruthenium-Isotope 100Ru und 102Ru unterscheidet sich dabei je nach Asteroidentyp und Herkunftsregion. „Mithilfe von Ruthenium können wir daher ermitteln, ob ein Impaktor ursprünglich im inneren oder äußeren Sonnensystem entstand“, schreiben die Wissenschaftler.

Kein Komet, aber auch kein gängiger Asteroid

Das Ergebnis: Alle Proben aus der Einschlagsschicht stimmten in ihren Rutheniumwerten überein und deuteten klar auf einen nichtirdischen Ursprung hin – sie stammten demnach tatsächlich vom „Dinokiller“. Gleichzeitig passten die Isotopenwerte jedoch zu keiner der typischen Meteoritenklassen des inneren Sonnensystems, wie das Team feststellte. Der Impaktor war demnach keiner der Brocken aus dem erdnahen Raum oder dem Asteroidengürtel.

Doch auch ein Komet passt nicht in das neue Täterprofil: „Unsere Ruthenium-Analysen schließen den zuvor postulierten Kometen-Ursprung des Chicxulub-Impaktors aus“, konstatieren Fischer-Gödde und sein Team. Der „Dinokiller“ war demnach definitiv ein Asteroid – allerdings von einer seltenen Sorte. Denn die Isotopenwerte entsprechen denen eines kohligen Chondriten, wie die Forschenden ermittelten. Meteoriten dieses besonders alten, ursprünglichen Typs machen nur zwei bis drei Prozent aller irdischen Meteoritenfunde aus.

Alter, seltener Besucher aus dem äußeren Sonnensystem

Das Entscheidende jedoch: Kohlige Chondrite sind nicht nur selten, alt und urtümlich – sie kommen auch von weit her. Denn diese Asteroiden haben ihren Ursprung jenseits des Jupiter im äußeren Sonnensystem. Dort kondensierten sie schon in der Frühzeit des Sonnensystems aus der Urwolke aus. „Unsere Resultate sprechen dafür, dass auch der Chicxulub-Asteroid aus dieser Population der C-Typ-Asteroiden stammt, die im äußeren Sonnensystem entstanden“, berichten Fischer-Gödde und seine Kollegen.

Das bedeutet für das Täterprofil des „Dinokillers“: Er kam von weit außen im Sonnensystem und wurde durch ein noch unbekanntes Ereignis aus seiner ursprünglichen Bahn geworfen. Seine Zusammensetzung macht ihn zudem zu einem der seltenen, besonders alten und ursprünglichen Vertreter der Asteroiden. Damit sind zwar noch längst nicht alle Geheimnisse des Chicxulub-Asteroiden gelüftet. Die neuen Erkenntnisse haben aber zumindest etwas mehr Licht in diesen Cold Case der Erdgeschichte gebracht. (Science, 2024; doi: 10.1126/science.adk4868)

Quelle: Science, American Association for the Advancement of Science (AAAS)

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