Einzigartiges Zeugnis: Auf einer schottischen Inselgruppe haben Geologen die vollständigste Gesteinsabfolge aus der „Schneeball“-Phase unseres Planeten entdeckt. Nirgendwo sonst ist ein stratigrafisches Zeugnis dieses vor rund 720 Millionen Jahren einsetzenden Eiszeitalters so gut erhalten. Die rund 1.100 Meter dicken Schichten der Port-Askaig-Formation dokumentieren den Wandel von einer tropischen zu einer vereisten Landschaft. Damit könnte dieser Ort zum internationalen stratigrafischen Marker – einem „Golden Spike“– für diese Ära werden.
Die Erdgeschichte hat steinerne Spuren hinterlassen: Schichtabfolgen im Untergrund dokumentieren, wie sich Umwelt, Geologie und Klima im Laufe der Zeit immer wieder gewandelt haben. Stellen, an denen bestimmte Schichtwechsel besonders deutlich zutage treten, dienen als Referenzpunkte – markiert durch einen „Golden Spike“, eine goldfarbene Stele. Welche Gesteinsformationen zum „Global Stratotype Section and Point“ (GSSP) gekürt werden, entscheidet eine Kommission der Internationalen Union der Geowissenschaften.
Einer dieser Golden Spikes liegt beispielsweise seit dem Sommer 2021 bei Salzgitter in Niedersachsen, wo Kalkschichten den Übergang zwischen zwei Stufen der Kreidezeit dokumentieren. Der GSSP für das Ende der Kreidezeit vor 66 Millionen Jahren ist die El Kef-Formation in Tunesien, der Golden Spike für das Perm-Trias-Massensterben liegt dagegen im chinesischen Meishan.
Marker für den „Schneeball Erde“ gesucht
Jetzt könnten Geologen den Marker für eine weitere Zäsur der Erdgeschichte entdeckt haben – die sturtische Eiszeit vor rund 717 Millionen Jahren. Diese rund 57 Millionen Jahre andauernde Vergletscherung leitete das Cryogenium ein, ein Eiszeitalter mit vielleicht sogar globaler Vereisung. Diese auch als „Schneeball Erde“ bezeichnete Phase begann mit dem Auseinanderbrechen des Urkontinents Rodinia und endete erst vor rund 635 Millionen Jahren mit dem Beginn des Ediacariums – des Zeitalters, in dem die ersten mehrzelligen Tiere ihren Aufschwung erlebten.