Astronomie

Event Horizon Telescope erzielt Auflösungsrekord

Aufnahmen bei kürzerer Radiowellenlänge können neue Details Schwarze Löcher enthüllen

Schwarzes Loch in mehreren Radiowellenlängen
Durch Beobachtung mit mehr und kürzeren Radiofrequenzen können Schwarze Löcher künftig schärfer und detailreicher abgebildet werden, wie diese simulierte Aufnahme verdeutlicht. © Event Horizon Telescope/ D. Pesce, A. Chael

Astronomischer Meilenstein: Das Event Horizon Telescope (EHT) hat erstmals kosmische Objekte in der kurzen Radio-Wellenlänge von 870 Mikrometern beobachtet – und damit einen neuen Auflösungsrekord erreicht. Der Radioteleskopverbund kann damit künftig Schwarze Löcher bis zu 50 Prozent schärfer und detailreicher abbilden. Zudem sind damit nun auch Beobachtungen kleinerer Schwarzer Löcher erstmals möglich, wie das Team im „Astrophysical Journal“ berichtet. Diesen Meilenstein zu erreichen, war allerdings alles andere als einfach.

Die gekoppelten Radioteleskope des Event Horizon Telescope (EHT) haben in den letzten Jahren einige bahnbrechende Aufnahmen geliefert, darunter das erste Foto eines Schwarzen Lochs und das erste Porträt des zentralen Schwarzen Lochs der Milchstraße, Sagittarius A*. Auch den von Albert Einstein vorhergesagten Photonenring sowie die Magnetfelder und Jets um solche Schwerkraftgiganten konnten Astronomen mithilfe des weltweiten Teleskopverbunds sichtbar machen.

Allerdings waren diese Aufnahmen bisher nicht sonderlich scharf: „Der helle Ring des von der Schwerkraft gebeugten Lichts sah noch immer verschwommen aus, weil wir uns an der absoluten Grenze der für uns erreichbaren Schärfe bewegten“, erklärt Erstautor Alexander Raymond vom Harvard & Smithsonian Center for Astrophysics in den USA.

Aufnahmen im Vergleich
Simulierter Vergleich des Schwarzen Lochs M87* bei 1.300 Mikrometer (links) und der kürzeren Wellenlänge von 870 Mikrometern (rechts). © Event Horizon Telescope/ D. Pesce, A. Chael

Kürzer heißt schärfer

Aber wie lässt sich die Auflösung erhöhen? Bei einem Teleskopverbund wie dem EHT gibt es zwei Möglichkeiten: Zum einen kann man den Abstand der Teleskope zueinander vergrößern, die sogenannte Baseline. Je weiter die äußersten Teleskope auseinanderstehen, desto größer ist die virtuelle „Schüssel“, die der Verbund bildet – und desto höher ist die Auflösung. Doch die Radioteleskope des EHT stehen bereits maximal voneinander entfernt – sie bilden einen Empfänger von der Größe unseres gesamten Planeten.

Die zweite Möglichkeit ist eine Verkürzung der Beobachtungswellenlänge, denn je kürzer sie ist, desto höher ist die mögliche Auflösung. Bisher arbeitete das Event Horizon Telescope bei 1.300 Mikrometer Wellenlänge (230 Gigahertz). Besser wären aber 870 Mikrometer. Das Problem jedoch: Kürzere Radiowellen werden vom Wasserdampf in der Atmosphäre stärker absorbiert. Dadurch werden die detektierbaren astronomischen Signale stark abgeschwächt und das Störrauschen nimmt zu. Auch gegenüber wetterbedingten Turbulenzen sind die kurzwelligeren Signale anfälliger.

Um diese Hindernisse zu überwinden, musste die EHT-Kollaboration ihre auf ultrakalte Temperaturen heruntergekühlten Empfänger, die Übertragungstechnik für ihre zeitgenaue Kopplung und die Datenverarbeitung optimieren und weiterentwickeln.

EHT-Teleskope
Am ersten Test mit 870 Mikrometern nahmen diese acht Radioobservatorien teil. Zwei davon konnten aber wegen schlechten Wetters nur eingeschränkt Daten liefern. © CfA/SAO, Mel Weiss

Neuer Auflösungsrekord

Jetzt gelang der Durchbruch: Der Event-Horizon-Verbund hat erstmals kosmische Objekte bei 870 Mikrometer Wellenlänge beobachtet – ein neuer Rekord für die Radiointerferometrie. „Wir erreichen die höchste Auflösung, die je von der Erdoberfläche erzielt wurde“, berichten Raymond und seine Kollegen. Obwohl nur ein Teil des kompletten Teleskopverbunds für den Test aktiv war, erreichte das EHT bei dieser Beobachtung ferner Galaxien eine Auflösung von 19 Mikrobogensekunden.

Zwar reichten die wenigen verwendeten Empfänger nicht aus, um aus den Daten schon ein scharfes Bild zu erstellen. Die Auflösung der Radiodaten war aber bereits höher als je zuvor. Und es geht sogar noch mehr: Mit seinem kompletten Verbund könnte das Event Horizon Telescope in dieser neuen, kürzeren Wellenlänge sogar noch Strukturen von 13 Mikrobogensekunden auflösen, wie die Astronomen erklären. Zum Vergleich: Dies entspricht der Abbildung einer auf der Mondoberfläche liegenden Münze von der Erde aus.

ESO-Astronomin Suzanna Randall erklärt, wie die höhere Auflösung erreicht wurde.© ESO

„Wie der Wechsel vom Schwarzweiß-Foto auf Farbe“

Für die Erforschung von Schwarzen Löchern und ihrer Umgebung eröffnet dieser Meilenstein ganz neue Möglichkeiten: „Um zu verstehen, warum dies ein solcher Durchbruch ist, vergleichen Sie dies mit den Extra-Details, der durch den Wechsel von Schwarzweiß- zu Farbfotos sichtbar werden“, erklärt Raymonds Kollege Sheperd Doeleman. Durch die Erweiterung des Frequenzspektrums können Schwarze Löcher und ihr Lichtring rund 50 Prozent detaillierter und schärfer abgebildet werden.

Dadurch können Astronomen beispielsweise die Vorhersagen von Einstein genauer überprüfen. „Die Erweiterung auf 870 Mikrometer Wellenlänge kann beispielsweise die Substruktur des Photonenrings um unser Schwarzes Loch Sagittarius A* sichtbar machen“, berichten die Astronomen. „Wir können so versuchen, den Orbit des Lichts zu detektieren, das eine komplette Umdrehung um das Schwarze Loch vollführt.“ Der zentrale „Schatten“ des Schwarzen Lochs kann ebenfalls genauer vermessen und mit Einsteins Gleichungen verglichen werden. 

Neue Einblicke in das „Fressverhalten“ Schwarzer Löcher

Aber auch die Auswirkung der Gravitation auf die heißen Gase und Magnetfelder am Schwarzen Loch lassen sich nun genauer erforschen. „Indem wir Veränderungen im umgebenden Gas bei verschiedenen Wellenlängen untersuchen, können wir das Rätsel lösen, wie Schwarze Löcher Materie anziehen und aufnehmen und wie sie leistungsstarke Jets erzeugen können, die über galaktische Entfernungen hinausreichen“, so Doeleman.

Zudem ermöglicht es die verkürzte Wellenlänge, nun auch kleinere oder weiter entfernte Schwarze Löcher abzubilden. „Diese Signalmessungen mit dem VLBI bei 870 Mikrometern sind bahnbrechend, da sie ein neues Beobachtungsfenster für die Untersuchung supermassereicher Schwarzer Löcher öffnen“, erklärt Koautor Thomas Krichbaum vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. (The Astronomical Journal, 2024; doi: 10.3847/1538-3881/ad5bdb)

Quelle: Center for Astrophysics | Harvard & Smithsonian, European Southern Observatory (ESO)

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