Obwohl Gondwanaland schon vor 200 Millionen Jahren auseinanderbrach, finden sich noch heute überall auf der Welt geologische Überreste des alten Superkontinents: vom Roten Meer über das Amazonasbecken bis zum Südpol. Viele urzeitliche Tiere und Pflanzen, die in dieser Zeit auf dem Superkontinent lebten, wurden nach ihrem Tod in Kohle umgewandelt. Ihre Relikte bilden damit den Rohstoff, den wir heute als fossilen Brennstoff nutzen.
Auf diese Weise spielt Gondwanaland eine entscheidende Rolle auch für unsere aktuelle Epoche, das Anthropozän: Das Zeitalter, in der der Mensch begann, das Klima und die Umwelt der Erde erheblich zu beeinflussen. In manchen Kreisen wird die Kohle sogar als „das Geschenk von Gondwanaland“ bezeichnet. „Die Geschichte der Kohle in Gondwanaland ist lebendig und bedeutsam, vor allem, weil die Welt versucht, darüber nachzudenken, wie wir die Kohle nutzen und wie nicht“, erklärt die Historikerin Alison Bashford von der University of New South Wales.
Ein Regenwald als Relikt
Andere Relikte von Gondwanaland werden hingegen gefeiert und sogar geschützt: 1986 wurde eine Reihe von Regenwäldern in Australien wegen ihrer ökologischen Verbindungen zu Gondwanaland zum UNESCO-Weltnaturerbe ernannt. Diese Regenwälder, die sich über den Südosten von Queensland und den Nordosten von New South Wales erstrecken, wurden im Jahr 2007 offiziell „Gondwana Rainforests of Australia“ getauft. Bis in die 1980er Jahre waren sie jedoch noch der Abholzung und Rodung ausgesetzt.
Erst als sich Wissenschaftler und Aktivisten für die Anerkennung ihres Wertes einsetzten, änderte sich dies. Heute gehören diese Relikte Gondwanas zu den größten und bedeutendsten subtropischen und gemäßigten Regenwäldern weltweit. Ein Teil ihrer Bedeutung beruht auf den weit zurückreichenden Wurzeln ihrer Pflanzen- und Tierarten, wie beispielsweise die Norfolk-Araukarie (Araucaria heterophylla) und die Antarktische Südbuche (Nothofagus moorei), deren Ursprünge beide auf Gondwanaland zurückgehen.
„Touristen und Wanderer haben die Gondwana Rainforests of Australia in der Vergangenheit meist zugunsten der vermeintlich ‚australischeren‘ Eukalyptuswälder vernachlässigt“, sagt der Umwelthistoriker Jarrod Hore. „Aber ironischerweise sind viele dieser Arten wie die Araukarie und die Antarktische Südbuche Vorläufer der Eukalyptusbäume“.
„Eine neue Art der Enteignung“
Allerdings: Obwohl die Aufnahme dieser uralten Regenwälder in die Liste des UNESCO-Weltnaturerbes ihre Bedeutung anerkennt, greift die Aufnahme in die Liste in einem entscheidenden Punkt zu kurz, sagt Hore: „Diese Regenwälder werden im Wesentlichen von indigenen Völkern bewirtschaftet, und das schon seit Generationen“, sagt er. „Ein Grund für ihr Überdauern über all diese Zeit hinweg ist, dass die Ureinwohner entlang der Ostküste Australiens sie schützten – auch als Australien trockener wurde und Brände seit dem Ende des Eiszeitalters vor etwa 12.000 Jahren bis in die Gegenwart immer häufiger wurden.“
„In der Liste des Welterbes steht jedoch nichts über den Besitz der Aborigines oder ihre kontinuierliche Präsenz auf diesem Land. Es geht um Geologie, Biologie und Ökologie ohne Menschen“, sagt Hore. „Damit findet im Moment eine neue Art der Enteignung statt, obwohl die Ureinwohner diese Stätten weiterhin schützen, wie sie es immer getan haben.
Uralt und doch Teil der Gegenwart
Das internationale Gondwana/Land-Projekt wird voraussichtlich Mitte 2025 abgeschlossen sein. Doch für Alison Bashford geht die Geschichte weiter. „An jeder Ecke gibt es eine andere Art von Gondwanaland zu erkunden und zu durchdenken“, sagt sie. „Deshalb ist dieses Projekt für mich das interdisziplinäre und kollaborative Projekt meines Lebens.“
Das Projektteam arbeitet derzeit an einem Buch über ihre Forschungen, in dem Beiträge von Mitgliedern aus der ganzen Welt enthalten sein werden. Sie werden die verschiedenen Stränge der modernen Geschichte Gondwanalands erforschen und erklären – und so Gondwanaland wieder zusammenbringen. „Jedes Mal, wenn wir zusammenkommen, um uns zu unterhalten, entdecken wir wieder etwas Großes, Merkwürdiges und Seltsames“, sagt Bashford. „Gondwanaland ist nicht nur uralt, es ist auch Teil der modernen Geschichte. Es prägt und befeuert buchstäblich unsere Gegenwart.“