Vielversprechendes Vakzin: Ein neuer mRNA-Impfstoff schützt effektiv vor einem schweren Krankheitsverlauf bei einer Mpox-Infektion, wie erste Tests an Affen zeigen. Zudem senkt er die Wahrscheinlichkeit, das Virus weiterzugeben und neutralisiert auch verwandte Orthopoxviren. Das Vakzin übertrifft damit in mehrerlei Hinsicht die bisher verfügbaren Mpox-Impfstoffe und ist zudem schneller herstellbar. Ob und wie gut der Impfstoff bei Menschen wirkt, wird derzeit noch in einer klinischen Studie erprobt.
Mpox – früher auch Affenpocken – ist eine durch das Mpox-Virus (Orthopoxvirus simiae) ausgelöste Erkrankung. Der Erreger ist mit dem ausgerotteten Pockenvirus (Variola-Virus) verwandt, verursacht ähnliche Symptome und führt seit den 1970er Jahren immer wieder zu lokalen Ausbrüchen in Zentral- und Westafrika. Angesichts aktuell steigender Infektionszahlen hat die Weltgesundheitsorganisation WHO vor einigen Wochen den internationalen Notstand ausgerufen. Die Maßnahme erleichtert unter anderem den Kauf und Vertrieb von bereits verfügbaren Mpox-Impfstoffen.
Diese sogenannten modifizierten Vaccinia-Ankara-Impfstoffe (MVA) wurden eigentlich für die Impfung gegen das klassische Variola-Pockenvirus entwickelt, sind aber auch für den Schutz vor einer Infektion mit dem Mpox-Virus wirksam und zugelassen. Die Vakzine schützen jedoch nur teilweise vor einer Infektion. Trotz Impfung können Betroffene teils schwere Symptome entwickeln und das Virus weitergeben.
mRNA-Impfstoffe versus Totimpfstoff
Die klassische MVA-Vakzine bestehen aus abgeschwächten ganzen Viren. Diese können zwar die Krankheit nicht mehr auslösen, aber auch nur bedingten Immunschutz bewirken. Alternativ gibt es weitere Mpox-Impfstoffe aus lebenden Viren, die zwar einen besseren Immunschutz generieren, aber zugleich noch ausreichend potent sind, um auch die Krankheit hervorrufen zu können. Sie werden daher nicht eingesetzt.
Spätestens seit der Corona-Pandemie hat sich jedoch gezeigt, dass auch eine andere Art von Vakzinen effektiv vor viralen Infektionen schützen kann: mRNA-Impfstoffe. Anders als Tot- und Lebendimpfstoffe enthalten diese Vakzinen nicht das ganze Virus, sondern nur die Boten-RNA mit dem genetischen Bauplan für Schlüsselproteine des Erregers, gegen die unser Immunsystem aktiv werden soll. Das macht sie tendenziell effektiver und sicherer als Lebendimpfstoffe, wie unter anderem Tests mit mRNA-Vakzinen gegen Influenza und andere virale Infektionskrankheiten belegen. Zudem sind sie schneller herstellbar.
Neues Vakzin im Test
Ein Forschungsteam um Eric Mucker vom US Army Medical Research Institute for Infectious Diseases (USAMRIID) und die Firma Moderna haben nun einen solchen mRNA-Impfstoff gegen Mpox entwickelt und seine Wirkung erstmals an Primaten getestet. Der Wirkstoff mRNA-1769 enthält den Bauplan für vier Proteine der Virushülle, mit denen der Erreger an die Wirtszellen bindet und in sie eindringt.
Die Virologen verglichen diesen neuartigen Impfstoff mit den herkömmlichen MVA-Vakzinen und prüften insbesondere, ob diese auch die Symptome reduzieren und zu einem schwächeren Krankheitsverlauf führen. Dafür impften sie jeweils sechs Makaken mit einem der Vakzine und infizierten sie acht Wochen danach mit einem tödlichen Mpox-Virus. Zur Kontrolle infiziert sie auch sechs ungeimpfte Affen. In den Folgewochen beobachteten die Forschenden die Tiere und untersuchten wiederholt ihr Blut auf verschiedene Immunmarker.
mRNA-Impfstoff mindert Krankheitssymptome
Das Ergebnis: Von den ungeimpften Affen starben fünf der sechs uTiere an der Infektion. Die zwölf geimpften Makaken überlebten hingegen alle. Zudem verlief die Krankheit bei den Tieren, die den mRNA-Impfstoff erhalten hatten, glimpflicher als bei den Makaken mit dem MVA-Impfstoff. Sie verloren weniger Gewicht und wiesen deutlich weniger Pocken auf der Haut auf.
Im Schnitt zählten die Forschenden 54 Läsionen bei mRNA-immunisierten Tieren, 607 Läsionen bei MVA-geimpften Affen und 1.448 Läsionen bei den ungeimpften Kontrollen. Die WHO klassifiziert einen schweren Krankheitsverlauf ab 100 oder mehr Läsionen.
Durch den mRNA-Impfstoff klang die Erkrankung zudem etwa zehn Tage früher wieder ab als bei den herkömmlichen Vakzinen. In den Blutproben und Rachenabstrichen fanden die Virologen darüber hinaus weniger Viren, wenn die Tiere mit dem mRNA-Vakzin immunisiert waren. Das legt nahe, dass der neuartige Impfstoff auch effektiver vor einer Übertragung des Erregers auf andere Tiere schützt.
Sicherere Alternative gegen Mpox
„Als wir diese Impfstoffe bei Primaten gegenüberstellten, sahen wir eine verbesserte Reaktion des mRNA-Impfstoffs, nicht nur in Bezug auf den Überlebensschutz, sondern auch in Bezug auf weniger Läsionen, eine kürzere Krankheitsdauer und weniger Virusausscheidung im Blut und in den Atemwegen“, fasst Alec Freyn von Moderna zusammen.
Das Team schließt daraus, dass ihr Wirkstoff effektiver und sicherer ist als die bisher verfügbaren. „Mit der mRNA-Technologie sind wir in der Lage, einen Impfstoff herzustellen, der recht starke Reaktionen mit einem sehr verträglichen Sicherheitsprofil hervorruft“, sagt Seniorautor Jay Hooper vom USAMRIID.
Immunschutz auch vor verwandten Viren
Doch die Tests legen ein noch größeres Potenzial nahe: Durch den neuen mRNA-Impfstoff bildeten die Affen auch mehr und vielfältigere Antikörper als durch den MVA-Impfstoff. Das Immunsystem der Tiere konnte dadurch nicht nur das Mpox-Virus, sondern auch verwandte Orthopoxviren effektiver abwehren und neutralisieren, wie das Team berichtet.
„Wir haben das Serum der mit diesem Impfstoff immunisierten Affen gegen praktisch jedes Orthopoxvirus getestet, das wir in die Finger bekommen konnten“, sagt Freyn. „Es neutralisierte nicht nur Mpox, sondern auch Vaccinia, Kuhpocken, Kaninchenpocken, Kamelpocken und Ektromelia-Viren.“ Der mRNA-Impfstoff könnte demnach möglicherweise auch vor anderen Orthopoxviren schützen, die in Zukunft auftreten könnten, vermuten die Forschenden.
Klinische Studie läuft
Bis der neue Impfstoff für Menschen verfügbar ist, wird es allerdings noch etwas dauern. Der Wirkstoff mRNA-1769 wird derzeit in einer ersten klinischen Studie erprobt. Dabei werden Wirkung und mögliche Nebenwirkungen des Vakzins in verschiedenen Dosierungen bei Menschen untersucht. Zudem wird geprüft, wie lange der Immunschutz anhält. (Cell, 2024; doi: 10.1016/j.cell.2024.08.043)
Quelle: Cell Press