Exotischer Zustand: Physiker haben Lichtteilchen so manipuliert, dass sie ein eindimensionales Gas bilden – einen Zustand, in dem die Photonen anders reagieren als normalerweise. Dieses eindimensionale Lichtgas ermöglichte erstmals die Überprüfung theoretischer Vorhersagen. So enthüllte das Experiment, dass die Photonen in diesem eindimensionalen Zustand keinen scharfen Phasenübergang zum optischen Bose-Einstein-Kondensat mehr zeigen, wie das Team in „Nature Physics“ berichtet.
Normalerweise wechselwirken Photonen kaum miteinander: Lichtstrahlen können sich beispielsweise kreuzen, ohne dass sie abgelenkt werden. Anders als Atome und andere Materieteilchen können Lichtteilchen sogar zur selben Zeit am selben Ort sein. Allerdings gibt es spezielle Bedingungen, unter denen Photonen doch miteinander interagieren – sie können dann molekülartige Zweier- und Dreiergruppen bilden und durch Energieentzug zum optischen Bose-Einstein-Kondensat werden. In diesem reagieren die Lichtteilchen im Kollektiv, wie eine Art „Super-Photon“.
Und noch einen exotischen Lichtzustand gibt es: Durch spezielle Reflektorkammern lässt sich Licht in ein bosonisches Gas umwandeln. In diesem „Lichtgas“ verhalten sich die Photonen Atom-ähnlich: Sie gehen einander aus dem Weg und setzen einer Erhöhung ihrer Dichte einen Widerstand entgegen.
Lichtkäfig nimmt Photonen ihre Bewegungsfreiheit
Jetzt haben Physiker um Kirankumar Umesh von der Universität Bonn ein neues Extrem bei einem solchen Lichtgas erzeugt: Sie haben diesen ohnehin schon exotischen Zustand auf eine Dimension reduziert. Die Photonen in ihrem „Lichtkäfig“ können sich dadurch – anders als beispielsweise in einem schmalen Lichtleiter – weder seitlich noch in der Länge bewegen. Um ein solches eindimensionales Lichtgas zu erzeugen, modifizierten die Physiker die winzige, mit einer speziellen Farbstofflösung gefüllte Reflektorkammer, die bisher als Lichtkäfig diente.
„Wir nutzen eine neuartige Technik, um die Photonen einzuengen, indem wir Polymerstrukturen auf eine der Spiegeloberflächen drucken“, erklärt das Team. Diese Strukturen sind kleiner als die Wellenlänge des gefangenen Lichts und begrenzen dadurch die Bewegungsfreiheit der Photonen. Die Physiker konnten so erstmals beobachten was passiert, wenn ein entweder ein- oder zweidimensionales Lichtgas durch Abkühlen in ein optisches Bose-Einstein-Kondensat umgewandelt wird.
Phasenübergang „schmiert aus“
Das Experiment zeigte: Wenn man ein zweidimensionales Lichtgas kondensiert, zeigt sich ein scharfer Übergang zum optischen Bose-Einstein-Kondensat – es gibt eine deutlich erkennbare Grenze, ähnlich wie beim Phasenübergang von Wasser vom flüssigen in den gefrorenen Zustand. „In Photonengasen gibt es zwar sogenannte thermische Fluktuationen. Diese sind in zwei Dimensionen aber so klein, dass sie nicht weiter stören“, erklärt Seniorautor Frank Vewinger von der Universität Bonn.
Doch in einem eindimensionalen Lichtgas ist dies anders, wie das Experiment enthüllte: Die thermischen Fluktuationen sind im eindimensionalen System so stark, dass sie den geordneten Übergang verhindern. Der in zwei Dimensionen noch genau definierte Phasenübergang „schmiert“ immer mehr aus, je eindimensionaler das System wird. Es ist ungefähr so, als würde Wasser bei niedrigen Temperaturen zu einer Art Eiswasser werden, das jedoch nie vollständig gefriert.
Theoretische Vorhersage bestätigt
„Uns ist es damit erstmals gelungen, dieses Verhalten am Übergang von einem zwei- zu einem eindimensionalen Photonengas zu untersuchen“, erklärt Vewinger. Der Nachweis des gleitenden statt scharfen Übergangs zum Photonen-Kondensat bestätigt theoretische Vorhersagen. Nach diesen dürften eindimensionale Photonengase wegen der starken Fluktuationen keinen scharfen Kondensationspunkt besitzen.
Die Physiker hoffen, durch ihren neuartigen „Lichtkäfig“ künftig noch weitere Phänomene der extrem eingeengten Photonen untersuchen zu können. Momentan handelt es sich dabei primär um Grundlagenforschung. Möglicherweise erwachsen daraus aber neue Anwendungsmöglichkeiten für quantenoptische Effekte, wie sie erklären. (Nature Physics, 2024; doi: 10.1038/s41567-024-02641-7)
Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn