Flackerndes Licht kann in unserem Gehirn zu Halluzinationen führen. Vor unserem inneren Auge sehen wir dann Kaleidoskop-ähnliche Muster. Ähnlich wie bei den Auren von Migräne- oder Epilepsie-Anfällen können das simple Punkte und Striche sein, geometrische Muster wie Dreiecke, Kreise oder Ellipsen oder noch komplexere Bilder. Doch wie kommt es zu diesen Halluzinationen?
Der Effekt der lichtinduzierten Halluzinationen ist seit rund 200 Jahren bekannt. Er tritt beispielsweise auf, wenn wir durch eine Allee oder einen Wald fahren und das Sonnenlicht durch die Lücken zwischen den Bäumen oder Blättern auf unsere geschlossenen Augen scheint. Oder wenn wir im Stroboskop-Licht auf der Tanzfläche einer Disco stehen. Je schneller die Lichtblitze dabei auf unser Auge treffen, desto feiner und detaillierter werden die halluzinierten Muster, wie Betroffene berichten.
Hirnaktivität sichtbar gemacht
Doch wie kommen solche Halluzinationen im Gehirn zustande? Das hat ein Team um Rasa Gulbinaite vom Niederländischen Institut für Neurowissenschaften (KNAW) anhand von Mäusen untersucht. Dafür setzten die Neurowissenschaftler Mäuse flackerndem Licht mit unterschiedlichen Frequenzen aus und machten währenddessen mit Hochgeschwindigkeitskameras Bilder von ihrem Gehirn.
„Diese Mäuse waren genetisch verändert und hatten eine Fluoreszenzmarkierung, die an bestimmte Neuronen gebunden war. Wenn diese Neuronen aktiv waren, fluoreszierten sie, was es uns ermöglichte, die Gehirnaktivität zu verfolgen“, erklärt Gulbinaite.
Stehende Wellen im Sehzentrum
Die Aufnahmen zeigten: Das flackernde Licht verursacht durch seine regelmäßigen Lichtblitze Signale in mehreren Teilen des Sehzentrums in der Hirnrinde, die sich räumlich ausbreiten und an den Rändern der Hirnrinde zurückgeworfen werden. Dadurch überlagern sich die Signale gegenseitig und bilden bei bestimmten Frequenzen sogenannte „stehende Wellen“ an neuronaler Aktivität, wie das Team berichtet. „Wir nehmen an, dass die beobachteten stehenden Wellen der Mechanismus hinter den flimmerinduzierten Halluzinationen sind“, sagt Gulbinaite.
Das Sehzentrum interpretiert diese scheinbar unbeweglichen Wellen je nach Einfallswinkel und Frequenz dann als unterschiedliche Muster – etwa als Windrad, Zielscheibe oder rotierende Spirale. „Beim Menschen rufen flackernde Felder geometrische halluzinatorische Wahrnehmungen wie sich bewegende Kreise, Spiralen, Fächer, Gitter und Waben hervor“, schreibt das Team.
Ähnlichkeit bei Maus und Mensch
Zwar kann man Mäuse nicht fragen, ob sie ebenfalls solche geometrischen Muster sehen und wie diese für sie aussehen. Die Aufnahmen ihrer Hirnaktivität legen jedoch nahe, dass dort wie bei uns Menschen feinere Muster entstehen, wenn die Lichtfrequenz zunimmt. Zudem ähneln sich die Blitzfrequenzen, bei denen die stehenden Wellen entstehen, in Mäusen und Menschen. Bei Mäusen betragen sie 8, 15, und 33 Hertz, bei Menschen rund 10, 15–20 und 40–50 Hertz. (Current Biology, 2024; doi: 10.1016/j.cub.2024.07.091)
Quelle: Niederländisches Institut für Neurowissenschaften (KNAW)