Medizin

Welches Mittel hilft am besten gegen Migräne?

In einer Vergleichsanalyse von 17 verschiedenen Präparaten schneiden Triptane am besten ab

Kopfschmerzen
Gegen Migräne helfen Triptane am effektivsten, doch sie werden bisher kaum genutzt. © peterschreiber.media/ iStock

Schmerzblocker im Test: Gegen akuten Migräne-Kopfschmerz helfen Wirkstoffe aus der Klasse der Triptane am besten – sie sind wirksamer als gängige Schmerzmittel, aber auch effektiver als neue Wirkstoffe wie Ditane und Gepante. Das zeigt eine umfassende Vergleichsanalyse von 17 Medikamenten bei insgesamt mehr als 90.000 Teilnehmenden. Doch trotz der guten Wirkung der Triptane sind sie noch immer kaum bekannt und gebräuchlich – in Deutschland liegt ihr Anteil an den verkauften Migränemitteln bei nur sieben Prozent.

Kopfschmerzen, Lichtempfindlichkeit, Übelkeit: Rund 15 Prozent der Frauen und sechs Prozent der Männer in Deutschland leiden unter Migräne. Typisch für die wiederkehrenden Anfälle sind einseitige, oft starke pochende Kopfschmerzen, begleitet von Übelkeit, Lichtempfindlichkeit und Erschöpfung – im Extremfall mehrere Tage lang. Die Ursachen für Migräne sind zum Teil genetisch bedingt, Migräniker zeigen daher auch jenseits der Attacken Auffälligkeiten in der Hirnaktivität und der Hirnanatomie.

Wie oft akute Migräneanfälle auftreten, hängt jedoch von zusätzlichen Faktoren wie der Ernährung, dem Schlafrhythmus, der Stressbelastung oder auch den Hormonen ab.

17 Präparate im Vergleich

Doch was hilft am besten gegen akute Migräne? Die meisten Betroffenen bekämpfen die Schmerzen noch immer mit klassischen Schmerzmitteln wie Ibuprofen, Acetylsalicylsäure oder Paracetamol. Doch es gibt eine ganze Reihe von Medikamenten, die spezifischer wirken. So setzen Triptane an den Serotonin-Rezeptoren im Gehirn an und dämpfen sowohl die Kopfschmerzen als auch Begleitsymptome wie Übelkeit und Reizempfindlichkeit. Weil sie auch die Gefäße verengen, sind sie für Menschen mit Durchblutungsstörungen aber nur bedingt geeignet.

Eine Weiterentwicklung sind die Ditane, die nur an einem bestimmten Serotonin-Rezeptor andocken und die Adern nicht verengen. Ebenfalls neu zur Migränebehandlung zugelassen sind Gepante – Medikamente, die ähnlich wie manche Antikörperpräparate die Freisetzung des Botenstoffs CGRP im Gehirn hemmen. Dieser wirkt gefäßerweiternd und entzündungsfördernd und gilt als wichtiger Akteur beim Entstehen eines Migräneanfalls. Doch bisher ist strittig, welche dieser verschiedenen Mittel primär gegen akute Migräne eingesetzt werden sollten.

Deshalb haben William Karlsson vom Universitätsklinikum Kopenhagen und seine Kollegen nun die verfügbaren Wirkstoffe der bisher umfassendsten Vergleichsanalyse unterzogen. Dafür werteten sie 137 Studien mit insgesamt 89.445 Teilnehmenden aus, in denen die Wirksamkeit von 17 Migränemitteln gegenüber einem Placebo untersucht wurde. Vergleichskriterien waren der Rückgang der Schmerzen zwei Stunden nach Einnahme sowie die Schmerzfreiheit nach 24 Stunden. Auch die Wirkung auf Begleiterscheinungen sowie die Nebenwirkungen der Arzneimittel berücksichtigte das Team.

Triptane liegen klar vorne

Das Ergebnis: Bei fast allen Kriterien schnitten die Triptane am besten ab. „Eletriptan, Rizatriptan, Sumatriptan und Zolmitriptan hatten die besten Wirkungsprofile und waren effektiver als die neu vermarkteten Medikamente Lasmaditan, Rimegepant und Ubrogepant“, berichten Karlsson und seine Kollegen. Die Triptane halfen vor allem dabei, die akuten Migräneschmerzen schnell und möglichst gut zu lindern, und wirkten dabei besser als Placebos, gängige Schmerzmittel und die meisten neueren Präparate.

Allerdings sind gerade die Triptane bisher kaum gebräuchlich. „Trotz ihrer geringen Kosten und balancierten Effektivität und Tolerabilität werden Triptane zu wenig eingesetzt“, schreiben Karlsson und seine Kollegen. In Deutschland nehmen laut Robert-Koch-Institut nur rund 7,3 Prozent der Migränepatienten Triptane ein. Die allermeisten Betroffenen greifen stattdessen zu gängigen, unspezifischen Schmerzmitteln wie Ibuprofen, Paracetamol oder Acetylsalicylsäure.

Ibuprofen wirksamer als Paracetamol

Für die gängigen Schmerzmittel ergab die Metaanalyse: Ibuprofen kann offenbar vor allem in Bezug auf seine nachhaltige Wirkung punkten: Bei der Schmerzfreiheit nach 24 Stunden erwies sich dieses Mittel neben Eletriptan als sehr effektiv, wie die Forschenden feststellten. Weniger wirksam ist hingegen Paracetamol: Dieses Schmerzmittel schnitt nur wenig besser ab als ein Placebo, zeigte dafür aber auch kaum Nebenwirkungen, wenn man von einem Risiko für Leberschäden bei Überdosierung absieht.

Relativ starke Nebenwirkungen hatten dagegen zwei der neueren Wirkstoffe: Lasmaditan verursacht häufiger Schwindel, Müdigkeit und Empfindungsstörungen, wie die Analyse ergab. Die US-Arzneimittelbehörde FDA rät deswegen davon ab, nach der Einnahme Auto zu fahren. Bei Ubrogepant trat als Nebenwirkung besonders häufig Übelkeit auf, wie Karlsson und seine Kollegen berichten.

„Allerdings muss bei den Nebenwirkungen berücksichtigt werden, dass Symptome wie Übelkeit, Müdigkeit oder Benommenheit auch Beschwerden im Rahmen der eigentlichen Migräneattacke sein können“, sagt Co-Autor Hans Christoph Diener von der Universität Duisburg-Essen. Bei den Triptanen sei zu beachten, dass sie wegen ihrer gefäßverengenden Wirkung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht eingenommen werden sollten.

Behandlung muss verbessert werden

Zusammenfassend stellen die Forschenden fest, dass Triptane in den meisten Fällen die beste Wahl zur Behandlung von akuter Migräne sein dürften. Einige dieser Präparate sind inzwischen sogar rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Weil sie bisher aber kaum genutzt werden, gibt es hier nach Ansicht von Karlsson und seinen Kollegen einige Verbesserungsmöglichkeiten in der Migränetherapie.

„Die effektivsten Triptane sollten als bevorzugte Akutbehandlung bei Migräne betrachtet werden und auch in die Liste der essenziellen Medikamente der WHO aufgenommen werden“, konstatiert das Forschungsteam. (The BMJ, 2024; doi: 10.1136/bmj-2024-080107)

Quelle: BMJ

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