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Mikrobiologie

Älteste lebende Mikroben aufgespürt?

Forscher finden Mikroorganismen in zwei Milliarden Jahre altem Gestein

Bild zeigt die grün gefärbte DNA in den Mikroben
Mikrobielle Zellen: Dieses Bild zeigt die grün gefärbte DNA in den Mikroben. © Y. Suzuki, S. J. Webb, M. Kouduka et al. 2024/ Microbial Ecology/ CC BY NC ND

Überlebenskünstler: In einer Gesteinsformation aus Südafrika könnten Wissenschaftler die ältesten lebenden Mikroorganismen der Welt gefunden haben. Diese Einzeller überleben wahrscheinlich seit zwei Milliarden Jahren isoliert von der Außenwelt in den Spalten dieses Gesteins. Wovon sie sich dabei ernährten und welcher Art sie angehören, ist noch unklar. Doch die Entdeckung liefert wertvolle Hinweise auf frühe Lebensformen auf der Erde und weckt Hoffnungen, auch Leben auf dem Mars zu finden.

Bakterien, Pilze und andere Mikroorganismen sind auf unserem Planeten allgegenwärtig – selbst kilometertief unter der Erdoberfläche kommen sie vor. Diese winzigen, widerstandsfähigen Bewohner der tiefen Biosphäre überleben tausende oder sogar Millionen von Jahren ohne Licht, mit kaum Nährstoffen und unter hohem Druck. Wie sie das machen, ist bisher erst in Teilen geklärt.

Erste Untersuchungen legen jedoch nahe, dass solche tief im Gestein lebenden Mikroben ihre Energie und Nährstoffe primär aus geochemischen Reaktionen sowie durch radioaktive Zerfälle erzeugtem Wasserstoff beziehen. Zudem scheinen diese Lebewesen auf Sparflamme und in Zeitlupe zu leben. Ähnliche Strategien könnten schon die frühesten irdischen Lebensformen genutzt haben.

Spurensuche in uraltem Gestein

Für Forscher sind Mikroben aus der tiefen Biosphäre daher eine Möglichkeit, einen Blick in die Vergangenheit unseres Planeten zu werfen – vor allem, wenn diese Organismen Millionen Jahre lang isoliert gelebt und sich wegen ihres langsamen Tempos kaum weiterentwickelt haben. „Die bisher älteste geologische Schicht, in der lebende Mikroorganismen gefunden wurden, war eine 100 Millionen Jahre alte Ablagerung unter dem Meeresboden”, sagt Yohey Suzuki von der Universität Tokio. Doch gibt es Mikroben, die noch älter sind?

Um das herauszufinden, hat ein Team um Suzuki Gesteinsproben aus dem Bushveld-Komplex in Südafrika entnommen und untersucht. Das 66.000 Quadratkilometer große Gebiet ist für seine reichen Erzvorkommen bekannt, enthält beispielsweise Platinerze und ist reich an Magnesium und Eisen. Die bis zu neun Kilometer dicke Gesteinsformation entstand vor Milliarden Jahren, als Magma aus dem Erdinneren aufstieg und unter der Erdoberfläche langsam abkühlte.

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Bild der Bohrkernprobe
Bohrkernprobe mit offenen Brüchen: Dieses Bild wurde vor Ort aufgenommen, als die Gesteinsprobe entnommen wurde. Der 30 Zentimeter lange Bohrkern mit einem Durchmesser von 85 Millimetern wurde dann zur weiteren Untersuchung nach Japan gebracht. © Y. Suzuki/ CC BY NC ND

Bohrkern im Fokus

Seither hat sich das uralte Gestein nur minimal verformt. Daher sind kaum neue Risse oder Spalten entstanden und die Hohlräume in dieser Felsformation blieben bis heute weitgehend von der Außenwelt isoliert. Aufgrund dieser Entstehungsweise nehmen Forscher an, dass der Felskomplex einen stabilen Lebensraum für uralte Mikroben bot, die bis heute weiterleben.

Suzuki und seine Kollegen entnahmen aus dieser Formation einen 30 Zentimeter langen Felsblock aus etwa 15 Meter Tiefe und schnitten diesen mit einer Diamantsäge in dünne Scheiben. Anschließend untersuchten sie das Alter der Gesteinsprobe und ermittelten, ob es in den Gesteinszwischenräumen noch lebende Mikroorganismen gab.

Zwei Milliarden Jahre lang isoliert

Tatsächlich wurden die Forscher fündig: Sie fanden dichte Kolonien lebender Mikroben in den mit Lehmmineralien gefüllten Ritzen des zwei Milliarden Jahre alten Gesteins. Analysen der DNA und der Proteine der Mikroorganismen mittels Infrarotspektroskopie, Elektronenmikroskopie und Fluoreszenzmikroskopie bestätigten, dass die Mikroben tatsächlich aus dem Gestein stammen und nicht erst durch Kontamination bei der Probennahme oder während der Untersuchungen dorthin gelangt waren.

In dem Fels waren sie zudem lange allein: „Die dichte Packung der Lehmmineralien begrenzt den Austritt und Zutritt von mikrobiellen Zellen in diese Gesteinsadern stark“, erklärt das Team. Die nachgewiesenen Mikroben waren demnach über lange Zeiträume hinweg weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten.

Wie alt die Organismen selbst sind, geht aus der Analyse zwar nicht hervor. Nach Ansicht von Suzuki und seinen Kollegen spricht aber einiges dafür, dass die Mikrobenpopulation schon seit rund zwei Milliarden Jahren in diesem Gestein lebt. Sie könnten damit den ältesten bekannten Fund lebender Mikroorganismen darstellen.

Tonminerale als Nahrungsquelle?

Doch wovon lebte diese urzeitliche Mikrobengemeinschaft die ganze Zeit? Suzuki und seine Kollegen vermuten, dass das lehmige Substrat den Organismen die nötigen Ressourcen lieferte. „Die dort heimischen Mikroben überleben in den Lehmadern, indem sie Energie aus anorganischen und/oder organischen Quellen metabolisieren, die an den Tonmineralen zur Verfügung stehen“, mutmaßt das Team.

Weitere Studien seien nun nötig, um die genauen Nahrungsquellen, die Stoffwechselmerkmale und die Identität dieser Gesteinsbewohner aufzuklären.

Erforschung des frühen Lebens auf Erde und Mars

Die durch diese Mikroben gewonnen Erkenntnisse könnten helfen, die Anfänge des Lebens auf unserem Planeten näher zu erforschen. „Durch die Untersuchung der DNA und des Genoms solcher Mikroben können wir möglicherweise die Evolution des sehr frühen Lebens auf der Erde verstehen,” sagt Suzuki.

Zudem erleichtern die Erkenntnisse die Suche nach außerirdischem Leben in ähnlich alten Gesteinsproben, die künftig beispielsweise vom Mars oder anderen Planeten mitgebracht werden. „Marsgestein ist im Allgemeinen viel älter als Erdgestein. Der aktuell auf dem Mars aktive Rover Perseverance der NASA soll aber Gesteine zurückbringen, die ein ähnliches Alter haben wie die, die wir in dieser Studie verwendet haben“, sagt Suzuki. „Ich bin gespannt, was wir in diesen Proben vom Mars finden könnten.” (Microbial Ecology, 2024; doi: 10.1007/s00248-024-02434-8)

Quelle: Universität Tokio

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