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Meeresforschung

„Geisterschiff des Pazifiks“ wiederentdeckt

Kriegsschiff USS Stewart diente im Zweiten Weltkrieg gleich zwei verfeindeten Mächten

Wrack der USS Stewart
Diese Sonaraufnahme zeigt das Wrack der USS Stewart – des "Geisterschiffs des Pazifiks" am Meeresgrund vor der kalifornischen Küste. © Ocean Infinity

Geschichtsträchtiger Fund: Vor der Küste Kaliforniens haben Forschende das Wrack des berühmten „Geisterschiffs des Pazifiks“ entdeckt – die USS Stewart. Dieser US-Zerstörer war im Zweiten Weltkrieg das einzige Kriegsschiff, das für zwei verfeindete Mächte im Einsatz war: Es diente erst der US-Marine, wurde dann aber von Japan erbeutet, repariert und in dessen Flotte eingesetzt. Nach Kriegsende wurde die USS Stewart bei Zielübungen versenkt, die genaue Position des Schiffswracks wurde erst jetzt mithilfe von Tauchrobotern wiedergefunden.

Ob antike Frachter, mittelalterliche Flaggschiffe oder versenkte Kriegsschiffe: Immer wieder werden Schiffswracks am Meeresgrund entdeckt, die wertvolle Informationen über die Geschichte der Seefahrt liefern. Andere zeugen von Kriegen und Konflikten – von Piratenangriffen bis zu den Seeschlachten des Zweiten Weltkriegs.

USS Stewart
Der US-Zerstörer USS Stewart im Jahr 1946 – das Schiff hatte eine einzigartige Geschichte hinter sich. © U.S. Navy

Ein US-Zerstörer auf Abwegen

Doch immer wieder gibt es Schiffe, die eine ganz besondere Geschichte hinter sich haben – eines davon ist die USS Stewart. Dieser 1920 von der US-Marine in Dienst gestellte Zerstörer war 1941, als die Japaner Pearl Harbour angriffen und die USA in den Zweiten Weltkrieg eintraten, auf den Philippinen stationiert. Die zu diesem Zeitpunkt schon recht betagte USS Stewart wurde Teil der Asienflotte der USA, aber bereits 1942 im Gefecht schwer beschädigt. Das Kriegsschiff musste daraufhin ins Trockendock auf der Insel Java.

Wenig später eroberten jedoch die Japaner die Insel – und mit ihr auch die kaputte USS Stewart. Was die Japaner mit dem erbeuteten US-Zerstörer taten, blieb zunächst unbekannt. 1943 jedoch mehrten sich Berichte von US-Piloten, die von überraschenden Sichtungen eines alten US-Kriegsschiffs weit hinter den feindlichen Linien erzählten. Es entstand die Legende vom „Geisterschiff des Pazifiks“.

Das „Geisterschiff“ kehrt heim

Was hinter dem „Geisterschiff“ steckte, klärte sich erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs: Man fand den verschollenen Zerstörer USS Stewart im Hafen des japanischen Kure wieder, allerdings unter fremdem Namen und japanischer Flagge: Die japanische Marine hatte das beschädigte US-Kriegsschiff gehoben, instand gesetzt und ein Jahr nach seiner Erbeutung als „Patrouillenboot Nummer 102“ in den Dienst der eigenen Flotte gestellt. Dies erklärte das Auftauchen eines Schiffs unverkennbar amerikanischer Bauart in japanischen Gewässern.

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Die US-Marine schleppte den wiedergefundenen Zerstörer zurück nach Kalifornien, wo die USS Stewart im Hafen von San Francisco feierlich empfangen wurde. Einsatzfähig war das betagte Kriegsschiff allerdings nicht mehr. Deshalb kam sie am 24. Mai 1946 ein letztes Mal zum Einsatz: Als Übungsziel bei einem Marinemanöver. Dabei wurde das Schiff vor der kalifornischen Küste versenkt – wo genau, blieb jedoch unklar.

Schiffswrack
Das Wrack der USS Stewart am Meeresgrund – das Schiff steht aufrecht und ist bemerkenswert gut erhalten. © Ocean Infinity

Wrack steht aufrecht auf den Meeresgrund

Erst jetzt – 78 Jahre später – wurde das Wrack der USS Stewart gefunden. Aufspürt haben es Unterwasserarchäologen und Bergungsspezialisten im Rahmen einer Kooperation der US-Meeresforschungsbehörde NOAA, der Air/Sea Heritage Foundation, Ocean Infinity America und SEARCH. Nach Auswertung historischer Logbücher der Marineübung von 1946 führte das Team in einem Meeresgebiet nördlich von San Francisco eine systematische Suche durch. Dafür scannten drei Tauchroboter den Meeresgrund mittels hochauflösenden Sonar- und Echolotsystemen.

Tatsächlich wurden sie fündig: Die Aufnahmen enthüllten das Wrack der USS Stewart inmitten des Meeresschutzgebiets Cordell Bank. Das Schiffswrack steht dort in rund tausend Meter Tiefe erstaunlich gut erhalten auf dem Meeresgrund. „Vorläufige Sonarscans ergaben, dass die Stewart größtenteils intakt ist und dass ihr Rumpf nahezu aufrecht auf dem Meeresgrund liegt“, berichtet James Delgado von der Organisation SEARCH. „Ihr guter Erhaltungszustand ist für ein Schiff dieses Alters außergewöhnlich. Es macht die USS Stewart zu einem der besterhaltenen Zerstörer dieses Typs.“

Damit könne dieses Schiffswrack wertvolle Einblicke in die Schiffsbauweise und Technologie der Marine im frühen 20. Jahrhundert liefern. Gleichzeitig sei die USS Stewart ein wichtiges Stück Geschichte: „Ihr Werdegang von US-Kriegsschiff zur japanischen Beute und wieder zurück macht dieses Schiff zu einem starken Symbol für die Komplexität des Pazifikkrieges“, konstatiert Delgado.

Quelle: SEARCH

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