Medizintechnik

Blutdruck: Falsche Armhaltung verfälscht Messung

Gängiger Fehler beim Blutdruckmessen kann zu Fehldiagnosen führen

Arzt misst bei einem Patienten den Blutdruck mit einem digitalen Blutdruckmessgerät.
Beim Messen des Blutdrucks sollte der Arm auf einem Tisch aufliegen. © SARINYAPINNGAM / iStock

Falsch gemessen: Beim Messen des Blutdrucks spielt die Position des Arms eine wichtigere Rolle als gemeinhin angenommen. Denn wird der Arm falsch gehalten, kann dies erhebliche Messfehler verursachen, wie eine Studie enthüllt. Im Extremfall kann dies zur Diagnose Bluthochdruck führen, obwohl die Person gesund ist. Sie erhält dann unter Umständen Blutdruck senkende Medikamente, obwohl sie gar keine braucht. Wie aber misst man den Blutdruck richtig?

Millionen Menschen weltweit haben einen erhöhten Blutdruck, oft aufgrund ihres Lebensstils und Übergewicht. Unbehandelt kann ein anhaltender Bluthochdruck die Gefäßwände und das Herz schädigen und so das Risiko erhöhen, einen Schlaganfall, einen Herzinfarkt oder eine andere Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden. Auch die Nieren, das Gehirn und andere Organe können dadurch Schaden nehmen. Menschen mit Bluthochdruck erhalten daher oft vorbeugend Blutdruck senkende Medikamente. Als Richtwerte für den normalen Blutdruck von gesunden jungen Menschen gelten 120/80 Millimeter Quecksilber (mmHg).

Um adäquat festzustellen, wie hoch der Blutdruck eines Patienten ist, gelten bestimmte Richtlinien. Demnach soll bei der Blutdruckmessung eine angemessen große Manschette auf Höhe des Herzens am Oberarm angebracht werden. Der Arm sollte dabei auf einem Tisch oder anderen Objekt abgestützt werden. Der Patient soll zudem mit dem Rücken angelehnt sitzen, die Füße flach auf dem Boden mit ungekreuzten Beinen. Insbesondere die Armstütze wird jedoch in der Praxis oft nicht eingehalten.

Drei Armpositionen im Vergleich

Ein Team um Sherry Liu von der Johns Hopkins University hat nun untersucht, ob und wie stark die Haltung des Arms die Messwerte verfälschen kann. Dafür maßen die Mediziner wiederholt den Blutdruck bei 133 Erwachsenen zwischen 18 und 80 Jahren. Dabei testeten sie drei verschiedene Armpositionen in unterschiedlichen Reihenfolgen: auf einem Tisch abgestützt, im Schoß des Patienten abgelegt oder ohne Unterstützung seitlich am Körper herabhängend.

Um eine realistische Messsituation in einer Klinik zu simulieren, wurden die Blutdruckmessungen zwischen morgens um neun Uhr und abends um 18 Uhr mit einem digitalen Messgerät durchgeführt. Vor der Messung sollten die Testpersonen zwei Minuten zum Untersuchungsraum laufen, wo sie dann fünf Minuten auf einem Stuhl sitzend warteten. Nach den drei Messungen in unterschiedlichen Positionen liefen sie erneut für zwei Minuten umher und warteten anschließend fünf Minuten, bevor ihr Blutdruck ein viertes Mal gemessen wurde – diesmal in der empfohlenen Position mit dem Arm auf dem Tisch.

Falsche Armposition führt zu höheren Messwerten

Der Vergleich der verschiedenen Messwerte ergab, dass die Armposition die Ergebnisse erheblich beeinflusste. Wenn der Arm im Schoß lag, war der obere Messwert um durchschnittlich 3,9 Millimeter Quecksilber (mmHg) höher als in der abgestützten Armposition und der untere Messwert um 4,0 Einheiten erhöht. Hing der Arm lose herab, waren diese Werte sogar um 6,5 und 4,4 Einheiten höher. Der obere Wert – der systolische Druck – gibt dabei an, mit welcher Kraft das Herz das Blut in den Körper pumpt, und der untere – der diastolische Druck –, mit welcher Kraft das Blut zwischen zwei Herzschlägen durch die Adern fließt.

Auch wenn diese Messunterschiede gering scheinen, können sie erhebliche Folgen nach sich ziehen und sogar zu Fehldiagnosen führen: „Wenn Sie den Blutdruck konsequent mit einem nicht gestützten Arm messen und das einen überschätzten Blutdruck von 6,5 mmHg ergibt, ist das eine potenzielle Differenz zwischen einem systolischen Blutdruck von 123 und 130 oder 133 und 140 – was als Hypertonie im Stadium 2 gilt“, sagt Liu. Unter Umständen erhalten dann Patienten Blutdruck senkende Medikamente, obwohl sie gar keine brauchen.

So misst man den Blutdruck richtig. © Deutsche Herzstiftung

Ärzte und Patienten in der Pflicht

„Die Ergebnisse bestätigen, dass die Armhaltung einen großen Unterschied macht, wenn es um eine genaue Blutdruckmessung geht“, sagt Seniorautor Tammy Brady von der Johns Hopkins University. „Und sie unterstreichen, wie wichtig es ist, sich an die klinischen Richtlinien zu halten, die bei der Messung des Blutdrucks eine feste Unterstützung auf einem Schreibtisch oder einer anderen Oberfläche erfordern.“

Zwar gelten die Ergebnisse nur für digitale Blutdruckmessgeräte, sind aber für eine richtige Diagnose im klinischen Umfeld und zu Hause wichtig. Die Forschenden schließen daraus, dass sowohl Ärzte als auch Patienten beim Blutdruckmessen mehr Sorgfalt bei der Armposition an den Tag legen sollten. (JAMA Internal Medicine, 2024; doi: 10.1001/jamainternmed.2024.5213)

Quelle: Johns Hopkins Medicine

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